Therese Lindenberg

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Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Lindenberg, Therese
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Trestl, Therese
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht weiblich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  370273
GNDGemeindsame Normdatei 142817104
Wikidata Q94777605
GeburtsdatumDatum der Geburt 4. März 1892
GeburtsortOrt der Geburt Wien 4066009-6
SterbedatumSterbedatum 21. April 1980
SterbeortSterbeort Wien 4066009-6
BerufBeruf Sängerin, Schriftstellerin
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass Sammlung Frauennachlässe (Institut für Geschichte der Universität Wien)
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki 
RessourceUrsprüngliche Ressource 
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Recherche
Letzte Änderung am 23.08.2024 durch DYN.teckla17
BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde
Grabstelle
  • 2., Novaragasse (Wohnadresse)
  • 12., Rosenhügelstraße (Wohnadresse)
  • 13., Sandrockgasse (Wohnadresse)
  • 2., Haidgasse (Wohnadresse)
  • 2., Große Schiffgasse (Wohnadresse)
  • 6., Sandwirtgasse (Wohnadresse)
  • 2., Augartenstraße (2) 5 (Wirkungsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Therese Lindenberg, * 4. März 1892 (abweichendes Geburtsjahr 1893) Wien, † 21. April 1980 Wien, Sängerin, Schriftstellerin, Zeitzeugin.

Biografie

Therese Lindenberg wurde am 4. März 1892 als Theresa Trestl in der “Gratisklasse” der Niederösterreichischen Landes-Gebär- und Findelanstalt in Wien geboren. Sie war die ledige Tochter der zu jenem Zeitpunkt 21-jährigen mittellosen Magd Rosalia Trestl und wuchs zunächst in der Pflegschaft ihrer Großmutter Anna Trestl in Groß-Riedenthal bei Kirchberg am Wagram in Niederösterreich auf. Als ihre Mutter, die mittlerweile gelernte Schneiderin war, 1898 den Angestellten Mathias Lang heiratete, zog Therese Lindenberg zur Familie in die 2., Novaragasse nach Wien.

In Wien besuchte Lindenberg die Volks- und Bürgerschule und arbeitete von 1910 bis 1912 im Büro der Textilfabriken Heinrich Friedmann in der 2., Augartenstraße 5 als Comptoiristin. Schon früh erkannte Rosalia Trestl das musikalische Talent ihrer Tochter und so erhielt sie zwischen 1908 und 1913 Gesangsunterricht und wurde unter anderem bei Hermine (Minna) Singer-Burian, die später die Leitung der Staatsakademie für Musik übernahm, zur Konzertsängerin ausgebildet. Ab dem Alter von 17 Jahren trat Therese Lindenberg öffentlich auf und sang zusammen mit anderen oder solo beispielsweise im Konzerthaus, im Musikverein und an der Wiener Urania. Außerdem spielte sie Klavier und erteilte selbst Gesangsunterricht.

Zusätzlich bildete Lindenberg sich autodidaktisch weiter, besuchte häufig die Wiener Universitätsbibliothek und nahm an Vorlesungen, unter anderem bei dem Philosophen und Pädagogen Wilhelm Jerusalem, als außerordentliche Hörerin teil. Bereits die frühen Tagebücher Therese Lindenbergs zeugen von einer intensiven Beschäftigung mit Philosophie und Literatur und eigenen schriftstellerischen Versuchen. In der Zwischenkriegszeit und den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg verfasste sie eine Reihe von unveröffentlicht gebliebenen Romanen und Dramen. Kürzere Textbeiträge von ihr wurden aber in einigen Zeitschriften, darunter Die Unzufriedene, veröffentlicht. Wie die Historikerin Christa Hämmerle in ihrem einleitenden Text zu “Apokalyptische Jahre” feststellt, belegen diese Beiträge Therese Lindenbergs frauenpolitisches und gesellschaftskritisches Engagement, beispielsweise in der Kontroverse um den Abtreibungsparagraphen 144 oder für die Rechte der Arbeiterfrauen und das sozialistische Konzept der Kameradschaftsehe. Generell war ihr das Anschreiben gegen die prekäre Situation von Frauen aus den sozialen Unterschichten ein zentrales Anliegen. Lindenberg engagierte sich auch in der Sozialdemokratie, war als Schriftführerin in der 12. Sektion der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei sowie als Armen- bzw. Fürsorgerätin tätig und unterhielt zwischen 1919 und 1925 persönlichen Kontakt zu dem von ihr geschätzten Parteisekretär Friedrich Adler, der als Leitfigur der damaligen Sozialdemokratie gilt.

