Sparkassenwesen

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Das Sparkassenwesen findet in Wien im Jahr 1819 seinen Anfang, als die Erste österreichische Spar-Casse auf Initiative des Leopoldstädter Pfarrers Johann Baptist Weber gegründet wurde. Intention dahinter war die Schaffung einer Präventiveinrichtung gegen die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten, wobei zunächst aber vor allem die städtische Mittelschicht zu ihren Kunden zählte. In den folgenden Jahren expandierte die EÖSC enorm und hatte die Veranlagung bereits 1821 auf das Hypotheken- und Lombardgeschäft ausgeweitet, wobei das Hypothekendarlehensgeschäft bis zum Ersten Weltkrieg dominierte.

Die Gründung großer Aktienbanken um die Jahrhundertmitte sowie die Konkurrenz aus genossenschaftlichen Vorschuss- und Darlehenskassen brachten das Sparkassenwesen zunächst in Bedrängnis, jedoch der Börsenkrach von 1873 und die damit verbundenen ökonomischen Umwälzungen brachten eine Trendwende. 1880 verteilten sich die Marktanteile bezüglich Gesamteinlagen in Wien zu 74% auf die Sparkassen, zu 25% auf die Banken und zu 1% auf die Genossenschaften.

Parallel zum ruhigen Einlagenwachstum der nächsten Jahre verlief ein institutioneller Bedeutungswandel des Sparkassenwesens; bereits 1872 entfiel in der Mustersatzung Beschränkung der Geschäftstätigkeit auf minderbemittelte Bevölkerungskreise, und es vollzog sich der Wandel hin zum Geldinstitut mit gemeinnützigem Charakter. Für die Errichtung der Neuen Wiener Sparkasse 1872, die die Monopolstellung der EÖCS beendete, waren bereits finanzierungstechnische, betriebswirtschaftliche und kommunalpolitische Überlegungen maßgeblich.

In den 1880er-Jahren kam es in fünf Vororten Wiens zur Gründung selbstständiger Kommunalsparkassen, 1905 wurde die Gründung einer städtischen Sparkasse im Gemeinderad beschlossen. Die also 1907 eröffnete [[Zentralsparkasse der Gemeinde Wien (Institut]|Zentralsparkasse der Gemeinde Wien]] sollte die Vorortsparkassen vereinigten, was diese jedoch verweigerten. Die Zentralsparkasse etablierte ihr Netz von Zweigstellen und Exposituren zunächst in der Nähe der Verwaltungsbehörden, die 1913 in Meidling gegründete Filiale orientierte sich erstmals am Geschäftsleben und an der entsprechenden Bevölkerungsdichte.

Die bedeutendste Gründung dieser Epoche war die „Österreichische Postsparkasse“ im Jahr 1883, die ab 1904 in dem nach Plänen Otto Wagners errichteten Postsparkassenamt ihre Zentrale hatte. Die Postsparkasse konnte mit den Innovationen des Postsparbuchs und des Postscheckverkehrs die „kleinen Sparer“, Großteils Frauen und Kinder, und die Masse der Wiener Klein- und Mittelbetriebe für sich gewinnen. Das die ganze Monarchie umspannende Filialnetz der Postsparkasse spielte eine nicht zu unterschätzende Rolle beim wirtschaftlichen Aufholprozess des Reichs in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg. Die wirtschaftliche Bedeutung des „zweiten“ Kreditsektors (Sparkassen, Hypothekenanstalten, Kreditgenossenschaften und Postsparkasse) in dieser Zeit bestand in der Funktion eines Auffangbeckens für die Ersparnisse der breiten Masse. Die Periode von 1913 bis 1937 war von einem Konzentrationsprozess auf und einem Marktanteilszuwachs für die EÖSC und die Zentralsparkasse gekennzeichnet. Außerdem schuf der zweite Kreditsektor in Wien in der Zwischenkriegszeit erstmals Spitzeninstitute, so etwa 1922 die Österreichische Zentralgenossenschaftskasse und 1927 die Girozentrale der Österreichischen Genossenschaften als Spitzeninstitut der Raiffeisen-Geldorganisation und 1937 die „Girovereinigung der österreichischen Sparkassen AG“. Nach dem Anschluss an Deutschland 1938 wurde das österreichische Sparkassenwesen in die deutsche Sparkassenorganisation eingegliedert.

Nach 1945 änderte sich die Standortorientierung, die neuen Filialen konzentrierten sich nun auf Basis der Stadtplanung auf neu entstehende Wohnviertel, so erhöhte sich von 1970 bis 1990 die Zahl der Zweiganstalten der Wiener Sparkassen von etwa 100 auf 287. Eine bedeutende Änderung kam mit dem Kreditwesengesetz von 1979 und der Verallgemeinerung des Universalbankenprinzips: mit Ausnahme weniger „Sonderkreditunternehmungen“ durften alle Kreditunternehmungen sämtliche Bankgeschäfte betreiben, was zur faktischen Gleichstellung von Aktienbanken und Sparkassen und somit zu einer verstärkten Konkurrenzsituation führte. Daraus resultierten Ende der 1980er Jahre Fusionierungsbestrebungen, von denen jene der Zentralsparkasse und der Österreichischen Länderbank zur Bank Austria AG im Jahr 1991 und die Übernahme der Creditanstalt durch die Bank Austria die spektakulärsten sind und die Vereinheitlichungstendenzen zwischen Banken- und Sparkassensektor eindrucksvoll dokumentieren.

Literatur

  • Othmar Pickl [Hg.]: Österreichisches Städtebuch. Band 7: Die Stadt Wien. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1999, S. 133 – 136