Café Jüngling
Café Jüngling (2, Praterstraße 6, östlich der Schlagbrücke, heute Schwedenbrücke)
Das Café Jüngling (Konskriptionsnummer 584; nicht mehr bestehend) war ähnlich bedeutend in der Vorstadt wie das nahe gelegene Café Hugelmann (Konskriptionsnummer 586) und Stierböcks Kaffeehaus (Konskriptionsnummer 585). Die Bezeichnung "Jünglings Kaffeehaus" ist außerdem noch für ein Kaffeehaus in der Stadt (Café Taroni) und ein weiteres im Prater nachgewiesen (Erstes Kaffeehaus).
Seine Stammgäste waren vor allem politische Gäste. Das Café Jüngling wurde zum Stammcafé der Freimaurer, die dort über ihre politischen Ideologien debattierten. Sie fanden sich hier in geschlossener Gesellschaft ein und richteten ein eigenes Freimaurercasino ein. Früher lag an der Stelle des Kaffeehauses Zum Jüngling das Bruckbierhaus, das schon um 1770 Bestand hatte. Das in ein Kaffeehaus umgewandelte Lokal kam 1776 in den Besitz von Johann Mayer. Ihm wurde 1781 gestattet, im ersten Stock einen Billardtisch unterzubringen, worüber sich die Konkurrenz beschwerte. Bis dahin war es durch eine Verordnung Maria Theresias nämlich verboten, im ersten Stock eines Kaffeehauses das Billardspiel zu halten. Johann Mayer war selbst Mitglied in der Wiener Loge Zum heiligen Josef der Freimaurer. Als er 1784 plötzlich verstarb, blieb das stete Einkommen aus, sodass die Freimaurer seiner Witwe anboten, ein Casino im Kaffeehaus zu errichten. Dieses wurde 1785 begründet und bestand bis 1792. Es wurde zunächst von der Witwe Johann Mayers, die auch ein Praterkaffeehaus besaß, zusammen mit dem Café Jüngling betrieben und von dem ehemaligen Casino-Marqueur Johann Jüngling aus Bayern im Jahr 1791 übernommen.
Jüngling († 1835) war seit 1788 Mitglied der Freimaurer. Aufgrund des Kasinos entwickelte sich das Café zu einem geselligen Treffpunkt der Brüder der Wiener Logen der Freimaurer. Zu den Stammgästen zählten Ignaz Born, Alois Blumauer, Franz von Ratschky und Johann Pezzl. Das Kaffeehaus bestand wie bereits angedeutet aus zwei Stockwerken mit Aussicht auf die Praterstraße, vormals Jägerzeile. Im Jahr 1803 genügte dem Besitzer Johann Jüngling das bescheidene kleine Kaffeehaus nicht mehr und er ließ es ausbauen und prächtig einrichten. Damit zählte es künftig zu den großen Kaffeesalons, zu denen auch die benachbarten Café Wagner und Café Hugelmann im frühen 19. Jahrhundert avancierten. Die Billardsäle waren mit marmorartig geschliffenen Säulen geschmückt und vor dem Café wurden ab 1811 Bäume für einen Schanigarten gepflanzt. Johann Jüngling baute sein Kaffeehaus immer weiter aus und schmückte es, damit er gegen die benachbarte Konkurrenz antreten konnte. 1820 etwa ließ er einen großen Balkon an das Haus bauen, denn auch Wagner und Hugelmann konnten mit Balkons aufwarten. Jüngling ließ den Balkon als Glasbau errichten, der sich über die gesamte Front ausbreitete und dementsprechend auch als Wintergarten bezeichnet werden könnte. Wenn im Inneren die Lichter angezündet wurden, ergab dies ein prächtiges Schauspiel nach außen hin, so berichten die Eipeldauerbriefe. Der Bau derartiger Wintergärten kam zunächst vor allem bei den Kaffeehäusern in der Leopoldstadt in Gebrauch. Gründe dafür könnten eine dadurch erzielte Vergrößerung des Cafés oder aber die Möglichkeit, den Gästen damit auch im Winter eine Aussicht bieten zu können, gewesen sein. Die Eipeldauerbriefe aber sehen im Bau derartiger "Glaskästen" einen anderen Grund: "Sie [die Kaffeesieder der Leopoldstadt] wollen den gewöhnlichen Kaffeehausbesuchern, die bloß gaffen und nichts zehren, eine kleine Lektion geben. Die ungebethenen Gäste, heißt es, setzt man vor die Thür – wer also bloß die Zeitung liest, den Retiratschlüssel anschafft und ein Glas Wasser trinkt, soll in diesen Luftkammerln campiren, das wollen sie sagen, das wird auch der ganze Plan seyn." [1]
Im Café Jüngling trafen sich vor allem bei Warmwetter im Garten viele verschiedene Kulturen. Italienische Sänger sollen hin und wieder Szenen aus Operetten zum Besten gegeben haben. 1819 trat hier (mit den Brüdern Carl Drahanek und Brüdern Johann Alois Drahanek) Josef Lanner mit so großem Erfolg auf, dass er die Besetzung zum Quartett erweiterte. Ab den 1820er Jahren fanden regelmäßig Konzerte von einem Wiener Streicherterzett mit wechselnder Besetzung statt. Zu den Musikern zählte auch der junge und noch recht unbekannte Johann Strauss (Vater). Da bis dahin nur Harfen- und Blechmusik üblich gewesen war, wurde die Neuheit bestaunt und auch andere Wirte engagierten Lanner. Der Schriftsteller Boas schrieb im Jahr 1834 über das Café Jüngling: "Mit künstlichem, hell polirtem Marmor und Bronzeleisten sind die Wände bekleidet, und durch die hohe Scheibenwand genießt man eine hübsche Aussicht in das muntere Treiben am Wasser. Die Halle war angefüllt; die Billardspiele lärmten und die Zuschauer wetteten. Hier stritten einige Dandys über die Vorzüge zweier Pferde und zweier Sängerinnen, dort saßen Armenier mit langen Kastanen und hohen Turbanmützen; sie schmauchten behaglich aus den klaren Bernsteinspitzen der goldgestickten Pfeifenröhre blaue Wolken hervor und plauderten eine wunderliche Sprache..." [2] Am 27. November 1835 starb Johann Jüngling. Seine Witwe Elisabeth führte das Kaffeehaus bis 1839 weiter und übergab es dann an Franz Stierböck, der das Kaffeehaus mit seinem Café Stierböck, das direkt neben dem Café Jüngling lag, vereinte. Die Bezeichnung Café Jüngling ist außerdem noch für ein Kaffeehaus in der Stadt (Café Taroni) und ein weiteres im Prater nachgewiesen (Erstes Kaffeehaus).
Literatur
- Gustav Gugitz: Das Wiener Kaffeehaus. Ein Stück Kultur- und Lokalgeschichte. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1940, S. 105-110
- Das Wiener Kaffeehaus. Von den Anfängen bis zur Zwischenkriegszeit (Katalog zur 66. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien), Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1980, S. 31-32 und 62-63
- Adolf Scherpe: Die Entwicklung des Wiener Kaffeehauses. Eine lokalhistorische Studie. Wien: Verlag des illustrierten unabhängigen Tagblattes "Die Neue Zeitung" 1919, S. 21