Währinger Bürgertheater

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Sitzplan des "Währinger-Bürger-Kinos" (1924)
Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation Kino
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1909
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 1979
Benannt nach
Prominente Personen
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  58239
GNDGemeindsame Normdatei
WikidataIDID von Wikidata
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Robert Kotas
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Letzte Änderung am 2.11.2022 durch WIEN1.lanm08jan
BildnameName des Bildes Währinger Bürgertheater.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Sitzplan des "Währinger-Bürger-Kinos" (1924)
  • 18., Gentzgasse 119

Frühere Adressierung
  • Kinematographentheater im Elisabethhof (Gentzgasse 115) (1909, bis: 1912)
  • Währinger Filmtheater (1912, bis: 1930)
  • Währinger Bürgertheater (1912, bis: 1930)
  • Währinger Tonfilmtheater (1930, bis: 1969)
  • Camera Kino (1970, bis: 1979)
  • Camera Kino (1986, bis: 1991)

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48° 13' 46.94" N, 16° 19' 56.95" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Ansuchen von August Racek betreffend Einbau einer Tonanlage (1930)
Camera Kino (Herwig Jobst, 1980)
Portal des ehemaligen Währinger Bürgertheaters / Camera Kinos (2020)

Währinger Bürgertheater (1909-1912 18., Gentzgasse 115, 1912-1979 Gentzgasse 119).

Die Anfänge des Bürgertheaters

Bereits ab 1909 gab es im Elisabethhof in 18., Gentzgasse 115, ein Kinematographentheater, das von Maria Jersan gegründet und geleitet wurde. 1912 wanderte das Kino von Maria Jersan in das 1910 im "Secessionsstil" erbaute Gebäude 18., Gentzgasse 119, wo es am 8. November 1918 unter dem neuen Namen "Währinger Filmtheater" eröffnet wurde und von nun an von Jersan gemeinsam mit Olga Nowak geleitet wurde. 1918 übernahm der 1882 in Abtsdorf geborene August Racek die Kinolizenz. Ab 1919 leitete die offene Handelsgesellschaft „Währinger Filmtheater – August Racek & Juliane Racek“ das Kino.

1914 hatte es einen länglichen Saal für 311 Personen, der 1922 für 335 Personen erweitert wurde. Mit der Einführung des Tonfilms im Jahr 1930 wurde das Kino in "Währinger Tonfilmtheater" umbenannt. 1934 hatte es einen Saal für 345 Personen.

Das Kino in der NS-Zeit

Das Kino blieb auch nach dem "Anschluss" und während der NS-Zeit im Besitz von August Racek und Juliane Racek. Die Besitzverhältnisse sahen im Detail so aus: August Racek 25 Prozent; Juliane Racek 25 Prozent; August Racek jun. 30 Prozent; Dr. Friedrich ("Fritz") Racek 20 Prozent. Die Konzession zur Führung des Kinos lag bei August Racek, die Spielbewilligung der Reichsfilmkammer, Außenstelle Wien, erhielten 1938 (andere Angabe: 1939) August und Friedrich Racek gemeinsam. Alle vier Gesellschafter waren Parteianwärter der NSDAP ab 1938 beziehungsweise einfache Parteimitglieder, sodass das Kino nach Kriegsende als "nazifizierter" Betrieb galt.

Das Kino unter provisorischer Leitung

Da das Kino keine Kriegsschäden aufwies, konnte es bereits am 5. Mai 1945 wiedereröffnet werden. Aufgrund der Mitgliedschaft aller Gesellschafter in der NSDAP wurde zu diesem Zeitpunkt Paula Bettauer als provisorische Leiterin ernannt. Paula Bettauer war die Schwiegertochter von Hugo Bettauer, der bereits 1925 von einem illegalen Nationalsozialisten ermordet worden war. Auch ihr Mann, Dr. Helmut Bettauer, war als Antifaschist von der Gestapo ermordet worden. Die Eltern von Paula Bettauer waren in ein Konzentrationslager deportiert worden. Paula Bettauer selbst hatte den Krieg drei Jahre lang als "Unterseeboot" überlebt, wie sie in ihrem Personaldatenblatt von 27. September 1945 bekanntgab.

Am 1. Oktober 1945 folgte ihr Dr. Alfred Migsch als öffentlicher Verwalter, Bettauer blieb Geschäftsführerin des Kinos. Am 9. Oktober 1945 wurde das Kino von der amerikanischen Besatzungsmacht beschlagnahmt, die dort bis 21. Jänner 1946 mit eigenen Apparaten Vorstellungen veranstaltete. Das Kino blieb in dieser Zeit für die Öffentlichkeit geschlossen.

