Kurier, überregionale österreichische Tageszeitung.
Wiener Kurier
Der "Wiener Kurier" erschien ab 27. August 1945 als Blatt des amerikanischen Informationsdiensts (ab 1. September 1945 wurden in Wien auch Truppen der drei westlichen Alliierten stationiert; Besatzungszonen) und trug anfangs den Vermerk "Herausgegeben von den amerikanischen Streitkräften für die Wiener Bevölkerung" (Druck bei Waldheim-Eberle). Gegen Ende 1945 ging der Wiener Kurier zu einer Boulevardaufmachung über, was ihn 1946/1947 zur auflagenstärksten Zeitung des Landes machte.
Neben politischer Berichterstattung (innenpolitisch blieb das Blatt neutral, doch verschärfte sich allmählich die Haltung der sowjetrussischen Besatzungsmacht) war die Lokal- und Sportberichterstattung gut redigiert. Es gab anfangs nur die Sportbeilage "Sport-Kurier" und die Kulturseite, später dann auch Feuilleton, Kinder- und Frauenseite und samstags eine Kupfertiefdruckbeilage. Karl Farkas schrieb die Glossenreihe "Wiener Ringelspiel". Zu den Mitarbeitern gehörten Ingeborg Santner, Reinald Hübl, Peter Lafite, Heribert Meisel, Ernst Werner Nussbaum und Siegfried Weyr. Ab 16. Oktober 1954 erschien der Wiener Kurier nur noch wöchentlich, am 2. Juli 1955 stellte er abrupt sein Erscheinen ein.
Neuer Kurier
Unmittelbar nach der Umwandlung des "Wiener Kurier" in ein Wochenblatt erschien ab 18. Oktober 1954 der "Neue Kurier", den der Mühlengroßindustrielle Ludwig Polsterer mit Hilfe seines Konsulenten (Cosmopol-Film) Ernst Haeusserman (der amerikanischer Offizier gewesen war) erwarb und dessen Redaktion gänzlich in österreichischen Händen lag. Gedruckt wurde bei Waldheim-Eberle (1960 erwarb Polsterer das Unternehmen). Die außen- und innenpolitische Berichterstattung wurde ergänzt durch Rubriken und Glossen (bekannt wurden u. a. die Karikatur zum Tage, "Kurz, klar und unabhängig", "Menschlich gesehen" und "Menschlich gehandelt", "Ohne Politik", "Lili", "Fritz der Fratz" und "Strolchi"); auch die Wiener Lokalgeschichten erhielten entsprechenden Raum.
Von März bis November 1958 erschien der "Neue Kurier" dreimal, später zweimal täglich (Morgen- und Mittagsausgabe). Zu den Autoren des Blattes zählten Persönlichkeiten wie Jörg Mauthe oder Friedrich Torberg. 1963 bezog die Redaktion Quartier in der Seidengasse (Wien-Neubau). Unter Federführung von Chefredakteur Hugo Portisch war die Zeitung maßgeblich an der Initiierung des Rundfunk-Volksbegehrens beteiligt.
Kurier
1972/1973 verkaufte Polsterer aus gesundheitlichen Gründen die Zeitung an eine Gruppe von Industriellen, die dem Raiffeisen-Konzern nahestanden. Die Mittagsausgabe wurde eingestellt. Am 9. Juni 1978 erfolgte die Umwandlung der Kurier GmbH. & Co. Kommanditgesellschaft in eine Aktiengesellschaft. Ab 1982 wurde von Blei- auf Fotosatz umgestellt (letzter Bleisatzdruck am 19. September 1983 in der Seidengasse, erster Fotosatzdruck am 20. September in der neuen Druckerei in Inzersdorf [Baubeginn 1981]). Mit der Umstellung auf Offsetdruck kam auch Farbe in die Zeitung. Am 22. November 1984 wurde eine "Projektgruppe Redaktionssystem" gegründet, die die Umstellung auf elektronische Produktion vorbereitete. Mit 31. August 1987 nahm das neue Redaktionssystem seinen Betrieb auf und am 17. Juli 1988 konnte erstmals die komplette Zeitung über das neue System hergestellt werden.
Die seit Ende der 1970er Jahre erscheinenden Bezirksbeilagen wurden Ende 1987 eingestellt. 1988 stieg das deutsche Medienunternehmen "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" (WAZ) bei "Kurier" und "Kronenzeitung" ein und die gemeinsame Produktions- und Vertriebsgesellschaft "Mediaprint" entstand. Ab September 1989 erschien die Samstag-Beilage "Freizeit", andere Beilagen folgten; 1992 wurde der Sonntag-Kurier umgestaltet. Seit 22. Juni 1992 werden die Ausgaben für Westösterreich im Druckhaus Salzburg hergestellt. Weitere Layout-Änderungen folgten in den Jahren 1993, 2001 sowie im November 2013.
Heute gehört der "Kurier" zu 50,56 Prozent dem Raiffeisen-Konzern (via "PrintmedienbeteiligungsgmbH") und zu 49,44 Prozent der WAZ. Die Zeitung positioniert sich im Redaktionsstatut als unabhängig und frei von Einflüssen politischer Parteien und Interessengruppen. Sie strebt "umfassende, objektive und rasche Information, kritische und profilierte Kommentierung und gehaltvolle Unterhaltung" an. Die gesamtösterreichische Reichweite wird mit 7,3 Prozent (2018/2019) angegeben, wobei der regionale Schwerpunkt auf den Bundesländern Wien, Niederösterreich und Burgenland (mit jeweils rund 13 bis 15 Prozent) liegt.
Chefredakteure
- 1954-1958 Hans Dichand
- 1958-1967 Hugo Portisch
- 1967-1973 Eberhard Strohal
- 1973-1975 Hubert Feichtlbauer
- 1975 Gerd Bacher
- 1975-1979 Karl Löbl
- 1979-1986 Gerd Leitgeb
- 1986-1988 Günther Wessig
- 1988-1993 Franz Ferdinand Wolf
- 1993-2005 Peter Rabl
- 2005-2010 Christoph Kotanko (zuvor 2003-2005 geschäftsführend)
- 2010-2018 Helmut Brandstätter
- seit 2018 Martina Salomon
Literatur
- Kurt Paupié: Handbuch der Österreichischen Pressegeschichte 1848-1959. Band 1. Wien: Wilhelm Braumüller 1960, S. 190 ff.
- Hermann Stöger: Der Kurier - Geschichte und Struktur: Der Weg zur Million. In: Franz Ivan u.a. [Hg.]: 200 Jahre Tageszeitung in Österreich 1783 - 1983. Festschrift und Ausstellungskatalog. Wien: Österreichische Nationalbibliothek [u.a.] 1983, S. 161 ff.
- Hermann Stöger: So stand's im Kurier. 25 Jahre Zeitgeschichte im Spiegel einer Zeitung. Wien: Kurier Zeitungsverlag 1979
- Peter Rabl [Hg.]: Zeit. Zeitung. Zeitgeschehen - 50 Jahre Kurier. 1954-2004. Wien: Kurier Zeitungsverlag 2004
- Kurier, 08.10.1993, 23.03.1993
- Kurier: Die Geschichte des Kurier [Stand: 08.02.2017]
- Kurier: Das Redaktionsstatut [Stand: 08.02.2017]
- Medien in Österreich. Wien: Bundeskanzleramt 2014 [Stand: 08.02.2017]
- Media-Analyse 2018/2019 [Stand: 13.01.2020]