Der Wiener Fußball Club 1898 (bzw. „...von/vom Jahre 1898“; auch als „Wiener FC“, „WFC“, „Fußballclub von 98“, „FC 98 Wien“, oder kurz „1898er“ bezeichnet) war der dritte (nach der Vienna und den Cricketern) gegründete Fußballverein in Wien und bestand von 1896 bis 1903. Der von Wiener Sportlern jüdischer Herkunft ins Leben gerufene Verein (Farben blau-weiß) erreichte 1897 das Finale des ersten Challenge-Cups und nahm zwischen 1900 und 1903 an allen drei Austragungen des Tagblatt-Pokals 1. Klasse teil.
Gründung und kurzer Bestand
Der WFC wurzelt im „Deutsch-österreichischen Turnverein“, der 1887 von einer Gruppe Wiener jüdischer Sportler gegründet wurde, die aus ihrem Stammverein, dem „Ersten Wiener Turnverein“ von 1861, im Zuge der Aufnahme eines sogenannten „Arierparagrafen“ in dessen Satzung ausgeschlossen worden waren. Um nicht gegen die Statuten ihres Turnvereins und das Selbstverständnis der Turnerbewegung zu verstoßen, gaben sich die teils auch als Leichtathleten und eben Turner aktiven, und deswegen so bezeichneten „Turner“ den umschreibenden Namen „Spielvereinigung im Deutsch-österreichischen Turnverein“, und trugen als solche nachweislich ab Mai 1896 Fußballmatches aus.[1] Nach der Vienna und den Cricketern war die Fußballriege der Turner das erst dritte Fußballteam Wiens, und überhaupt das erste, welches ohne Unterstützung englischer Expatriates entstanden war. Im Frühherbst 1898 wurde die Fußballriege aufgelöst, gründete sich aber umgehend im September desselben Jahres unter dem alten Namen "Spielvereinigung" als selbstständiger Verein neu.[2] Kurz darauf kam es zur Umbenennung in „Wiener Fußball Club 1898“, von da an sprach man von den „1898ern“. Im Oktober 1903 löste sich der Verein allerdings schon wieder auf.
Erfolge
Im Jahr 1897 erreichten die Turner das Finale der ersten Auflage des Challenge Cups[3], eines Vorläuferbewerbs des Mitropacups, in dem sie allerdings am 21. November desselben Jahres von den Cricketern klar mit 7:0 geschlagen wurden.[4] Noch an vier weiteren Konkurrenzen des Challenge-Cup nahm der Klub teil (1898/1899, 1899/1900, 1900/1901 und 1902/1903), ohne allerdings über das Halbfinale hinauszukommen. Im September 1898 trat die Mannschaft, noch als „Spielvereinigung“ auftretend, beim Kaiser-Franz-Joseph-Jubiläumsfußballturnier 1898 auf der Hohen Warte an, schied aber im Hauptbewerb stehend nach zwei siegreichen Partien in der Vor- und Zwischenrunde im Halbfinale wieder gegen eben die Cricketer aus. Beim Badener Blitzturnier am 7. Mai 1899 nahm man bereits als Wiener FC teil und erreichte immerhin den Trostpreis. 1900 wurde der Wiener FC im Rahmen der Auslosung für den ersten, im Meisterschaftsmodus ausgespielten Wiener Bewerb, den von der Wiener Tageszeitung "Neues Wiener Tagblatt" durch eine Pokalspende unterstützten „Tagblatt-Pokal“, in die 1. Klasse gereiht. Die 1898er nahmen an allen drei Konkurrenzen (1900/1901, 1901/1902, 1902/1903) dieses Bewerbs teil, erreichten aber lediglich Rang 4 (1900/01) bzw. Rang 3 (1901/02 und 1902/03) von 4 bzw. 5 teilnehmenden Mannschaften.
