Besatzungszonen

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Zonentafel (1949) am Donaukanal; im Hintergrund die Roßauer Kaserne
Daten zum Objekt

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Österreich von 1945 bis 1955 durch sowjetische, US-amerikanische, britische und französische Truppen besetzt (siehe Alliierte Besatzung). Gemäß einem von ihnen verabschiedeten Zonenabkommen vom 9. Juli 1945 teilten die vier Mächte das Land in Besatzungszonen, in denen unter der Aufsicht des Alliierten Rates die Militär- beziehungsweise Hochkommissare der Alliierten die oberste Gewalt inne hatten. Wien sollte demnach in vier getrennten Sektoren sowie einer gemeinsam geleiteten Interalliierten Zone verwaltet werden.

Dem Zonenabkommen waren lange Verhandlungen zwischen den Alliierten vorausgegangen, die sich besonders hinsichtlich der Sektorenaufteilung Wiens schwierig gestaltet hatten. Darin ging es unter anderem um Fragen der freien Zufahrt durch das sowjetisch besetzte Niederösterreich nach Wien, der zur Verfügung stehenden Flugplätze (im Ergebnis wurde der Flugplatz bei Tulln für die US-Amerikaner und der Flugplatz Schwechat für die Briten und Franzosen bei gleichzeitiger Garantie der freien Zufahrt zu den Sektoren garantiert) sowie der Bezirksverteilung (die Briten versuchten erfolglos, eine Teilung ihres Sektors durch den Austausch der Bezirke drei und elf gegen vier und zehn zu erreichen).

Aufteilung der Besatzungszonen in Österreich und der Sektoren in Wien

Die vier Besatzungszonen wurden folgendermaßen in Österreich verteilt: Die französische Zone erstreckte sich – vorerst unter Emile Béthouart – über Vorarlberg und Tirol (ohne Osttirol), die britische – zu Beginn unter Richard L. McCreery – über die Steiermark und Kärnten (mit Osttirol), die US-amerikanische – anfangs unter Mark W. Clark – über Salzburg und Oberösterreich (ohne das Mühlviertel) und die sowjetische – zuerst unter Ivan S. Konev – über das Burgenland, das Mühlviertel und Niederösterreich (ohne Wien in den Grenzen von 1937/1938).

Die Einteilung Wiens orientierte sich an den Grenzen vom 31. Dezember 1937, sodass die am 15. Oktober 1938 durch die nationalsozialistische Herrschaft eingemeindeten 97 niederösterreichischen Ortsgemeinden komplett bei der Wien umgebenden sowjetischen Zone Österreichs verblieben. Aus diesem Grund legte die Sowjetunion auch gegen das Gebietsänderungsgesetz von 29. Juni 1946 (Wien) beziehungsweise 26. Juli 1946 (Bund), das eine Rückgliederung von nur 80 der 97 Ortsgemeinden nach Niederösterreich vorsah, ihr Veto ein (siehe Bezirke).

Schließlich erfolgte die Aufteilung der Sektoren in Wien so, dass die Bezirke zwei, vier, zehn, 20, 21 und 22 den sowjetischen Sektor, die Bezirke sieben, acht, neun, 17, 18 und 19 den US-amerikanischen Sektor, die Bezirke sechs, 14, 15 und 16 den französischen Sektor und die Bezirke drei, fünf, elf, zwölf und 13 den britischen Sektor bildeten. Der erste Bezirk wurde als Interalliierte Zone verwaltet.

Nachdem die Sowjetunion die Stadt bereits im April 1945 besetzt hatte, marschierten die westlichen Alliierten am 1. September 1945 in Wien ein und verlegten ihre Hauptquartiere nach Wien, die sich folglich in der interalliierten Zone bzw. in den jeweiligen Sektoren befanden: Das Hotel Imperial (1, Kärntner Ring 16) bildete das Hauptquartiert der Sowjetunion, die Österreichische Nationalbank (9, Otto-Wagner-Platz 3) war das Hauptquartier der USA, das Hotel Kummer (6, Mariahilfer Straße 71) jenes Frankreichs und das Schloss Schönbrunn (13, Schönbrunner Schloßstraße) jenes Großbritanniens.

