Carl Moll
Carl Moll, * 23. April 1861 Wien, † 13. April 1945 Wien, Maler, Graphiker.
Biografie
Carl Molls Eltern waren Julius Moll (1829–1877), Großhändler, Fabrikant und Mitglied des Wiener Gemeinderats, sowie Rosina, geborene Schmid (1835–1919).
Das Interesse an der Malerei wurde früh durch seinen Onkel mütterlicherseits, den Landschaftsmaler Karl Schmid, geweckt. So wurde Moll zuerst Schüler von Karl Franz Emanuel Haunold (1832–1911) und Christian Griepenkerl (1839–1912) und studierte dann bei Emil Jakob Schindler (1842–1892). Mit Schindler verband ihn eine innige Freundschaft und nach dessen Tod ehelichte Moll 1895 dessen Witwe Anna (1857–1938). Die aus Hamburg stammende Schauspielerin und Sängerin brachte zwei Töchter in die Ehe mit, die Moll adoptierte. Die später berühmte Alma Mahler-Werfel und ihre Halbschwester Grete. Moll und seine Frau hatten auch eine leibliche Tochter, Maria (1899–1945).
Von Schindler bekam Moll die entscheidenden künstlerischen Anregungen, die sich zu einem Impressionismus persönlichster Prägung entwickelten. Sein zeichnerischer und in die Fläche gehender Stil prädestinierte ihn zum erfolgreichen Meister des Farbholzschnittes. Bekannt wurde er 1892 durch das Gemälde "Römische Ruine in Schönbrunn", für das er die Silberne Medaille des Künstlerhauses erhielt. Seine zahlreichen Gemälde, vorwiegend Landschaften und Stillleben (etwa "Der Naschmarkt in Wien", 1898) sind heute in vielen öffentlichen Sammlungen vertreten.
Moll war zunächst Mitglied der Genossenschaft bildender Künstler, trat jedoch 1897 aus, wurde Mitbegründer der Secession und war eng mit Josef Maria Olbrich, Gustav Klimt und Josef Hoffmann befreundet. 1901 entstand im 19. Wiener Gemeindebezirk nach Entwürfen Josef Hoffmanns als erstes einer geplanten Villenkolonie ein großes Doppelhaus in der Steinfeldgasse 8, das fortan von den Familien Koloman Mosers und Carl Molls bewohnt wurde. Anfang des Jahres 1909 übersiedelte die Familie Moll in die Villa in der Wollergasse 10 (Villa Moll II), dort verübten Moll, seine Tochter und sein Schwiegersohn im April 1945 Suizid.
Moll gehörte auch zu jenen, die die Gründung der Modernen Galerie, heute Österreichische Galerie Belvedere, betrieben, was 1903 gelang. Mit der Klimtgruppe verließ er 1905 die Secession und förderte die Gruppe als künstlerischer Leiter der Galerie Miethke, in der er bis 1912 mehrere Ausstellungen ausländischer Künstler organisierte, sich für das Ausstellen der Arbeiten von Künstlerinnen einsetzte und Werke von Vincent van Gogh nach Wien brachte, denen damals weitgehend ablehnend begegnet wurde. Anschließend widmete er sich wieder verstärkt der Malerei, blieb aber auch als Kunsthändler aktiv. 1930 kehrte er in die Secession zurück, die zu seinem 70. Geburtstag 1931 eine große Ausstellung veranstaltete. Moll war auch als Kunstschriftsteller tätig, sein wichtigstes Werk ist wohl die 1930 erschienene Biographie von Emil Jakob Schindler. Moll förderte Oskar Kokoschka und sein Werk und veranstaltete 1937 zu dessen 50. Geburtstag im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie (heute Österreichisches Museum für angewandte Kunst) eine Ausstellung - zu einem Zeitpunkt als Kokoschka in Deutschland bereits als "entarteter Künstler" galt.
Dass Moll in den 1930er Jahren – wohl auch befeuert durch den Einfluss seines Schwiegersohns – zu einem überzeugten Nationalsozialisten wurde, scheint nicht ins Bild zu passen. Seine Stieftochter Alma musste 1938 mit ihrem Mann, dem Dichter Franz Werfel, wegen dessen jüdischer Abstammung, aus Wien fliehen. Nur wenige Tage später holte Moll fünf Bilder, die Alma der Galerie im Belvedere geliehen hatte, im Namen seiner Tochter Maria Eberstaller dort ab. Das wertvollste der Bilder, Edvard Munchs Sommernacht am Strand, verkaufte Moll später an die Galerie.
