Schottenbastei
48° 12' 52.39" N, 16° 21' 54.78" E zur Karte im Wien Kulturgut
Bauwerk
Die Schottenbastei grenzte seitlich an das Schottentor. Sie verlief ungefähr im Raum zwischen den heutigen Straßenzügen Helferstorferstraße und Schottenbastei (siehe Straßenzug). Sie war bis zum Jahr 1656 nur provisorisch angelegt, was wiederholt kritisiert wurde. Bereits im Jahr 1532 wird von einer "newen Pastey" beim Schottentor gesprochen, bei welcher der Boden unterhalb zweier Ecken nachgegeben hatte und die Mauer dazwischen schwere Schäden erlitt. 1548 wird bemängelt, dass die Bastei an vielen Stellen eingstürzt sei. Erst 22 Jahre später ließ Erzherzog Carl von Österreich die Mauer reparieren! In der Folgezeit wurde die Bastei ausgebaut, wobei die Arbeiten, die vom Militär durchgeführt wurden, 1656 abgeschlossen werden konnten. Der verwendete Kalk stammte aus den Kalkgruben von Rodaun, Mödling und Perchtoldsdorf, das Bauholz aus Höflein an der Donau und Greifenstein.
"Soldatenhäusln"
Ab dem August 1582 wollten Soldaten der Stadtguardia, die die Stadttore bewachten, kleine Gebäude auf den Basteien errichten. Deren Quartiergeld war nämlich so gering bemessen, dass sie in den Vorstädten wohnen mussten. Um sich den langen Weg zu den Toren zu ersparen, richteten sie sich auf den Basteien häuslich ein, obwohl keine Baugenehmigung erteilt worden war. Im Folgejahr erteilte der damalige Stadthauptmann den Befehl, "der Landsknecht gebaute Häusl auf den Wheren wieder abzuprechen." Da der Befehl offenbar nicht befolgt wurde, ist in einem Bericht des Hofkriegsrates vom 7. Oktober 1595 zu lesen, dass "in und auf den Pasteien, Streichwöhren und den Gewölbern alles mit Landsknechthäusln, Cämmerln und Hütten so voll geflickt und in einander verpaut ist", dass die Kommunikation zwischen den Soldaten im Ernstfall unterbunden wäre. Außerdem hätten die Soldaten Gärten angelegt, die die Bauwerke durch ihre Feuchtigkeit beschädigten und zum Bau dieser Häuser Ziegel aus den Brustwehren, Seitenmauern und Kurtinen herausgerissen. Da sich offenbar nichts änderte, wurde 1611 der Befehl erteilt, dass kein Soldat ausserhalb der Stadt leben solle und auf den Basteien "kleine Soldatenhäusln" zu errichten seien. Am 4. Mai 1613 wurde sogar der kaiserliche Befehl ausgegeben, 150 solche Gebäude zu errichten. Sie wurden von Besitzern von Stadthäusern erbaut, die dadurch für immer von der Hofquartierpflicht (zwangsweise Einquartierung von Soldaten) befreit wurden. Die Grundstücke auf den Basteien wurden von der Stadt kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Soldatenhäusln waren klein und ebenerdig und dienten je einer Familie (in seltenen Fällen auch zwei) als Unterkunft.
Missstände
Diese Häuser führten aber auch dazu, dass sich bei den Basteien, die eigentlich nur mit Erlaubnis des Stadtkommandanten betreten werden durften, eine Vielzahl von Menschen aufhielt. Ein besonderes Problem, das vor allem die Schottenbastei betraf, war, dass die Soldaten der Stadtguardia, die schlecht und unregelmäßig bezahlt wurden, immer wieder Prostituierten in den dortigen Schankstuben Unterschlupf gewährten. Außerdem wurden oftmals Ehen zwischen Prostituierten und Soldaten geschlossen, die dazu dienten, dass die Soldaten deren Lohn einstreifen konnten. Daher galt die Schottenbastei als verrufenster Stadtteil. Als die Stadtguardia 1741 aufgehoben und die Bewachung durch reguläres Militär vorgenommen wurde, kam es zu einer Beruhigung der Situation. Nachdem die Soldatenhäusln zwecklos geworden waren, ließ man sie abreißen und durch Privathäuser ersetzen, was man in der Stadt nur ungern sah, da man eine Einschränkung von Licht und Luft befürchtete.
