Jörg Mauthe
Jörg Mauthe, * 11. Mai 1924 Wien, † 29. Jänner 1986 Wien, Journalist, Schriftsteller, Politiker.
Biografie
Jörg Mauthe wurde als Sohn des Journalisten Hans Mauthe und dessen Frau Anna geboren. Er besuchte die evangelische Volksschule in Wien Währing und danach das humanistische Gymnasium im 18. Bezirk, an dem er 1942 die Matura ablegte. Anschließend inskribierte er an der Universität Wien die Fächer Kunstgeschichte, Germanistik und Archäologie. Nach kriegsbedingten Unterbrechungen promovierte er 1948 mit einer Dissertation über die Venezianischen Palastbauten des 12. und 13. Jahrhunderts zum Dr. phil.
Noch während seiner Studienzeit hatte Jörg Mauthe seine publizistische Laufbahn als Lektor im "Wiener Verlag" begonnen; dort erschien auch seine erste größere Publikation, die Anthologie "Wiener Meisterfeuilletons" (1946). Etwa zur selben Zeit trat er als Kunstkritiker in die Wochenzeitung "Die Furche" ein, in der er unter Chefredakteur Friedrich Funder bis 1950 tätig war. Danach wurde Mauthe vom Sender der amerikanischen Besatzungsmacht, "Rot-Weiß-Rot", engagiert, bei dem er das "Script Department" und bald darauf die gesamte Abteilung Wort leitete. Zusammen mit Peter Weiser, Walter Davy und Ingeborg Bachmann gestaltete er eine Reihe von populären, meist wöchentlichen Sendungen, etwa die "Radiofamilie" (später "Familie Floriani") und den "Watschenmann".
Im Jahr 1953 übernahm er zusätzlich noch die Position des Kultur-Ressortchefs in der Tageszeitung "Die Presse", die er ein Jahr lang innehatte. Nach der durch den Staatsvertrag bedingten Einstellung des Senders "Rot-Weiß-Rot" betätigte er sich als freier Schriftsteller, als Redakteur der "[[Austria-Wochenschau GmbH|Austria-Wochenschau" sowie als Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks.
1960 folgte ein neuerlicher Berufswechsel: Jörg Mauthe ging zur neu gegründeten Österreichischen Telefilm AG, in der er als künstlerischer Leiter und ab 1967 als Geschäftsführer zahlreiche kleinere und größere Filme schrieb und produzierte, die angesichts ihrer literarischen Qualität vor allem von deutschen Fernsehstationen geschätzt wurden.
1969 folgte der Journalist einem Angebot des damaligen ORF-Generalintendanten Gerd Bacher und trat, zunächst als Chefdramaturg, bald darauf als Leiter der Hauptabteilung für Programmplanung und Koordination, in den Österreichischen Rundfunk ein. 1975 verließ Jörg Mauthe den ORF und erwarb sich als "Watschenmann"-Kolumnist der Tageszeitung "Kurier" innerhalb kurzer Zeit auch auf diesem journalistischen Gebiet einen besonderen Ruf. Ab Oktober 1980 gab er die Zeitschrift "Wiener Journal" heraus.
Im Oktober 1978 wurde der parteilose Publizist von der Österreichischen Volkspartei als einer der "bunten Vögel" Erhard Buseks zur Mitarbeit in der Wiener Kommunalpolitik gewonnen. Er gehörte dem Wiener Gemeinderat von November 1978 bis Mai 1983 und dem Stadtsenat als Stadtrat ohne Portefeuille von November 1978 bis Jänner 1986 an. Dabei engagierte sich Mauthe vor allem in Fragen der Stadtbilderhaltung und Denkmalpflege sowie der Wiederbelebung des originalen Wienerlieds und der Beislkultur. Ebenso gilt er als geistiger Vater des Wiener Stadtfestes und der Grätzelfeste zur Belebung lokaler Identität. Anlässlich des Konfliktes um den Bau eines Kraftwerks in den Donauauen bei Hainburg trat der bekennende Umweltschützer in vorderster Front als Gegner des Projekts auf. Gemeinsam mit Günther Nenning entwarf er 1984 ein "Schönheits-Manifest".
Die Liste der Publikationen ist umfangreich, wobei sich der Autor besonders der Eigenart Wiens bzw. der Wienerinnen und Wiener annahm. Als Fernsehautor hatte Mauthe seinen größten Erfolg mit der Serie "Familie Merian".
Jörg Mauthe starb am 29. Jänner 1986 nach einem Krebsleiden, über das er in seinem posthum erschienenen autobiografischen Buch "Demnächst" schrieb. Seine Urne wird auf seinen Wunsch in der Mollenburg bei Weiten im Waldviertel, die er in den 1970er Jahren erworben und restauriert hatte, aufbewahrt. Die Stadt Wien ehrte ihn mit der Enthüllung einer Gedenktafel an seinem ehemaligen Wohnhaus 9., Günthergasse 1, bei der Votivkirche. 1991 wurde an der Kreuzung Berggasse/Servitengasse/Schlickgasse im 9. Bezirk der Jörg-Mauthe-Platz nach dem Publizisten und Politiker benannt.
Der Nachlass Jörg Mauthes wurde 2008 von der Wienbibliothek im Rathaus aus Familienbesitz gekauft. In 23 Archivboxen und einer Mappe umfasst er Werkmanuskripte, Briefe, Lebensdokumente sowie Sammlungen des Publizisten.
Quellen
- Wienbibliothek im Rathaus: Nachlass Jörg Mauthe
- Wienbibliothek Digital: Jörg Mauthe
- Wienbibliothek im Rathaus/Tagblattarchiv: Mauthe, Jörg [Sign.: TP-032949]
Literatur
- Markus Kóth: "Aber es handelt sich eben um ein phantastisches Land". Das Österreichbild in den literarischen Werken Jörg Mauthes – ein Beitrag zur Identitätsgeschichte der Zweiten Republik. Wien: Praesens 2009
- Nachdenkbuch von Österreichern für Jörg Mauthe. Wien: Club Niederösterreich 2006
- ÖVP Wien: VP-Hahn: "Multitalent Jörg Mauthe war Motor der Wiederentdeckung Wiens". OTS-Presseaussendung, 27.01.2006 [Stand: 17.05.2023]
- 10. Todestag von Jörg Mauthe. In: Rathauskorrespondenz, 24.01.1996
- Peter Bochskanl [Hg.]: Jörg Mauthe. Sein Leben auf 33 Ebenen. Erinnerungen und & Visionen. Wien: Wiener Journal Zeitschriftenverlag 1994
- Dieter Schmutzer: Wienerisch g’redt. Geschichte der Wiener Mundartdichtung. Wien: Der Apfel 1993, S. 29 f.
- Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik. Wien: Ueberreuter 1992
- Rathauskorrespondenz, 30.01.1986