Rinderverkaufshalle
48° 11' 14.34" N, 16° 24' 18.84" E zur Karte im Wien Kulturgut
Rinderverkaufshalle (3., Karl-Farkas-Gasse 19).
Von der Rinderverkaufshalle zur Veranstaltungsstätte
Eröffnung Central-Viehmarkt und Bau der Rinderverkaufshalle
Im Mai 1877 beschloss der Gemeinderat der k.u.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien die Errichtung des neuen Wiener Central-Viehmarkts. Am 10. Oktober 1879 wurde der Architekt und Generalunternehmer Rudolf Frey mit der Errichtung des Gesamtprojekts beauftragt. Für den Bau der Verkaufshalle war der Statiker und Konstrukteur Guido Zampis verantwortlich. Die Halle, in der bis zu 6.000 Rinder zur Versteigerung ausgestellt wurden, war eines der zentralen Bauwerke des Viehmarkts. Bei der Projektierung rief die Stadtverwaltung erst einen Fassungsraum von 5.000 Rindern sowie breite Kommunikationsgänge aus. Vor Beginn der Arbeiten wurde schließlich ein schrittweiser Bau beschlossen. Im ersten Bauabschnitt sollte die Halle 152 Meter lang sein und 4.000 Rinder fassen. Nach Auflassung der noch an anderen Orten in Wien bestehenden Notstallungen sollte die Halle auf die vorgesehene Länge von 199 Metern und das Fassungsvermögen von 5.350 Rindern erweitert werden.
Bei der Konstruktion handelt es sich um die erste Schmiedeeisenkonstruktion Wiens. Die Halle besteht aus zwei selbständigen dreischiffigen Hallen, welche entlang ihrer Längsseiten durch eine überdachte Straße (Straßenschiff) miteinander verbunden sind. Die Halle zeichnet sich durch eine Leichtigkeit der Konstruktion aus. Mit dem Bau der Halle wurde schließlich am 25. Oktober 1879 begonnen. Die Übergabe zur Benutzung bei einem endgültigen Fassungsvermögen von 4.500 Rindern erfolgte am 2. Dezember 1880. 1881 wurde die erste Mastvieh-Ausstellung in Gegenwart des Kaisers Franz Joseph I. eröffnet. In der Presse vom 10. Jänner 1881 wird über die Eröffnung berichtet:
„Heute vormittags hat ohne alle Zeremonie die Eröffnung der neuen Rinderhalle auf dem Centralviehmarkt stattgefunden. Die Halle, die ca. 350.000 fl. Gekostet hat, ist ein stattlicher Bau, gegen die vorherrschende Windrichtung geschlossen, nach drei Seiten offen, luf-tig und geräumig. Das Vieh ist in abgetrennten Ständen untergebracht, die derartig aneinander gereiht sind, dass die Tiere alle mit den Köpfen gegen die geschlossene Seite zugestellt sind und hinter jeder Tierreihe ein freier Gang sich befindet. Eine Haupt- und zwei Nebenstraßen theilen den Markt der Längenrichtung nach in vier Abtheilungen, deren jede durch zwei Unterstraßen in drei Unterabtheilungen zerfällt, so daß zwölf große Abtheilungen gebildet sind. In diesen Ständen ist für 3- bis 4000 Stück Rinder Platz.“
Der typische Ablauf des Marktes in der Halle fand mit der Öffnung zwischen 9:00 und 10:00 Uhr und endete um 15:00 Uhr.
1898 – Erweiterung der Halle
Neben der bereits bei Projektbeginn angedachten Erweiterung spielte auch die Auflassung des Marktes in Pressburg (Bratislava) bei der Vergrößerung des Bauwerks eine Rolle. Der Beschluss zur Erweiterung der Halle auf ein Fassungsvermögen von 6.000 Rindern wurde am 11. Februar 1897 im Gemeinderat gefasst und am 30. Juni 1898 genehmigt. Um Kapazität zu erhöhen, wurde die Halle ab 1898 schließlich um sechs weitere Achsen vergrößert. Die Arbeiten wurden am 20. November 1899 vollendet.
1914/1938 – Weltkriege
Während der beiden Weltkriege wurde die Halle als Quartier für Pferde und Mannschaft im Esten Weltkrieg sowie für das Militär im Zweiten Weltkrieg verwendet. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Zentralviehmarkt in Mitleidenschaft gezogen und zwischen 1947 und 1949 wiederinstandgesetzt. Dabei wurde das Dach der Halle vollständig erneuert.
1972/1997 – Umbau und Schließung Zentralviehmarkt
Der Bedeutungsverlust des Zentralviehmarkts begann in den 1960er-Jahren. Als Reaktion darauf, errichtete die Stadt Wien 1972 einen neuen, zeitgemäßen Schlachthof. Kurz zuvor, im Jahr 1970, wurde die Halle im Innenraum leicht verändert und Trennmauern eingebaut. Ein Jahr zuvor stellte das Wiener Bundesdenkmalamt fest, dass an der Erhaltung der Anlagen des alten Viehmarktes mit Ausnahme der Toranlage mit den beiden Stierplastiken kein öffentliches Interesse bestehe. In weiterer Folge wurden viele Gebäude abgerissen und der Viehmarkt verkleinert. Der Lebendviehmarkt wurde schließlich am 31. Dezember 1994 eingestellt. Aus wirtschaftlichen Gründen musste der Schlachthof am 31. Dezember 1997 endgültig geschlossen werden.
1997 – Denkmalschutz
Kurz vor der Schließung des Viehmarkts wurden die Viehmarkthalle sowie das Verwaltungs- und das Bankgebäude am 3. April 1997 unter Denkmalschutz gestellt. Damit begannen die ersten Überlegungen zur weiteren Nutzung. Teilweise mit absurden Vorschlägen. Zwischenzeitlich stand gar ein Abbau und Wiederaufbau der Halle am Wiener Hafen oder auf der Donauplatte im Raum.
1999 – Nutzung als Veranstaltungshalle
Ab 1999 wurde das nunmehr leerstehende und nicht mehr als Rinderverkaufshalle betriebene Gebäude als Veranstaltungsstätte neu genutzt. Fortan erhielt als ehemalige Rinderhalle bezeichnete Gebäude eine bis heute andauernde neue Nutzung, welche teilweise durch Sanierungsarbeiten unterbrochen wurde. Im Jahr 2000 ging das ehemalige Zentralviehmarktareal St. Marx mit der Rinderverkaufshalle zur Gänze ins Eigentum der Wiener Stadtentwicklungsgesellschaft m.b.H. (WSE) bzw. deren Vorgängerin Wiener Stadtentwicklungsholding GmbH (WSH). Diese führte diverse substanzerhaltenden Sanierungsmaßnahmen in den Jahren 2000, 2001, 2003 und 2004 durch. Im Jahr 2005 erarbeitete die WSE ein Gesamtkonzept für die Sanierung der tragenden Konstruktion und der Hülle. Dieses wurde unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Flexibilität für die zukünftige Nutzung gemeinsam mit Fachplanern erstellt. Die Sanierung sollte vor allem eine veranstaltungs-, technologie- oder themenspezifischen Nutzung berücksichtigen. Im Jahr 2005 wurde mit der durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Programm URBAN II geförderten Sanierung begonnen, welche 2007 abgeschlossen wurde. Nach der Sanierung wurde die Halle wieder für Veranstaltungen vermietet.
2012 – Moderne Veranstaltungshalle
Der Einrichtung der Halle als Veranstaltungsstätte für das temporäre Format „Media Opera“ im Jahr 2011 folgte im Jahr 2012 der bis heute bestehende Betrieb der Halle als Veranstaltungsstätte unter dem neuen Namen MARX HALLE. Seither betreibt die Wiener Produktions- und Eventagentur HEY-U die MARX HALLE als vielseitige Eventlocation.
Quellen
- Die Presse vom 10. Jänner 1881
- Wiener Landwirtschaftliche Zeitung 2. Februar 1881
- Der Abend, 29. September 1933
- Die Gemeinde-Verwaltung des Reichsgaues Wien, Band 1874-1876, XX. Markt- und Approvisionierungswesen
- Die Gemeinde-Verwaltung des Reichsgaues Wien, Band 1877-1879, XV. Markt- und Approvisionierungswesen
- Die Gemeinde-Verwaltung des Reichsgaues Wien, Band 1880-1882, XV. Markt- und Approvisionnierungwesen
- Verwaltungsbericht der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, Band 1888, XIV. Markt- und Approvisionierungs-wesen
- Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien, Band 1889, XVI. Lebensmittel-Zufuhr und Lebensmittel-Verbrauch
- Die Gemeinde-Verwaltung des Reichsgaues Wien, Band 1897, XVI. Markt- und Approvisionierungswesen
- Amtsblatt der Stadt Wien, Nr. 3. Dienstag, den 9. Jänner 1900
- Amtsblatt der Stadt Wien, Nr. 33. Dienstag, den 24. April 1900
- Die Gemeinde-Verwaltung des Reichsgaues Wien, Band 1910, XVII. Gesundheitswesen
- Die Gemeinde-Verwaltung des Reichsgaues Wien, Band 1914-1919, Ernährungs- und Wirtschaftsangelegenheiten
- Die Gemeinde-Verwaltung des Reichsgaues Wien, Band 1938, Städtische Unternehmungen und wirtschaftliche Angelegenheiten
- Amtsblatt der Stadt Wien, Band 1950, Nr. 89 / 8. November 1950
- Die Verwaltung der Stadt Wien, Band 1970, Wirtschaftsangelegenheiten
- Amtsblatt der Stadt Wien, Band 1970, Nr. 15 / 11. April 1970
- Amtsblatt der Stadt Wien, Band 1972, Nr. 31 / 29. Juli 1972
- Die Verwaltung der Stadt Wien, Band 1994, Bürgerdienst, Inneres, Personal und Wiener Stadtwerke