48° 12' 27.44" N, 16° 21' 57.57" E zur Karte im Wien Kulturgut
Michaelertor (1.), Hofburg, Teil von Michaelertrakt und Reichskanzleitrakt, Tordurchfahrt, welche den Platz In der Burg mit dem Michaelerplatz verbindet.
Der Platz vor dem Kernbau der Burg wandelte sich im 16. Jahrhundert durch die Errichtung mehrerer Trakte und den Abriss einiger Gebäude zu einem Burgplatz, an dessen einem Ende die wichtige, allgemein benützbare Straßenverbindung vom Kohlmarkt stadtauswärts vorbeiführte. 1608 ist am Rand des Burgplatzes in der Verlängerung des Kohlmarktes erstmals ein repräsentativ gestaltetes Tor nachweisbar, das so genannte Matthiastor, welches 1726 dem Bau des Reichskanzleitraktes wich.
Barocke Toranlage mit Rotunde
1726 übernahm Joseph Emanuel Fischer von Erlach die Baustelle des Reichskanzleitraktes. Er plante eine neue Fassade der Hofburg zur Michaelerkirche hin, die eine monumentale Durchfahrt zwischen dem Burgplatz und dem Kohlmarkt an Stelle des Triumphtores mit einschloss. 1735 blieb der Bau unfertig liegen. Von der Rotunde war nur ein Teil ausgeführt worden. Ob Fischer eine offene Rotunde oder bereits eine Kuppelbekrönung geplant hatte, ist nicht eindeutig zu sagen. Der früheste Beleg einer Mittelkuppel des Michaeletraktes stammt von circa 1772.
Gründerzeitliche Vollendung und Ausstattung
Ferdinand Kirschner vollendete im Auftrag von Franz Joseph I. den Michaelertrakt mit seiner monumentalen Fassade 1889 bis 1893 auf Basis des Projekts von Fischer von Erlach. Die Toranlage setzte sich nun aus der Michaelerfassade, der kuppelbekrönten Durchfahrt und der barocken Reichskanzleifassade zusammen. Das Innere der 54 Meter hohen Kuppel ("Michaelerkuppel") folgt wie die Michaelerfassade einem Konzept von Friedrich Kenner (1892). Sie ist mit je zwei Skulpturen von Franz Koch (Providentia Augusti), Johann (Hans) Kalmsteiner (Pietas Augusti), Wilhelm Seib (Spes publica) und Werner David (Fides publica) geschmückt, die Herrschervorzüge und Volkstugenden symbolisieren. In den Durchgängen für die Fußgänger sind Hochreliefs von Otto König („Profectio [Auszug] Augusti“) und Stephan Schwartz („Adventus [Einzug] Augusti“) aufgestellt. Der alte Eingang ins Burgtheater, das der neuen Fassade weichen musste, blieb zur Erinnerung erhalten. In der Durchfahrt gegen den Platz In der Burg wurden weitere vier Gruppen angebracht, die allegorisch die Wahlsprüche der vier an diesem Teil der Burg als Bauherren beteiligten Regenten (Karl VI., Maria Theresia, Joseph II. und Franz Joseph I.) versinnbildlichen. Diese Gruppen stammen aus den Ateliers der Bildhauer Anton Břenek, Richard Kauffungen, Franz Becher und Josef Beyer.
Literatur
- Renate Leggatt-Hofer/Reinhold Sahl (Hg.): Die Wiener Hofburg. Sechs Jahrhunderte Machtzentrum in Europa, Wien 2018.
- Hellmut Lorenz/Anna Mader-Kratky (Hg.): Die Wiener Hofburg 1705–1835. Die kaiserliche Residenz vom Barock bis zum Klassizismus (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg 3; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte 14; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW 445), Wien 2016.
- Werner Telesko (Hg.) Die Wiener Hofburg 1835–1918. Der Ausbau der Residenz vom Vormärz bis zum Ende des „Kaiserforums“ (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg 4; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte 15; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW 446), Wien 2012.* Geschichte der Stadt Wien. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Wien: Holzhausen 1897-1918. Band 7/1, S. 223 f. (plastischer Schmuck)
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. 11 Bände. Wiesbaden: Steiner 1969-1981. Band 4, S. 279 f. (plastischer Schmuck)
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 115