Wirkungsstätten
Die Spielstätte des Vereins war die „Forstwiese“ im Prater, nahe der Kaiser-Joseph-Brücke, heute Stadionbrücke. Aufgrund einer durch das „Directoren Comité zur Pflege der Jugendspiele der Mittelschulen“ beim Oberhofmeisteramt eingeholten Bewilligung war es damals nicht nur für Gymnasiasten unter Aufsicht, sondern auch für Klubs wie den Turnern bzw. den 1898ern möglich auf Praterwiesen wie der Forstwiese Matches zu veranstalten, und dort teils auch an Wochentagen zu trainieren, wenn das Gelände nicht vom k.u.k. Militär verwendet wurde. Die Jungmannschaft der 1898er trainierte allerdings auf einer Lagerstätte der Gemeinde Wien für Pflastersteine neben dem Brigittenauer Teil des Augartens, wie sich Robert Brum, ein „Turner“ der ersten Stunde und Linksverbinder dieser Mannschaft, erinnert.[5] Als Clublokal der 1898er fungierte das "Café de France" auf dem Schottenring, welches in der Nähe des auf der Schottenbastei 3 gelegenen Turnsaals des Deutsch-österreichischen Turnvereins (ehemalige „Harmonie-Säle“) lag und zeitweilig auch als Sitz der ÖFU, dem Vorläufer des ÖFB, diente.[6] Nicht zuletzt diese topographischen Details verorten den Klub im bürgerliche Milieu, das in diesen ersten Jahren seit Herbst 1894 den Wiener Fußballbetrieb trug.
Bekannte1898er
Unter den Spielern der Turner bzw. des Wiener FC befanden sich u.a. Mauricio Diego Albala, ein späterer Pionier der Sportberichterstattung, der auch für den AC Viktoria spielte, Robert Brum, ein später bekannter Sportjournalist, der als Stabhochspringer erfolgreiche und auch als Gastronom bekannte Ernst Sonnenschein, sowie Rudolf Wagner, der wie Brum zu den Cricketern wechselte und dort zum Nationalspieler reifte. Albala und der Kapitän des Wiener FC, der Internationale Roland Rosenfeld, saßen als Vertreter des Vereins auch im 1899 entstandenen „Comité zur Veranstaltung von Fußballwettspielen“, dem ersten verbandsähnlichen Zusammenschluss des österreichischen Fußballs.
Literatur
- Leo Schidrowitz: Geschichte des Fußballsports in Österreich. Wien: Traunau 1951, S. 27f.
- Willy Schmieger: Der Fussball in Österreich. Wien: Burgverlag 1925, S. 10-11
- Werner Michael Schwarz: Prater. In: Peter Eppel et al., Hg.: Wo die Wuchtel fliegt. Wien: Löcker 2008, S. 26-35
Weblinks
- Österreichische Fußballdatenbank Austria Soccer
- Das Abzeichen des Wiener FC 1898 auf Fußballabzeichen.at
Einzelnachweise
- ↑ Der erste Nachweis vom Auftreten der „Spielvereinigung im Deutsch-österreichischen Turnverein“ findet sich im Neuen Wiener Journal, 3. Mai 1896, S. 14, wo ein Spiel dieser Mannschaft auf der Hohen Warte gegen die Reserve der Vienna angekündigt wird.
- ↑ Allgemeine Sport-Zeitung, 24. September 1898, S. 1157
- ↑ Salonblatt, 14. November 1897, S. 20
- ↑ Sonn- und Montagszeitung, 22. November 1897, S. 6
- ↑ Siehe dazu die retrospektive Artikelserie von Robert Brum: Rapid-Premiere bei der Schlachthausbrücke. In: Sportfunk, Nr. 4 (1956), S. 2; Ein Meister fällt nicht vom Himmel. In: Sportfunk, Nr. 27 (1957), S. 3; Rapid-Premiere vor sechs Dezennien. In: Sportfunk, Nr. 30 (1958), S. 4.
- ↑ Neue Freie Presse, 24. Oktober 1894, S. 6