Abbruch der Vorwerke
Kaiser Joseph II. hob die (inzwischen widersinnig gewordene) Genehmigungspflicht für die Besichtigung der Befestigungsanlagen auf. In der Folge wurden diese von der Bevölkerung gerne für Spaziergänge genutzt. Als 1809 der Friede mit Napoleon I. geschlossen wurde, sprengten die Franzosen die Vorwerke, darunter die der Schottenbastei vorgelagerte Schottenravelin. 1817 hob Kaiser Franz I. Wien als Festung auf. Die gesprengten Anlagen wurden daraufhin vollständig abgetragen, die unbeschädigten Bauwerke, zu denen auch die Schottenbastei zählte, wurden im Hinblick auf die hohen Kosten einer Demolierung stehen gelassen. Dadurch konnten die beliebten Spaziergänge auf den Basteien weiterhin stattfinden. An schönen Tagen traf sich hier ein Großteil der Wiener Bevölkerung, da man von den Basteien einen schönen Ausblick auf die Umgebung hatte und die gute Luft genoss. Sie waren so beliebt, dass der Kaiser 1817 sogar an manchen Stellen Alleen pflanzen ließ!
Abbruch der Schottenbastei
In der Zeit zwischen 8. Mai und 9. Oktober 1860 wurde die Schottenbastei großenteils demoliert. Der letzte Rest wurde von 1. Dezember 1868 bis Ende Juni 1869 abgetragen. Im Zuge der Demolierung verschwanden auch 28 unansehnliche Häuser, darunter das sogenannte "Kegelhaus" (siehe Lage der Basteihäuser). Dadurch veränderte sich das äußere Bild dieser Gegend vollständig. Noch vor Beginn der Abbrucharbeiten ließen die Gemeinde Wien und das Innenministerium Abbildungen der alten Anlagen erstellen. Im Zusammenhang damit steht wohl auch die Aufnahme des gesamten Stadtbildes vom Stephansdom aus, die der Fotograf der Staatsdruckerei, Leopold Weiß, 1860 anfertigte.
Lage der Basteihäuser
Die genaue Lage der einzelnen Basteihäuser lässt sich nicht mehr feststellen. Der Katasterplan von 1858 bietet dennoch eine gute Grundlage um deren Positionen annähernd zu bestimmen. Sie standen im Raum zwischen Helferstorferstraße und Schottenbastei sowie zwischen Schottengasse und Wipplingerstraße. Die Gebäude standen in zwei Reihen, wobei die vordere ungefähr in der Linie der geraden Nummern der heutigen Schottenbastei lag. Sie umfasste die Häuser Stadt 109 bis 126 und das Haus Stadt 1167, das auf der Höhe der heutigen Wipplingerstraße lag. Die rückwärtige Reihe war unregelmäßiger angelegt: Die Häuser Stadt 106 bis 108 lagen im Bereich der Front des heutigen Hauses Helferstorferstraße 1. Zwischen diesen und dem Schottenkloster befand sich das "Gässel zur Bastei", das die Häuserreihen trennte. Die Häuser Stadt 135 bis 129 lagen mit der Rückwand direkt an der Mauer des Schottenklosters. Im Bereich der heutigen Häuser Helferstorferstraße 15-19 befanden sich weitere vier Objekte, die paarweise angelegt waren (Häuser Stadt 127 und 128 sowie 1168 und 1169). Zwischen den Häuserreihen befand sich der ehemalige Schottensteig. Auf der Bastei gab es eine Sackgasse, die in Richtung der Schottengasse verlief und Taubengasse genannt wurde.
Schon im Jahr 1862 wurde mit dem Bau neuer Häuser begonnen, die nach und nach einen Häuserblock bildeten.
Straßenzug
Nach dem Abbruch der Bastei entstand ein gleichnamiger Straßenzug.
Pfarrzugehörigkeit bis 1938
Bis 1938 lag die Standesführung in Österreich in den Händen der konfessionellen Behörden. Die Geburts-, Ehe-, und Sterbematriken von katholischen Bewohnerinnen und Bewohnern wurden von der zuständigen Pfarre geführt.
- ab 1863: Pfarre Schotten
Gebäude
- Nummern 1-5: Creditanstalt-Bankverein
- Nummern 7-9: Bundesrealgymnasium Wien 1
- Nummern 10-16: Juridicum
- Nummer 11: Wohnhaus (1869/70) nach Plänen von Johannes Garben errichtet. In diesem Gebäude richtete der Architekt Adolf Loos 1903 für den Rechtsanwalt Dr. Gustav Rosenberg eine Wohnung ein. Das Interieur ist nicht erhalten.
Quellen
Literatur
- Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matrikenführer und Familienforscher. Wien: Verlag des Österreichischen Instituts für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde, 1929
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 36
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 1. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 15-19
- Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 4. Wiesbaden: Steiner 1972, S. 382, Register
- Burkhardt Rukschcio / Roland Schachel: Adolf Loos. Leben und Werk. Salzburg: Residenz Verlag 1987, S. 433