Reichskanzleitrakt

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Der Innere Burghof mit dem Reichskanzleitrakt, 1792
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1723
Datum bisDatum (oder Jahr) bis
Andere BezeichnungAndere Bezeichnung für diesen Eintrag Reichskanzlei
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Heiliges Römisches Reich
Einlagezahl
Architekt Johann Lucas von Hildebrandt, Joseph Emanuel Johann Fischer von Erlach
Prominente Bewohner Franz Joseph I.
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  24058
GNDGemeindsame Normdatei 7859275-6
WikidataIDID von Wikidata Q2139504
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Hofburg, Appartements (Hofburg), Frühe Neuzeit
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 9.03.2023 durch WIEN1.lanm08trj
BildnameName des Bildes Reichskanzlei.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Der Innere Burghof mit dem Reichskanzleitrakt, 1792
  • 1., Schauflergasse 5
  • 1., In der Burg
  • Nr.: 2 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, 1795, bis: 1795, 1819)

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48° 12' 28.07" N, 16° 21' 55.55" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Reichskanzleitrakt (1., Trakt der Hofburg, nordöstliche Längsseite des Platzes In der Burg).

Vorgängergebäude

Hier standen mehrere Adelshäuser, die im 16. und 17. Jahrhundert vom kaiserlichen Ärar erworben und nach Adaptierung zur Unterbringung von Behörden verwendet wurden. Wahrscheinlich 1629/1630 wurde an Stelle dieser drei Häuser ein Kanzleitrakt mit einheitlicher Fassade errichtet, der erstmals im Gemälde von Samuel van Hoogstraten 1652 nachweisbar ist. Ab 1608 ist das Matthiastor, ein repräsentative Torbau in der Verlängerung des Kohlmarktes, erstmals erwähnt, das direkt am Burgplatz lag und an den Kanzleitrakt anschloss.

Repräsentanz des Heiligen Römischen Reiches

Fassade des Reichskanzleitraktes, wahrscheinlich um 1728

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts herrschte bei diversen Regierungsstellen große Raumnot, so auch bei der Reichs(hof)kanzlei, weshalb dort über einen Neubau nachgedacht wurde. Die Reichskanzlei als ständige Kanzlei beziehungsweise Vertretung der Reichsstände in Wien unterstand nicht dem Kaiser, sondern dem Erzbischof von Mainz, der aufgrund dieses Amtes auch einer der Kurfürsten und Reichserzkanzler für Germanien des Heiligen Römischen Reiches war. Diese Funktion übte von 1695-1729 Lothar Franz Graf Schönborn aus, bekannt als Bauherr des Hochbarock. Vor Ort vertreten wurde er von dem in Wien ansässigen Reichsvizekanzler, zu dieser Zeit Friedrich Karl Graf von Schönborn, Fürstbischof von Würzburg und Bamberg und Neffe von Lothar Franz. Letzterer beauftragte mit Johann Lucas von Hildebrandt einen Hausarchitekten der Familie Schönborn mit der Planung des Neubaus. In diesem sollten neben der Reichskanzlei und dem Appartement des Reichsvizekanzlers auch der Obersthofmeister und das Obersthofmarschallamt untergebracht werden.

Die Planungstätigkeit setzte 1722 ein und schon 1723 konnte mit dem Bau begonnen werden (Grundsteinlegung 15. Oktober 1723). Parallel dazu machte sich Hildebrandt Gedanken über einen Ausbau der gesamten Hofburg und entwickelte aus eigener Initiative Pläne zu ihrer baulichen Umgestaltung. Den Neubau seiner Reichskanzlei integrierte er in das Projekt, das ansonsten aber einen Abriss weiter Teile der bestehenden Hofburg zur Folge gehabt hätte. Inzwischen schritten die Arbeiten voran, bis die Baustelle im Mai 1726 auf Weisung Kaiser Karl VI. von einem Tag auf den anderen an Hildebrandts größten Kontrahenten Joseph Emanuel Johann Fischer von Erlach übergeben wurde.

Joseph Emanuel Fischer von Erlach behielt die zu großen Teilen bereits errichteten Fassaden Hildebrandts nur an unrepräsentativen Stellen, nämlich an den Innenhöfen und der Fassade zur Schauflergasse bei. Die Fassade zum Inneren Burghof wurde hingegen nochmals abgerissen und begradigt, bevor die hochbarocke und monumentale neue Fassade nach Fischer von Erlachs Plänen errichtet wurde.

Die beiden Tore sind von je zwei Statuen Lorenzo Mattiellis flankiert (1728/1729; Heraklesstatuen, Michaelertor).

