Bonifaz Wolmuet
Wolmuet Bonifaz, * vor 1510 in Überlingen, Baden-Württenberg, † 1579 in Prag, Steinmetz, Architekt, Gattin Anna.
Arbeitete nach 1522 gemeinsam mit Michael Fröschl, Paul Kölbl und Johann Saphoy bei St. Stephan, zwischen 1530 und 1546 neben Domenico d' Allio an den Befestigungsbauten der Stadt (unter der Leitung von Hermes Schallautzer und Augustin Hirschvogel) und war außerdem am Ferdinandeischen Burgbau beteiligt (besonders am südlichen Hofflügel des Schweizertrakts), wobei sich eine Zusammenarbeit mit Johann Tscherte und Pietro Ferrabosco ergab.
1543 erwarb Wolmuet das Bürgerrecht, 1546 kaufte seine Gattin Anna ein halbes Haus in der Strauchgasse, 1547 war Wolmuet Zunftmeister des Steinmetzhandwerks und scheint unter den "behausten Bürgern" auf. Als Steinmetz und selbständiger Baumeister wurde er 1547 dem Kartographen und Festungstechniker Augustin Hirschvogel für dessen Rundplan der Stadt Wien beigeordnet, schuf im selben Jahr aber auch einen eigenen Stadtplan (sog. Wolmuet-Plan); die trigonometrische Priorität gebührt jedoch Hirschvogel. Es handelt sich hier um die ersten zwei Pläne der Stadt, die auf genauen Messungen beruhen. Im Herbst 1548 war Wolmuet bei Privatbauten tätig. 1549 wurde er (als "Königlich Majestätischer Paumeister") um seine Meinung beim Bau der Hofburg befragt. Als ihn nach Tschertes Tod die Hofkammer im September 1552 für die Stelle eines Leitenden Baumeisters der niederösterreichischen Bauten vorschlug, lehnte dies der Kaiser ab (vielleicht weil er beabsichtigte, Wolmuet in Prag zu beschäftigen).
1555 kaufte Wolmuet den Pempflingerhof, den er 1565 umgestalten ließ. Von 30. Jänner 1559 bis 15. April 1570 ist Wolmuet als kaiserlicher Baumeister Urheber und Mitschöpfer aller Bauten dieses Zeitraums auf dem Hradschin (Renaissancetribüne für den obersten Landesschreiber in der Landrechtsstube des Alten Königspalasts; Renaissancehaube des Glockenturms [Wenzelsturm; 1562]; Vollendung des Belvederes [1563] und Errichtung des Großen Ballhauses in dessen Garten für Maximilian II. [1567-69]). Künstlerisch wandelte sich Wolmuet im Lauf seines Lebens vom geschickten Gotiker zum erklärten Klassizisten. Nach Beendigung seines aktiven Diensts dürfte er wieder nach Wien gekommen sein, wo er 1575 letztmals erwähnt wird. Wohlmutstraße (sic!). Er dürfte ein Denkmal für sich am Fenstergucker gebaut haben.
Literatur
- Ulrich Thieme / Felix Becker [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. 37 Bände. Leipzig: Engelmann 1907-1950
- Max Eisler: Historischer Atlas des Wiener Stadtbildes. Wien: Deutschösterreichische Staatsdruckerei 1919, S. 12 ff.
- Moriz Dreger: Baugeschichte der K. K. Hofburg in Wien bis zum XIX. Jahrhunderte. Wien: Schroll 1914 (Österreichische Kunsttopographie, 14), S. S. 91, 103, 132 ff., 335 f., 345 f. (Daten zu Bonifaz Wolmuets Tätigkeit)
- Anneliese Keilhauer: Prag. München: Prestel 1991 (Prestel-Führer), Register
- Ferdinand Opll: Wien im Bild historischer Karten. Die Entwicklung der Stadt bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Wien [u.a.]: Böhlau 1983, Taf. 5.
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 3. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 606