Von 22. Jänner bis 3. Mai 1946 konnte das Kino, nun für das Publikum freigegeben, täglich eine Vorstellung bieten, ab 4. Mai 1946 wurden täglich drei Vorstellungen angeboten.

In einem Schreiben von 11. Mai 1946 wies August Racek jun. darauf hin, dass die Familie 1938 gezwungen worden war, die Parteimitgliedschaft zu beantragen, da man sonst keine Spielbewilligung erhalten hätte. Racek gab zudem an, dass sein Vater das Kino bereits ab 1917 geführt hatte und vor 1938 jahrelang Ausschussmitglied des Gremiums der österreichischen Lichtspieltheaterbesitzer gewesen war. Sein Vater und seine Mutter hätten schließlich die Parteimitgliedschaft erhalten, während er, August jun., und sein Bruder bis zu Kriegsende Anwärter geblieben wären. August Racek wies in seinem "Antrag auf Enthebung des öffentlichen Verwalters" an den Bürgermeister der Stadt Wien deutlich auf die damalige rechtliche Lage hin, wenn er festhielt: "Hierzu erlaube ich mir zu bemerken, dass zufolge des bekannten Stadtsenatsausschusses vom 4. September 1945 lediglich jene Kinobetriebe in öffentliche Verwaltung übergehen sollten, deren Inhaber entweder illegale Nationalsozialisten (bzw. Funktionäre nach § 17 des Verbotsgesetzes) oder abwesend (geflüchtet) waren. Beides trifft in unserem Falle in keiner Weise zu."

Dem Schreiben folgte am 18. Mai 1946 eine Antwort von Migsch, in dem dieser deutlich machte, dass die provisorische Leitung bei einem derart wichtigen Kino korrekt bestellt worden war, dass das Kino von Bettauer gut geführt worden sei und dass schließlich die Behauptung, die Familie hätte unter Druck gehandelt, nicht geltend gemacht werden könne, da alle Mitglieder – und nicht nur etwa August Racek sen. – sich zur Parteimitgliedschaft angemeldet hatten.

Am 31. März 1947 wurde die Konzession zur Führung der Kinos von der Stadt Wien an die Kiba übertragen. Damit blieb, wie Migsch in einem späteren Bericht festhielt, nur noch das Inventar in seiner (öffentlichen) Verwaltung.

Rückgabe an die Familie Racek

Am 15. Juli 1947 wurde aufgrund des neu erlassenen Nationalsozialistengesetzes die öffentliche Verwaltung aufgehoben und die Familie Racek erneut als Gesellschafter bestellt.

Das Kino wurde vermutlich bis 1958 von der Familie Racek geleitet.

Umbau, Umbenennung und Schließung

Anfang der 1970er Jahre wurde das Kino von Robert Kotas umgebaut und in "Camera Kino" umbenannt: Das Portal wurde mit hellbraun schattierten, reliefartigen Klinkern neu gestaltet und ein großer Programmanzeiger eingebaut, der auch die in der Straßenbahn vorbeifahrenden Passantinnen und Passanten rasch über das laufenden Programm informierte. Der Kassenraum wurde funktionaler gestaltet und ein neues Büffet errichtet. Der Kinosaal selbst blieb auch nach dem Umbau in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten.

Doch auch diese Maßnahmen konnte das traditionelle Vorstadtkino nicht vor der Schließung im Jahr 1979 bewahren.

Nachnutzung

1979 wurde das "Camera Kino" endgültig geschlossen, jedoch bis 1985 immer wieder temporär für künstlerische Projekte genutzt. 1986 wurde das einstige Kino für einige Zeit als "Pornokino" wiedereröffnet, kurz darauf mietete sich die Volksoper hier ein, die den Raum als Probebühne nutzte. Seit deren Auszug aus den Räumen steht das einstige beliebte Währinger Kino leer.

Bei einer Internetrecherche fand man noch vor wenigen Jahren im Branchenhandbuch den Verweis auf die einstigen Besitzer, August und Juliane Racek.

Fassungsraum

  • 311 (1914)
  • 335 (1922)
  • 345 (1934)


Siehe auch: Kino

Quellen

Literatur

  • Werner Michael Schwarz: Kino und Kinos in Wien. Eine Entwicklungsgeschichte bis 1934. Wien: Turia & Kant 1992, S. 282