Auguste Wilbrandt-Baudius

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Auguste Wilbrandt-Baudius
Daten zur Person

Auguste Wilbrandt-Baudius, * 1. Juni 1843 Zwickau (Sachsen), † 30. März 1937 Wien, Schauspielerin.

Biografie

Als uneheliche Tochter einer Dienstmagd wuchs Auguste Wilbrandt-Baudius in Leipzig auf.[1] Im Alter von sechs oder sieben Jahre begegnete sie dem Schauspieler Karl Friedrich Baudius, der davon überzeugt war, in dem Kind ein großes Talent entdeckt zu haben. In Absprache mit der Mutter übernahm er die künstlerische Ausbildung Augustes, die – noch bevor sie eingeschult war – auch seinen Nachnamen annahm. Der klare Ausbildungsvorsatz lautete, das Kind für das Burgtheater zu erziehen. Mit dreizehn Jahren sprach Auguste bereits im Leipziger Stadttheater "Das Lied der Glocke" von Friedrich Schiller vor. Am 19. November 1859 debütierte Auguste Wilbrandt-Baudius dort als Julia in Shakespeares "Romeo und Julia". Im Folgejahr erhielt sie eine Gastrolle in Dresden. Ihr erstes festes Engagement bot ihr das Theater Breslau unter der Leitung von Friedrich Schwemer.

Nachdem Karl Friedrich Baudius am 20. März 1860 nach Krankheit gestorben war, reiste der Direktor des Hofburgtheaters, Heinrich Laube, nach Breslau, um Auguste Wilbrandt-Baudius spielen zu sehen, wie er es Baudius versprochen hatte. Laube sah in der jungen Schauspielerin die ideale Besetzung für eine jugendliche Liebhaberin und bot ihr ein Gastengagement am Hofburgtheater an. Der Vertrag sah drei Gastrollen vor, für die sich Wilbrandt-Baudius ein Jahr lang freihalten sollte. Nachdem sie in den folgenden Monaten keine weitere Nachricht mehr aus Wien erhielt, nahm sie kurzentschlossen ein Angebot des Berliner Hoftheaters an. Als sich Laube dann doch meldete, musste sie ihren Fauxpas eingestehen. Laube setzte sich dafür ein, dass ihr Vertrag in Berlin wieder aufgelöst wurde, und die junge Schauspielerin reiste im Frühjahr 1861 nach Wien.

Nach ihren drei Gastrollen wurde ihr Vertrag verlängert und 1867 wurde sie offiziell Hofschauspielerin. Auguste Wilbrandt-Baudius konnte sich schnell als Publikumsliebling etablieren. Helene Richter beschrieb die Baudiusrolle als "dieses bezaubernde Gemisch von Trotzkopf, Wildfang, Bubenmädel, Kind, Puck, Madonna".[2] Infolge eines Zerwürfnisses mit dem Laube-Nachfolger Franz von Dingelstedt trat Wilbrandt-Baudius 1878 als Burgtheatermitglied in den Ruhestand. Es folgten einige Jahre, in denen die Schauspielerin von einem Gastspiel zum nächsten reiste. Als ihr Ehemann Adolf Wilbrandt, mit dem sie seit 1873 verheiratet war, 1881 zum Direktor des Burgtheaters ernannt wurde, gehörte sie nicht mehr dem Ensemble an. 1886 reiste Wilbrandt-Baudius nach Paris, um dort als Schauspielerin zu arbeiten, kehrte jedoch bald wieder nach Wien zurück. Sie veröffentlichte fortan unter anderem Schriften über ihre Zeit in Frankreich und betätigte sich als Vorleserin, bis ihr die damit verbundenen Organisationsarbeiten und Reisen zu viel werden.

