Accumulatoren-Fabrik Aktiengesellschaft (System Tudor)
Die 1890 errichtete Accumulatoren-Fabrik Aktiengesellschaft (AFA-Werke, heute VARTA) der Firma Müller und Einbeck war die erste ihrer Art in Österreich-Ungarn.
Der deutsche Mutterkonzern
Der Mutterkonzern war die am 27. Dezember 1887 im Hagener Ortsteil Wehringhausen von Adolph Müller gegründete Accumulatoren-Fabrik Tudor’schen Systems Büsche & Müller oHG. Müller hatte das große Marktpotenzial für Akkumulatoren zu dieser Zeit erkannt. Als stille Teilhaben waren Paul Büsche sowie mehrere Unternehmer und Bankiers aus Hagen beteiligt. Im Jahr 1888 begann das Unternehmen mit der industriellen Fertigung von ortsfesten Bleiakkumulatoren nach der Konstruktion von Henri Owen Tudor, einem Ingenieur aus Rosport (Luxemburg). Nachdem der Kapitalanteil von Paul Büsche durch den Ingenieur Paul Einbeck übernommen worden war, wurde die Firma am 1. Jänner 1889 in Accumulatoren-Fabrik Tudor’schen Systems Müller & Einbeck oHG geändert. Bereits ein Jahr später stiegen die Firmen Siemens und AEG in die Firma ein und diese wurde mit 1. Jänner 1890 in die Accumulatoren-Fabrik Aktiengesellschaft (AFA) umgewandelt.
Generalrepräsentanz Wien
Als erstes Tochterunternehmen der AFA wurde 1890 die Generalrepräsentanz Wien mit eigener Fabrikation gegründet. Daneben gründete und übernahm die rasch expandierende Firma bis 1914 im In- und Ausland zahlreiche Werke und Tochterunternehmen, und zwar in der Schweiz (1892), in Russland (1897), Ungarn (1904), Galizien (1906), Italien (1907), Böhmen (1909), Rumänien (1911) und Schweden (1914).
Erzeugnisse
Die im Einsatz befindlichen Tudor-Akkumulatoren erbrachten 1891 eine Leistung von 3,860.000 Wattstunden, 1897 bereits von 9,640.000 Wattstunden. Von 1890-1897 wurden rund 700 Batterien im Wert von vier Millionen Gulden produziert. Zentralanlagen wurden unter anderem für die Wiener Elektrizitäts-Gesellschaft, das Theater an der Wien, Raimundtheater und zahlreiche weitere Institutionen hergestellt. Durch die Schaffung von Großoberflächenplatten gelang es, Schnellaufladeakkumulatoren für Eisenbahnwaggons einzuführen. Für Kraftstationen von elektrischen Bahnen stellte das Unternehmen Akkus als Pufferbatterien her.
Zwangsarbeit während der NS-Zeit
Während der NZ-Zeit war die AFA der führende Hersteller von U-Boot-Batterien. Für die Produktion setzte die Firma während des Zweiten Weltkriegs Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge ein. Während der Luftangriffe verlagerte die Firma ihre Produktion nach Wien-Floridsdorf und war (wahrscheinlich) ein eigenes Sub-Kommando des Kommandos Hofherr & Schrantz. Die KZ-Häftlinge waren im KZ-Außenlager Floridsdorf untergebracht, das sich in der Nähe der Firma in 21., Hopfengasse 8, dem heutigen FAC-Sportplatz, befand.
Gedenken und Erinnern
Am 28. April 1950 wurde am damaligen Gelände der ÖFA-Akkumulatoren GmbH in 23., Siebenhirtenstraße 12 ein – der Öffentlichkeit nicht zugängliches – Denkmal für die Widerstandskämpfer Franz Heindl und Viktor Mrnustik enthüllt . Die beiden Widerstandskämpfer waren von der nationalsozialistischen Justiz im Landesgericht Wien ermordet worden. Nach dem Abriss des Fabrikgeländes wurde das Denkmal 2009 vor dem Eingang des Friedhofs in Liesing wieder aufgestellt.
Umbenennung des Konzerns und Schließung des Wiener Werks
1962 wurde die Firma Varta Aktiengesellschaft umbenannt. Ende Juni 2004 wurde die Produktion des VARTA Autobatterienwerk in Wien eingestellt.
Literatur
- Die Gross-Industrie Oesterreichs. Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Oesterreichs 1898. Band 3. Wien: Leopold Weiss 1898, S. 197-199
- derstandard.at, 29.10.2003: Varta-Autobatterien schließen Wiener Werk [Stand 13.11.2019]
Weblinks
- Wikipedia: Varta AG [Stand 13.11.2019]