Die Berichte über den Hergang von Molls Ableben sind mysteriös. Von einer Verletzung durch einen Splitter eines Artillerieschrapnells ist ebenso die Rede, wie von der versuchten Vergewaltigung seiner Tochter durch sowjetische Soldaten und von Einbruch und Plünderung in der Villa. Im April 1945 verübte er zusammen mit seiner Tochter Maria und deren Ehemann Dr. Richard Eberstaller in seiner Villa Suizid. Moll hatte bereits mit 10. April 1945 einen Abschiedsbrief datiert, der seinen Tod kommentierte: Ich schlafe reuelos ein, ich habe alles Schöne gehabt, was ein Leben zu bieten hat.[1] Alle drei wurden anschließend im Garten der Villa notdürftig beigesetzt. Sie wurden am 12. Oktober 1945 exhumiert und am Grinzinger Friedhof in einer Gruft bestattet, die heute ein Ehrengrab ist.
Einzelnachweise
- ↑ Zitiert nach Tim Bonyhady: Wohllebengasse. Die Geschichte meiner Wiener Familie, Paul Zsolnay Verlag, Wien 2013, S. 339
Quellen
- Wienbibliothek im Rathaus: Sammlung Carl Moll
- Wienbibliothek Digital: Carl Moll
- Wien Museum Online Sammlung: Carl Moll als Bildmotiv
- Wien Museum Online Sammlung: Werke von Carl Moll
Literatur
- Ulrich Thieme / Felix Becker [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. 37 Bände. Leipzig: Engelmann 1907-1950
- Robert Weissenberger: Die Wiener Secession. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1971, Register
- Geschichte der bildenden Kunst in Wien. Band 2: Geschichte der Malerei in Wien. Wien [u.a.]: Selbstverlag des Vereines für Geschichte der Stadt Wien 1955 (Geschichte der Stadt Wien / Neue Reihe, 7/2), S. 188
- Bundesdenkmalamt [Hg.]: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien. II. bis IX. und XX. Bezirk. Wien: Schroll 1993, S. 409 (Festeticspalais)
- Sylvia Mattl-Wurm [Red.]: Interieurs. Wiener Künstlerwohnungen 1830 - 1930. Wien: Eigenverlag 1990 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 138), S. 147 ff.
- Das Wiener Heimatbuch – Mariahilf. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft des Mariahilfer Heimatmuseums. Wien: Austria Press 1963, S. 232
- Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 486
- Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd. (umfangreiches Literaturverzeichnis)
- Heinz Schöny: Wiener Künstler-Ahnen. Genealogische Daten und Ahnenlisten. Wiener Maler. Band 2: Biedermeier, Historismus, Impressionismus. Wien: Selbstverlag der Heraldisch-Genealogischen Gesellschaft "Adler" 1975, S. 317
- Niederösterreich Personen Lexikon: Carl Moll. URL: http://geschichte.landesmuseum.net/index.asp?contenturl=http://geschichte.landesmuseum.net/personen/personendetail.asp___id=1891457108 [Stand: 20.03.2015]
- Wladimir Aichelburg: 150 Jahre Künstlerhaus Wien 1861-2011. Die Opfer 1938-1945. URL: http://www.wladimir-aichelburg.at/kuenstlerhaus/mitglieder/opfer/ [Stand: 20.03.2015]
- Gabriele Anderl u.a. [Hg.]: ... wesentlich mehr Fälle als angenommen. 10 Jahre Kommission für Provenienzforschung Wien: Böhlau 2009 (Schriftenreihe der Kommission für Provenienzforschung, 1)
- Tim Bonyhady: Good living street. Portrait of a patron family, Vienna 1900. New York, NY: Pantheon Books 2011
- Gerhard Urbanek: Österreichs Deutschland-Komplex. Paradoxien in der österreichisch-deutschen Fußballmythologie. Wien: LIT-Verlag 2012 (Österreichische Kulturforschung, 14), S. 188-193
- Carl Moll: Mein Leben. Vom Paradeisgartl, mit dem Blick auf den Heldenplatz zur Hochstraße, mit dem Blick auf Wien. Typoskript. Wien 1943
Carl Moll im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.