Otto Pollak
Otto Pollak, * 1894 Kyjov (Gaya, Südmähren), † 20. Mai 1978 Wien, Cafétier.
Biografie
Otto Pollak stammt aus dem südmährischen Städtchen Kyjov, wo seine Eltern ein kleines Geschäft betrieben. Nach dem deutschen Gymnasium in seiner Geburtsstadt besuchte er die Handelsschule in Proßnitz. 1914 wurde zum Kriegsdienst einberufen. Nach einer Verwundung musste ihm 1916 ein Bein amputiert werden.
1919 übernahmen Otto Pollak und sein Bruder Karl das Café Palmhof in der Mariahilfer Straße 135 in Fünfhaus. Den beiden Brüdern gelang es, das Lokal neu zu positionieren und zu einem populären Treffpunkt zu machen. Tagsüber wurde es als Kaffeehaus geführt, am Abend fanden regelmäßig Konzerte, Tanzveranstaltungen und gesellschaftliche Ereignisse wie die Fräulein-Wien-Wahl 1933 statt. Manche Konzerte aus dem Palmhof wurden von der RAVAG übertragen. Die renommiertesten Architekten dekorierten die Räumlichkeiten immer wieder um. 1928 heiratete Otto Pollak die erste zwanzigjährige Frieda Meisels, 1930 wurde die gemeinsame Tochter Helga geboren. 1937 ließ sich das Ehepaar wieder scheiden.
Das Café avancierte zum gesellschaftlichen Treffpunkt und konnte auf zahlreiche prominente Gäste wie Franz Lehár, Richard Tauber, Hans Moser, Fritz Imhoff oder Hans Thimig verweisen.
Bereits 1925 waren die Cafetiers mit antisemitischen Übergriffen konfrontiert, als Nationalsozialisten versuchten, das Palmhof zu stürmen. Während des Juliputsches 1934 wurden zwei Brandanschläge gegen das Café verübt. 1938 wurde das Lokal und die darüber liegende Wohnung der Familie Pollak "arisiert" und dem ehemaligen Kellner Gustav Reisinger (geboren 13. Jänner 1901) übergeben. Im Jahr 1944 wurden die Räumlichkeiten des Lokals von der Wehrmacht requiriert.
1941 entkam Otto Pollak dank der Intervention eines SA-Mannes, der ihn aus dem Palmhof kannte, der Deportation und erhielt eine Ausreisegenehmigung nach Kyjov, wo inzwischen auch seine Tochter untergekommen war. 1943 wurden Otto und Helga Pollak nach Theresienstadt deportiert. Neben einer Cousine waren die beiden die einzigen Holocaustüberlebenden in der weitverzweigten Familie. Auch Ottos Bruder Karl war kurz nach seinem Eintreffen in Auschwitz ermordet worden.
In den frühen 1950er-Jahren wurden das Kaffeehaus und die Wohnung restituiert, doch Otto Pollak hatte das Interesse daran verloren und verkaufte das Lokal.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A41: 15. Bezirk, 7
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A41: 15. Bezirk, 50
Literatur
- Wir bitten zum Tanz! Der Wiener Cafetier Otto Pollak. Hg. von Theresa Eckstein und Janine Zettl im Auftrag des Jüdischen Museums Wien. Wien: Jüdisches Museum Wien 2020
- Helga Pollak-Kinsky: Mein Theresienstädter Tagebuch und die Aufzeichnungen meines Vaters Otto Pollak. Berlin: Edition Room 2014
- Jüdisches Museum Wien: "Wir bitten zum Tanz. Der Wiener Cafetier Otto Pollak" Neue Ausstellung über Café Palmhof und seinen Besitzer. OTS0073, 21.01.2020
- Otto Pollak im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.