1889 kehrte Wilbrandt-Baudius in der Rolle der Gräfin Dobronowska in Dumas' "Fall Clémenceau" auf die Bühne zurück und tourte mit dem erfolgreichen Stück durch das ganze Land. Danach spielte sie wieder verstärkt in unterschiedlichen Gastspielen. Nach Engagements am Deutschen Theater Berlin und am Hoftheater Meiningen kam sie über das neueröffnete Raimundtheater (1893) wieder an die Burg (1898), an der sie nunmehr bis zu ihrem Tod verblieb. Sie spielte reife Frauen- und Mutterrollen und wurde zur beliebten "Großmutter Baudius". Ihr letzter Auftritt fand am 19. April 1933 als Äbtissin in "Cyrano von Bergerac" statt. In Summe spielte Auguste 274 Rollen am Burgtheater.

Ihren Ehemann Adolf Wilbrandt hatte die Schauspielerin 1871 kennengelernt und in einigen seiner Stücke gespielt. Das Paar heiratete am 24. Juni 1873 in der evangelischen Kirche in der Dorotheergasse. Im Folgejahr, am 10. April 1874, wurde ihr erster Sohn Franz geboren, doch er starb nur zwei Monate später an Sumpffieber. Am 29. August 1875 kam Sohn Robert auf die Welt. Nach Ende seiner Zeit als Direktor des Burgtheaters zog Adolf Wildbrandt mit dem gemeinsamen Sohn nach Rostock, während Auguste Wilbrandt-Baudius in Wien blieb. Es war zwar die Rede von einer Trennung, doch ließen sie sich nicht scheiden.

Auguste Wilbrandt-Baudius war auch schriftstellerisch tätig. Ihre Feuilletons erschienen unter anderem in der Neuen Freien Presse, im Neuen Wiener Tagblatt und im Pester Lloyd.

Ein von Franz Lenbach gefertigtes Porträt hängt in der Burgtheatergalerie. Die Schauspielerin erhielt zahlreiche in- und ausländische Auszeichnungen. Am 15. Juni 1923 wurde sie als erste Frau zum Bürger der Stadt Wien ernannt.

Ein 742 Inventarnummern umfassender Teilnachlass befindet sind in der Wienbibliothek im Rathaus.

Werke

  • Aus Kunst und Leben. Erinnerungsskizzen einer alten Burgschauspielerin. Wien: Amalthea 1919 (Amalthea-Bücherei, 2)

Quellen

Literatur

  • Ilse Korotin (Hg.): biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 3: P-Z. Wien: Böhlau 2016, S. 3622 [Stand: 13.01.2017]
  • Robert S. Budig / Gertrude Enderle-Burcel / Peter Enderle: Ehrengräber am Wiener Zentralfriedhof. Wien: Compress Verlag 1995
  • Gerhard Renner: Die Nachlässe in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek. Wien: Wiener Stadt- und Landesbibliothek 1993
  • Renate Wagner: Auguste Wilbrandt-Baudius. In: Frauenblatt, 08.02.1992, S. 8 f.
  • Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23), S. 82
  • Schauspieler des Burgtheaters, 1776–1976. Wien: Eigenverlag 1976 (Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 43), S. 21
  • Fred Hennings: Heimat Burgtheater. Band 2. Wien [u.a.]: Herold 1972–1974, S. 21 ff., 163ff., 170 f., 187 f.
  • Ernst Wurm: Die Burgschauspielerin. Zwölf Porträtskizzen. Wien: Bergland-Verlag 1969 (Österreich-Reihe, 357), S. 55 ff., S. 67 f. (Rollenverzeichnis)
  • Helene Richter: Auguste Wilbrandt-Baudius. Der Weg einer großen Burgschauspielerin. Aus dem Nachlass von Helene Richter herausgegeben von Rainer Zitta. Wien: Notring der Wissenschaftlichen Verbände Österreichs 1963
  • Hans Markl: Kennst du die berühmten letzten Ruhestätten auf den Wiener Friedhöfen? Band 1: Zentralfriedhof und Krematorium (Urnenhain). Wien: Pechan 1961, S. 110
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 278
  • Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Hg. von Franz Planer. Wien: F. Planer 1929


Auguste Wilbrandt-Baudius im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.


Weblinks

Referenzen

  1. Im Trauungsbuch der Lutherischen Stadtkirche sind als Eltern Julius Köhn, Handlungsdiener, und Auguste Wilhelmine Däumel angegeben
  2. Richter 1963, S. 50