Zusätzlich zu den für ganz Österreich geltenden Einrichtungen der Alliierten Besatzung bestanden in Wien die Interalliierte Kommandantur zur Verwaltung und die Interalliierte Militärpatrouille als deren ausführendes Organ. Zusätzlich verfügte jede der Besatzungsmächte über eine eigene Militärpolizei, die jedoch nur im jeweils eigenen Sektor agieren durfte.

Besatzungszonen und Besatzungspolitik

Hinsichtlich der Besatzungspolitik bestanden maßgebliche Unterschiede in der Ausführung je nach Zone und Besatzungsmacht. So war der Beginn in der unmittelbaren Nachkriegszeit generell maßgeblich von militärischer Besatzung, Bevormundung und Kontrolle geprägt, wohingegen sich mit fortschreitender Zeit allmählich verschiedene Arten der Kontrolle, der Politik und der Diplomatie in den Besatzungszonen herausbildeten.

Die Besatzungszonen waren vor allem in der ersten Zeit der Besatzung streng von einander getrennt, was sowohl die Bewegungsfreiheit der österreichischen Bevölkerung als auch den Waren- und Güterverkehr zwischen den Zonen stark einschränkte. So war beispielsweise bis 16. August 1946 bei Zonenübertritt in Österreich eine "Alliierte Reiseerlaubnis" nötig. Auch die Sektoren in Wien waren bis Herbst 1946 streng von einander getrennt – bei der sowjetischen Zone bestand diese Separation teils bis 1953.

Aufgelöst wurden die Besatzungszonen mit der Ratifizierung des österreichischen Staatsvertrages im Sommer 1955 bzw. beim unmittelbar folgenden Abzug der alliierten Truppen.

Spielfilm

Das vierfach besetzte Nachkriegs-Wien war Kulisse für den 1949 fertiggestellten Spielfilm Der dritte Mann, der weltweite Bekanntheit erreichte.

Literatur

  • William B. Bader: Österreich im Spannungsfeld zwischen Ost und West 1945-1955. Wien: Braumüller 2002, S. 56
  • Siegfried Beer: Die "Befreiungs- und Besatzungsmacht" Großbritannien in Österreich, 1945-1955. In: Die Gunst des Augenblicks. Neuere Forschungen zu Staatsvertrag und Neutralität. Hg. von Manfried Rauchensteiner, Robert Kriechbaumer. Wien / Köln / Weimar: Böhlau Verlag 2005 (Schriftenreihe des Forschungsinstituts für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg, 24), S. 23-74, hier: 23
  • Marcus Denk: Zerstörung als Chance? Städtebauliche Grundlinien, Leitbilder und Projekte in Wien 1945-1958. Duisburg / Köln: WiKu-Verlag 2008, S. 112
  • Karl Fischer: Die Vier im Jeep. Die Besatzungszeit in Wien 1945-1955. Wien: Wiener Stadt- und Landesarchiv 1985 (Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 1/1985), S. 3, 5 f.
  • Ela Hornung, Margit Sturm: Stadtleben. Alltag in Wien 1945 bis 1955. In: Österreich 1945-1955. Gesellschaft, Politik, Kultur. Hg. von Reinhard Sieder, Heinz Steinert, Emmerich Tálos. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1995 (Österreichische Texte zur Gesellschaftskritik, 60), S. 54-67, hier: 61
  • Manfred Rauchensteiner: Kriegsende und Besatzungszeit in Wien 1945-1955. In: Wiener Geschichtsblätter 30. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1975, S. 107
  • Johannes Sachslehner: Wien. Stadtgeschichte kompakt. Wien: Pichler Verlag 1998, S. 213