Am 9. Jänner 1915 heiratete sie den aus dem assimilierten jüdischen Bürgertum stammenden Bankbeamten Ignaz Lindenberg (1875–1952). Die beiden gingen trotz der Vorbehalte im Verwandten- und Freundeskreis vor dem Wiener Magistrat eine Notzivilehe ein. Um die erforderlichen Voraussetzungen dafür zu erfüllen, trat die gläubige Katholikin Therese Lindenberg aus der katholischen Kirche aus und war bis zum Jahr 1938, als die neuerlich veränderten Umstände einen Wiedereintritt erforderten, konfessionslos. Am 30. Oktober 1915 wurde ihre Tochter Monica Lise (später als Mona Lisa Steiner bekannte Botanikerin) geboren und es folgte eine Zeit des relativen Wohlstands und familiären Glücks. Die Familie lebte zunächst in der 12., Rosenhügelstraße und, als sich die ökonomische Situation verschlechterte, von 1933 bis Oktober 1939 in einer Wohnung in der 13., Sandrockgasse. Die Tochter Monica Lise studierte in Wien Botanik. Nachdem ihr die Studienberechtigung währen der NS-Zeit entzogen worden war, flüchtete sie im März 1938 allein auf die Philippinen. Die Eltern blieben in Wien und waren in den Folgejahren des Krieges zwangsweise im jüdischen Ghetto in den Judenhäusern in der 2., Haidgasse, der 2., Großen Schiffgasse und der 6., Sandwirtgasse untergebracht.

Ignaz und Therese Lindenberg überlebten die NS-Zeit. 1950 kam es zum sehnlich-erhofften Wiedersehen mit ihrer Tochter, die 1965 mit ihrem Mann und ihren drei Töchtern nach Wien zog. Bis zu ihrem Tod lebte Therese Lindenberg in enger Verbindung mit ihrer Tochter Mona Lisa Steiner, ihrem Schwiegersohn Hans Steiner (1908−1980) und ihren drei Enkelinnen Helen (geb. 1942), Ruth (geb. 1944) und Elisabeth (geb. 1948).

Therese Lindenberg verstarb am 21. April 1980 in Wien.

Therese Lindenbergs Tagebücher

Therese Lindenberg führte von 1910 bis 1980 Tagebuch. Die von Christa Hämmerle und Li Gerhalter edierte Publikation “Apokalyptische Jahre” enthält Tagebuchaufzeichnungen von Therese Lindenberg von März 1938 bis August 1946, in denen sie auch die Schikanen schildert, denen so genannte Mischehen während der nationalsozialistischen Herrschaft ausgesetzt waren. Dennoch stellten Mischehen für jene jüdischen Partner*innen, die nicht von ihren Gatt*innen verlassen wurden, einen gewissen Schutz dar; zwar keinen Schutz vor Verfolgung, wohl aber in vielen Fällen vor Ermordung, wie Edith Saurer im Vorwort resümiert. Die von Lindenberg im Jahr 1975 nochmals überarbeiteten Tagebucheinträge versuchen Zeugnis über jene Zeit zu geben, die Ereignisse und Schrecken jener Zeit zu dokumentieren und einen bleibenden Platz in der kollektiven Erinnerung zu hinterlassen. Die in “Apokalyptische Jahre” veröffentlichten Tagebücher sind nur ein Teil des umfangreichen Nachlasses, den Therese Lindenbergs Tochter und ihre Enkelin Ruth Steiner der Sammlung Frauennachlässe am Institut für Geschichte der Universität Wien übergaben. Ruth Steiner führt in ihrem Buch “Was ich dich noch fragen wollte …” ein fiktives Gespräch mit ihrer bereits verstorbenen Großmutter Therese Lindenberg, deren Tagebuchaufzeichnung den Ausgangspunkt bilden, um über die eigene jüdisch-katholisch-christliche Identität und das Zuhause-Sein in zwei Religionen zu reflektieren.

Werke (Auswahl)

Quellen

  • Wiener Stadt- und Landesarchiv (WStLA), Findelhausprotokoll 1892, Nr. 1541

Literatur

  • H-Soz-Kult: Sabine Grenz: Rezension zu “Apokalyptische Jahre”, 16.12.2010
  • Christa Hämmerle / Li Gerhalter [Hg.]: Apokalyptische Jahre. Die Tagebücher der Therese Lindenberg 1938-1980. Köln, Wien [u.a.]: Böhlau 2010.
  • Ruth Steiner: Was ich dich noch fragen wollte … . Eine Christin auf der Suche nach ihrer jüdischen Identität. Wien: Wiener Dom-Verlag 2006.
  • A. Carolo: Therese Lindenberg. Schatttenriss eines Künstlerlebens. Wien: 1930.


Therese Lindenberg im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks