Die Stephansspieler
48° 11' 32.68" N, 16° 20' 10.28" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die Stephansspieler spielten von 4. Oktober 1946 bis 30. Mai 1948 an der Adresse 15., Dingelstedtgasse 9.
Gespielt wurde im 399 Sitze fassenden Immakulata-Saal des Kalasantinerordens, in dem sich von 1912 bis 1932 auch ein gleichnamiges Kino befunden hatte.
Ideologischer Kern des Wiener Theaterensembles war es, unmittelbar nach dem Ende des NS-Regimes erneut humanistisches, christlich ( katholisch) geprägtes religiöses Theater zu machen. Die Idee dazu hatte Emmi Sehr, eine reiche Erbin ohne Theatererfahrung, die sich Heribert Kuchenbuch (1890–1985) als Organisator und Leiter der Unternehmung holte, der nach seiner Rückkehr aus der Emigration ab Frühling 1945 interimistischer Leiter des Reinhardt Seminars gewesen war. Heinz Röttinger, der hier wie auch an anderen Bühnen in Wien spielte und daneben Rezensionen schrieb, erinnerte sich später: "Sie war von dieser Idee des christlichen Theaters geradezu besessen."
Am 4. Oktober 1946 eröffnete das neu zusammengestellte, für die damalige Zeit ungewöhnlich fixe Ensemble im Saal des Klosters das neue Theaterunternehmen, dem Maria Lussnigg, Vilma Aknay, Klaramaria Skala, Renate Koerber-Straub, Arthur Popp, Hugo Riedl, Heinz Grohmann, Walter Eder und Heinz Röttinger zählten. Später kamen unter anderen Inge Brücklmeier, Hintz Fabricius, Josef Krastel, Martha Hartmann, Ilse Schram und einige andere hinzu. Es gab ein eigenes Kammerorchester, das von Josef Laska geleitet wurde; als Choreografin des Ensembles wirkte Ellinor Tordis.
Eröffnet wurde mit Emmet Lavérys erfolgreichem Drama Die erste Legion, das am Theater in der Josefstadt bereits mit Albert Bassermann als Pater gespielt worden war. Es folgten Stücke von Jerome K. Jerome (Der Fremde), Shakespeare (Der Londoner verlorene Sohn, Bearbeitung: Ernst Kamnitzer), Calderon (Der wundertätige Magus), Alpenländisches Weihnachtsspiel von Josef Neumair, Das Wächterspiel von Rudolf Henz und immer wieder Märchen der Gebrüder Grimm und von Wilhelm Hauff. Zum großen Hit des Ensembles wurde Hans Naderers Das unheilige Haus, das am 2. Mai 1947 seine Uraufführung hatte. Im Herbst 1947 folgte mit Eine Frau mit Grundsätzen erneut ein Stück von Naderer, zu Weihnachten dieses Jahres brachte man das Weihnachtsspiel Marienspiel heraus.
Die meisten Inszenierungen der folgenden Monate verantwortete Kuchenbuch selbst. Daneben fanden sich in den zwei Jahren des Bestehens des Theaters Walter Simmerl, Heinz Grohmann, Hans Kugelgruber, Jo Fürst, Karl Schwetter und Hermann H. Ortner als Regisseure.
Bereits im März 1947 verließ Kuchenbuch das Ensemble. Ihm folgte mit Karl Schwetter ein erfahrenerer Theaterkollege, dem es auch gelang, das Unternehmen noch einige Zeit aufrechtzuhalten, auch wenn er zu Jahresende im Nachrichtenblatt der Gruppe schrieb: "Die Stephansspieler hatten im abgelaufenen Arbeitsjahr mit großen Schwierigkeiten materieller Art zu kämpfen."
Ab 1947 wurde das Ensemble sowohl von der neu gegründeten "Gesellschaft zur Förderung christlicher Bühnenkunst" wie auch vom Unterrichtsministerium subventioniert.
Die Silvestergala des Jahres 1947 – Humor – nicht abgewertet – wurde von Ernst Waldbrunn inszeniert.
1948 kamen die Schauspiele Der Pfarrer vom blühenden Weinberg, Eine Nacht im trojanischen Krieg, Monsignors große Stunde und Hans Puxbaum sowie die Lustspiele Heimlichkeiten, Kabinettskrise und zuletzt Die vier Gesellen heraus.
Doch die Kritik an der Ausrichtung, die nicht konsequent genug war, wurde lauter, und trotz der Programmierung von Märchen und Schwänken erreichte das Ensemble nicht genug Publikum. Mit einem Abonnement, das jedoch zu teure Preise bot, konnte man ebenso wenig das erhoffte Ziel erreichen, nicht mehr als katholische Laiengruppe anerkannt zu werden. Herbert Mühlbauer schrieb im Wiener Kurier am 4. Februar 1948 nicht ohne Kritik auch am damaligen Rezeptionsverhalten: "Das Theater der Stephansspieler, bei seiner Gründung als Bühne für die Darstellung seelischer, religiöser Problematik gedacht, hat dieses Programm nicht aufrechthalten können. Problematik, welche auch immer, ist kein gefragter Artikel beim Theaterpublikum, am wenigsten jene, die unserer Zeit entstammt. Dem hat das Theater in der Dingelstedtgasse Rechnung getragen."
Anfang 1948 versuchte man mit einem Preisausschreiben vermehrt junge Autoren an die Unternehmung zu binden, was ebenso wenig gelang wie mit Aufrufen wie "Christliches Volk! Fördere dein Theater! Besuche das Theater der Stephansspieler" im Nachrichtenblatt die stetig wegbrechenden Zuschauerzahlen noch länger zu halten. Trotz zweier letzter großer Erfolge – Timmermans Der Pfarrer vom blühenden Weinberg in der Regie von Hans Kugelgruber und Lavérys Monsignors große Stunde, das ebenfalls von Kugelgruber in Szene gesetzt wurde, musste das Theater in der am 30. Mai 1948 geschlossen werden.
Karl Schwetter wurde bald darauf Teilhaber des ab diesem Jahr von Leon Epp als zweite Spielstätte der Insel in der Komödie geführten Renaissancetheaters und inszenierte von nun an auch an der Insel, die auch einen Teil des Stephansspieler-Ensembles übernahm, darunter Vilma Aknay (ab 1948), Arthur Popp (ab 1948) und Inge Brücklmeier (ab 1948) sowie ab 1946 bereits Hintz Fabricius und ab 1945 Klaramaria Skala, die parallel an beiden Theatern spielte. Maria Lussnigg wiederum hatte 1946 an der Insel gespielt, ehe sie im Dezember 1946 in der Dingelstedtgasse als Regisseurin von Alpenländisches Weihnachtsspiel auftrat.
Die Stephansspieler hielten sich noch einige Zeit ohne festen Spielort und gastierten unter anderem 1949 am Stadttheater und 1950 noch einmal mit einer von der Gesellschaft für christliche Bühnenkunst finanzierten Wiederaufnahme an der Insel: Im Juni gab man Naderers Das unheilige Haus (mit teilweisen Umbesetzungen), im Dezember Der verlorene Sohn als Leseaufführung.
Schauspielerinnen und Schauspieler
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Quellen
Literatur
- Evelyn Deutsch-Schreiner: Theater im Wiederaufbau. Zur Kulturpolitik der politischen Lager Österreichs. Wien: Sonderzahl 2001, S. 192 ff.
- Angela Eder (Heide): Zwischen Avantgardetheater und Papierrose. Die Insel in der Komödie 1945-1951. Diss., Univ. Wien. Wien 2005 (2 Bände)
- Herbert Lederer: Bevor alles verweht ... Wiener Kellertheater 1945 bis 1960. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1986, S. 51–57