Die Insel
48° 12' 22.14" N, 16° 22' 44.22" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die Insel ("Die Insel am Parkring" beziehungsweise später auch: "Kleine Insel") bestand von Mitte 1937 bis 18. Juni 1938 an der Adresse 1., Parkring 8.
Geschichte
Der 1905 in Wien geborene Regisseur Leon Epp arbeitete ab 1935 am Wiener Raimundtheater, am Volkstheater, an der Komödie (1., Johannesgasse 4) und für die Ravag. 1936 heiratete er die 1910 geborene Schauspielerin Elisabeth Eschbaum; im selben Jahr wurde zum ersten Mal die Idee einer "Insel" geboren, doch erst Mitte des Jahres 1937 konnte die Insel am Parkring als "Kollektivbühne" eröffnen.
An der Adresse befand sich das Hoch- und Deutschmeisterpalais (Palais Erzherzog Wilhelm), und Leon Epp und sein kleines Ensemble zogen hier in die Räumlichkeiten der ehemaligen Sattelkammer des Palais ein. Das später als "Kleine Insel" bekannt gewordene Theater, von Epp mit einem privaten Startkapital von 4.000 Schilling eröffnet, fasste nur 49 Personen, um damit die für eine Platzauslastung ab 50 Plätzen vorgeschriebenen Konzession zu umgehen, und war so eines von mehreren Wiener "Theater der 49" jener Jahre. Die 49 Sitzplätze waren auf sieben Reihen aufgeteilt. Die Eintrittskarten kosteten 80 Groschen bis 4 Schilling. "Die höchste Einnahme bei ausverkauftem Saal betrug 130 Schilling."[1]
Wie streng die Auflagen der Polizei für die "Theater der 49" waren, zeigt folgendes Beispiel: Am 14. Oktober 1937 gab man eine Vorstellung für geladene Gäste, bei der ausnahmsweise fünf zusätzliche Stühle aufgestellt wurden. Dies führte zu einer Strafhandlung gegen Epp seitens der Behörden, und der Theaterleiter sollte 100 Schilling zahlen oder 24 Stunden ins Gefängnis in das Polizeigefangenenhaus an der Elisabethpromenade. Leon Epp entschied sich für den Strafantritt. Später erzählte er: "Ich saß zum Gaudium des ganzen Ensembles die 24 Stunden ab und setzte dann wieder meine Direktionsgeschäfte fort."[2]
Leon Epps Vision war, sich vom "Geschäftstheater"[3] abzuwenden und sich nicht als "Schauspielbeamter"[4] in den Dienst eines österreichischen Staatsschauspiels zu stellen. "[E]s schwebte mir immer vor, ein kleines literarisches Theater für 200 bis 300 Personen aufzumachen. Ich bin aber immer über die Geldfrage gestolpert. Da gründete Elias Jubal, der am Reinhardt-Seminar studiert hatte, sein 'Theater der 49'. Nun stellte ich mir eine Gruppe von Schauspielern zusammen, die wie ich dachten und mit mir kollektiv arbeiten wollten, und suchte nach einem passenden Lokal, um ebenfalls für 49 Personen spielen zu können. Ehe ich es fand, gab ich bei Jubal ab 8. Mai 1936 Gastspiele."[5]
Epps Wunsch für den von ihm verantworteten Spielplan war es, ein internationales, literarisch ambitioniertes Gegenwartsliteraturprogramm zusammenzustellen, das sich nicht zuletzt auch den humanistischen Idealen eines paneuropäischen Gedankens verschrieb. So standen unter anderen Stücke von Paul Claudel, Alfred de Musset, Carlo Goldoni und Rainer Maria Rilke auf dem Programm, daneben gab es Rahmenprogramme mit Lesungen, Konzerten und Kindertheater. Epp fasste sein Konzept selbst folgendermaßen zusammen: "Der Glaube, daß ein Theater, das sich eindeutig und mit aller Intensität zur Dichtung bekennt, einen Publikumskreis finden muss und ihm künstlerische, geistige und menschliche Werte vermitteln kann, gibt uns den Mut, dieses Theater 'Die Insel' – der Dichtung – zu schaffen. Als unser Ziel und als wesentlichste Aufgabe des Theaters betrachten wir die sorgfältigste Führung des Dialoges, um so die Musik des Wortes – der Dichtung – zum Klingen zu bringen und dem Hörer zu erschließen."[6] Und als Leon Epp 1945 seine "zweite Insel" eröffnete, erinnerte er mit folgenden Worten an seine erste Insel: "Als wir 1936 das Theater Die Insel begründeten, in einem kleinen, selbstgebauten Theater am Parkring, haben wir begonnen, der Dichtung zu dienen und durch die Verlebendigung der Darstellung die seelische Musik des Werkes zum Klingen zu bringen und dem Zuhörenden das unmittelbare Erlebnis des dichterischen Theaters zu erschließen."