Grundriss des gegen den Michaelerplatz hin unvollendeten Reichskanzleitraktes, um 1750

Nach dem Modell der Fischer´schen Reichskanzleifassade sollten in weiterer Folge alle Seiten des Großen Burghofes einheitlich gestaltet werden und ein ausgeklügeltes Statuenprogramm sollte die Vorrangstellung des Kaisers als siegreicher Feldherr und Verteidiger des Heiligen Römischen Reiches untermauern. Dieses ambitionierte vorhaben wurde jedoch nicht umgesetzt und der innere Burghof behielt sein heterogenes Erscheinungsbild mit vier unterschiedlichen Fassaden.

Reichskanzleitrakt, Wappen Kaiser Karls VI., 2020

Der Bau des an den Reichskanzleitrakt anschließenden Michaelertrakts (Pläne von Joseph Emanuel Fischer von Erlach) wurde um 1735 halbfertig eingestellt (Vollendung 1889-93 durch Ferdinand Kirschner unter Verwendung der Fischerschen Pläne).

Gegen den Michaelerplatz hin präsentierte sich bis 1889 die unvollendete Fassade des Reichskanzleitrakts. Vogelschauplan, Joseph Daniel Huber, 1778

Nach der Auflösung der Reichskanzlei (1806; Ende des Heiligen Römischen Reichs) diente der Trakt teils der Unterbringung des Haus-, Hof- und Staatsarchivs (bis 1902), teils Wohnzwecken; während des Wiener Kongresses (1814/1815) logierte hier König Maximilian I. von Bayern, später der Herzog von Reichstadt, Napoleons Sohn (Hauptgeschoß ober der Durchfahrt zum Michaelerplatz, Stephan-Appartement) und Erzherzog Johann (2. Obergeschoß). Kaiser Franz Joseph I. verlegte 1857 sein Appartement vom Leopoldinischen Trakt in das Hauptgeschoß des Reichskanzleitraktes (Franz-Joseph-Appartement), wo er bis zu seinem Tod 1916 residierte. Die Räumlichkeiten seiner Gattin Elisabeth befanden sich anschließend in der benachbarten Amalienburg.

Literatur

  • Renate Leggatt-Hofer/Reinhold Sahl (Hg.): Die Wiener Hofburg. Sechs Jahrhunderte Machtzentrum in Europa, Wien 2018.
  • Maria Welzig (Hg.) Die Wiener Hofburg seit 1918. Von der Residenz zum Museumsquartier (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg 5; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte 16; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW 447), Wien 2018.
  • Hellmut Lorenz/Anna Mader-Kratky (Hg.): Die Wiener Hofburg 1705–1835. Die kaiserliche Residenz vom Barock bis zum Klassizismus (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg 3; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte 14; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW 445), Wien 2016.
  • Herbert Karner (Hg.): Die Wiener Hofburg 1521–1705. Baugeschichte, Funktion und Etablierung als Kaiserresidenz (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg 2; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte 13; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW 444), Wien 2014.
  • Franz Matsche: Caesar et Imperium. Die Fassadendekoration und das Deckenbild im Festsaal der ehemaligen Reichskanzlei in der Wiener Hofburg (Veröffentlichungen der Kommission für Kunstgeschichte 10), Wien 2011.
  • Werner Telesko (Hg.) Die Wiener Hofburg 1835–1918. Der Ausbau der Residenz vom Vormärz bis zum Ende des „Kaiserforums“ (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg 4; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte 15; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW 446), Wien 2012.
  • Werner Telesko, Richard Kurdiovsky, Andreas Nierhaus (Hg.): Die Wiener Hofburg und der Residenzbau in Mitteleuropa im 19. Jahrhundert. Monarchische Repräsentation zwischen Ideal und Wirklichkeit, Wien-Köln-Weimar 2009 .
  • Lothar Groß: Der Plan des älteren Fischer von Erlach zum Reichskanzleitrakt der Wiener Hofburg. In: Monatsblatt des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1919-1938. Band 1,1919, S. 87 ff.
  • Thomas Zacharias: Joseph Emanuel Fischer von Erlach. Wien 1960.
  • Harry Kühnel: Die Hofburg. 1971, S. 70 f.
  • Harry Kühnel: Forschungsergebnisse zur Geschichte der Wiener Hofburg im 16. Jahrhundert. In: Anzeiger der philosophisch-historischen Klasse der österreichischen Akademie der Wissenschaften. 1956, Nr. 20, S. 262 f.
  • Alphons Lhotsky: Führer durch die Burg zu Wien 1 (1939), S. 30 f.

Einzelnachweise