Provisorisches Abgeordnetenhaus
48° 12' 53.87" N, 16° 21' 42.24" E zur Karte im Wien Kulturgut
Provisorisches Abgeordnetenhaus (vor dem Schottentor; 9, Währinger Straße 2-4, Kolingasse 2, Maria-Theresien-Straße 1).
1848 wurde den Reichstagsabgeordneten ein Hofburgtrakt als Versammlungsort zur Verfügung gestellt, die unter der Leitung von Paul Sprenger durch Heinrich Koch, Leopold Ernst und Johann Rupp entsprechend adaptierte Winterreitschule (Abgeordnetenhaus). Dieser Reichstag wurde am 15. November 1848 unter Kaiser Ferdinand I. nach Kremsier verlegt und am 4. März 1849 von Kaiser Franz Joseph I. aufgelöst. Die am selben Tag vom Kaiser dekretierte Reichsverfassung sah keine gewählte Volksvertretung, sondern nur einen Reichsrat mit beratender Funktion und ernannten Mitgliedern vor; er nahm seine Tätigkeit 1851 auf und amtierte 1853-1859 im Haus 1, Bankgasse 6.
Nach allmählicher Wiederherstellung einer parlamentarischen Regierungsform (zuletzt mit dem Februarpatent von 26. Februar 1861, das zwei Vertretungskörper vorsah), wurde dem Herrenhaus das Niederösterreichsiche Landhaus als Sitz zugewiesen, dem Abgeordnetenhaus ein 1861 nach Plänen von Ludwig Zettl (1821-1891) errichteter Holzbau vor dem Schottentor, der bis 1884 an jener Stelle stand, an der 1884/1885 der Maria-Theresien-Hof erbaut wurde (die Eröffnungssitzungen beider Vertretungskörper fanden am 1. Mai 1861 statt). Das Provisorische Abgeordnetenhaus wurde im Volksmund nach Staatsminister Anton Schmerling „Schmerling-Theater" genannt. Mit Beginn der Wintersession 1883/1884 zogen die Abgeordneten ins neue Reichsratsgebäude am damaligen Franzensring (Parlament) ein (erste Sitzung am 4. Dezember 1883).
Quellen
Literatur
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 1. Wiesbaden: Steiner 1969, S. 161, S. 4, S. 357
- Oswald Knauer: Das österreichische Parlament 1848-1966.1969, S.14ff.
- Leopold Donatin: Der Alsergrund einst und jetzt. Für die Jugend und das Volk geschildert. Wien 1904, S. 78
- Österreichischer Volkskalender 1863, S. 190 f., 196 ff.