Wenige Tage nach dem "Anschluss", noch im März 1938 wurde das Palais von der nationalsozialistischen Gemeindeverwaltung annektiert, das kleine Theater von der SS besetzt und das Arbeitskollektiv der Insel mit dem Argument des "Kulturbolschewismus" mit einem Arbeitsverbot belegt. Mit seiner Abschiedsvorstellung am 18. Juni 1938 musste die Insel für immer schließen. In einem Interview mit der Weltpresse, der damaligen Tageszeitung des Informationsdienstes der britischen Besatzungsmacht, erinnerte sich Epp 1946 an die Schließung: "Weil ein Kollektiv der nationalsozialistischen Kunstauffassung nicht entsprach, musste das Theater im Jahr 1938 sperren."
In einem Vortrag über das "Theater für 49" am Institut für Theaterwissenschaft im März 1946 hielt Robert Maria Prosl rückblickend über die "Kleine Insel" fest: "Das kleine Theater für 49 am Parkring im Deutschmeister-Palais war wirklich zu einer 'Insel der Dichtkunst' geworden, umbrandet von den Wogen des Alltags, die schließlich das kleine blühende Eiland verschlangen."
Schauspielerinnen und Schauspieler
Im Wien Geschichte Wiki gibt es 6 Einträge von Personen, die im Die Insel engagiert waren.
BildName des Bildes | Name | BerufBeruf | GeburtsdatumDatum der Geburt | SterbedatumSterbedatum |
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Gustaf Elger | Schauspieler | 1908 | 1991 | |
Elisabeth Epp | Schauspielerin | 26 Januar 1910 | 29 Oktober 2000 | |
Leon Epp | Schauspieler Regisseur Theaterdirektor | 29 Mai 1905 | 21 Dezember 1968 | |
Judith Holzmeister | Schauspielerin | 14 Februar 1920 | 23 Juni 2008 | |
Josef Meinrad | Schauspieler | 21 April 1913 | 18 Februar 1996 | |
Oskar Werner | Schauspieler | 13 November 1922 | 23 Oktober 1984 |
Literatur
- Sonja Balti: Modernes Theater – Die Komödie – »Die Insel« in der Komödie. Die theatrale Vergangenheit des Metro-Kinos. Eine kommentierte Dokumentation. Diplomarbeit, Univ. Wien. Wien 2002
- Verena Keil-Budischowsky: Die Theater Wiens. Wien: Zsolnay 1993 (Wiener Geschichtsbücher, 30-32), S. 224
- Angela Eder [Heide]: Zwischen Avantgardetheater und Papierrose. Die Insel in der Komödie, 1945–1951. Diss., Univ. Wien. Wien 2005
- Leon Epp: Über den Sinn und das Wesen unseres Theaters. In: Theater Die Insel in der Komödie. Wien 1945, o. S.
- Robert Maria Prosl: Die "Theater für 49". Vortrag, gehalten im Institut für Theaterwissenschaft an der Universität Wien am 22. März 1946. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Wiener Theaterforschung 1946-1947. Wien: Verlag Jugend und Volk 1949, S. 102–136
- Rudolf Weys: Literatur am Naschmarkt. Wien: Eigenverlag 1947, S. 38, S. 208
- Wir sprachen mit: Leon Epp. In: Weltpresse 116, 20. Mai 1946
Weblinks
- ↑ Robert Maria Prosl: Die "Theater für 49". Vortrag, gehalten im Institut für Theaterwissenschaft an der Universität Wien am 22. März 1946. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Wiener Theaterforschung 1946-1947. Wien: Verlag Jugend und Volk 1949, S. 102–136, hier S. 116.
- ↑ Robert Maria Prosl: Die "Theater für 49". Vortrag, gehalten im Institut für Theaterwissenschaft an der Universität Wien am 22. März 1946. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Wiener Theaterforschung 1946-1947. Wien: Verlag Jugend und Volk 1949, S. 102–136, hier S. 117.
- ↑ Robert Maria Prosl: Die "Theater für 49". Vortrag, gehalten im Institut für Theaterwissenschaft an der Universität Wien am 22. März 1946. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Wiener Theaterforschung 1946-1947. Wien: Verlag Jugend und Volk 1949, S. 102–136, hier S. 115.
- ↑ Robert Maria Prosl: Die "Theater für 49". Vortrag, gehalten im Institut für Theaterwissenschaft an der Universität Wien am 22. März 1946. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Wiener Theaterforschung 1946-1947. Wien: Verlag Jugend und Volk 1949, S. 102–136, hier S. 115.
- ↑ Robert Maria Prosl: Die "Theater für 49". Vortrag, gehalten im Institut für Theaterwissenschaft an der Universität Wien am 22. März 1946. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Wiener Theaterforschung 1946-1947. Wien: Verlag Jugend und Volk 1949, S. 102–136, hier S. 115.
- ↑ Robert Maria Prosl: Die "Theater für 49". Vortrag, gehalten im Institut für Theaterwissenschaft an der Universität Wien am 22. März 1946. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Wiener Theaterforschung 1946-1947. Wien: Verlag Jugend und Volk 1949, S. 102–136, hier S. 115 f.