Rote Armee im Lainzer Tiergarten
Der Lainzer Tiergarten gehörte von 1945 bis 1955 komplett der sowjetischen Besatzungsmacht, da dieser besatzungsrechtlich nicht der Viersektorenstadt Wien, sondern dem sowjetisch besetzten Niederösterreich zugeordnet war. Die sowjetische Besatzungszone inkludierte den 23. und Teile des heutigen 13. Bezirks. Bei der Redimensionierung von Wien nach der NS-Zeit und Besatzungszeit wurde der Tiergarten 1954 dem 23. Bezirk (Liesing) zugeordnet, 1956 in den 13. Bezirk (Hietzing) transferiert. In dieser Zeit wurde der Forst- und Wildbestand durch die sowjetische Besatzung stark dezimiert.
Aktivitäten der Roten Armee im Tiergarten
Ende März 1946 wurde der Wiener Stadtregierung berichtet, dass sich sowjetische Truppen im Lainzer Tiergarten einquartiert hätten, um dort Militärübungen abzuhalten. Dabei wurde die Infrastruktur und die von den umliegenden Gemeinden benötigten Anbauflächen beschädigt, sowie die Wiener Bevölkerung durch die Nutzung scharfer Munition gefährdet. Bisherige Bitten des Leiters des Stadtforstamtes (Magistratsabteilung 49 - Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb) zum Einstellen oder Abzuges der Truppen seien bisher vergebens gewesen. Sie besetzten die Hermesvilla und errichteten Sommerlager auf Wiesen, wofür sie Bretter aus den letzten vorhandenen Futterstadeln und dem Forsthaus Hirschgstemm entnommen haben, wodurch diese Objekte endgültig demoliert wurden. Auf den Äckern und Wiesen fanden Truppenübungen statt, wodurch kein Frühjahrsanbau möglich war, die bereits geackerte Flächen wurden eingeebnet und hätten neu geackert und bestellt werden müssen, denn auf den Winterfruchtfeldern weideten Pferde, genauso wie auf den Wiesen, die für die Zugtiere der Tiergartenverwaltung und das Nutzvieh der umliegenden Ortschaften vorgesehen war. Hinzu kamen willkürliche und fallweise Absprengungen ohne vorherige Mitteilung, wodurch keine Arbeitseinteilung möglich war. Die Übungen fanden nicht nur unter Tags, sondern auch in der Nacht, mit Artillerie, Panzern und ähnlichem statt.
Intervention bei der Stadtkommandantur
Der Lainzer Tiergarten war außerdem seit dem 07. April 1946 wieder für die allgemeinen Besucher zugänglich, dies war jedoch aufgrund der aktuellen Situation mehr als gefährlich. Daher bat der Leiter des Stadtforstamtes den Wiener Bürgermeister Theodor Körner um eine Intervention bei der sowjetischen Stadtkommandantur und um eine Sicherung des Anbaus von Ackerflächen von rund 60 Hektar für die schon Saatgut wie Sommerweizen, Gerste, Hafer, Kartoffeln und dergleichen beschafft wurde.
Inzwischen fanden erneute Übungen auf der Hohenauer Wiese und Umgebung statt, wobei auch zwei schwere Panzer zum Einsatz kamen und die Wiese beschädigten. Für weitere Nachtübungen kamen ca. 400 Mann mit PAK-Geschützen, MGs, Granatwerfern und andern schweren Waffen. Die Pferde grasten weiterhin die Wiesen kahl, man befürchtete schwere Schäden wie in den Kriegsjahren. Die Intervention beim sowjetischen Stadtkommandant Generalleutnant Nikita Lebedenko dürfte jedoch doch noch Wirkung gezeigt haben, denn Mitte April kamen zwei sowjetische Offiziere mit Vertretern der Ortsgemeinde Mauer zur städtischen Forstverwaltung Lainz und verlangten einen sofortigen Pachtvertrag für die Hohenauer Wiese als Schießplatz.
Diese Wiese befindet sich gleich beim Lainzer Tor, südlich von der Straße zur Hermesvilla. Am Südende liegt der große Wasserbehälter (Hohenauer Teich) der städtischen Wasserwerke und in der Nähe der Straße das Forsthaus der Revierleitung Lainz. Diese Wiese ist zur Nutzung seit Jahren an die Bewohner der Siedlung Friedensstadt und die umliegenden Ortschaften vergeben, die das Futter der Wiese für die Kleintierhaltung benötigen. Die sowjetischen Offiziere verlangten ungefähr ein Viertel bis ein Drittel der 49 Hektar großen Hohenauer Wiese für den Schießplatz.
Tausch
Da diese schon seit längerem von sowjetischen Truppen als Schießplatz und Übungsgelände beansprucht und auch genutzt wurde, weswegen die ganze Wiese abgesperrt war und daher aktuell keine Nutzung als Futterwiese oder der Verkehr zum Forsthaus nicht möglich war, was den Oberförster und die andere betroffenen Parteien störte. Wenn diese Wiese als Futterplatz für die Nutztiere der Friedensstadt wegfallen würde, würden diese dazu genötigt sein, ihre Tiere zu schlachten oder abzustoßen. Daher kam der Vorschlag für die Stockwiese, die etwa einen Kilometer südwestlich der Hohenauer Wiese liegt, abseits vom Verkehr und mit 19 Hektar groß genug für einen Schießplatz. Außerdem war die Bodengüte dort schlechter, daher hatte man kaum einen Verlust durch Nichtnutzung. Daher erfolgte eine nochmalige Intervention für die Stockwiese statt der Hohenauer Wiese als Schießplatz und die Ermächtigung für die Magistratsabteilung 49- Stadtforstamt einen Pachtvertrag abschließen zu dürfen.