Firmenunterlagen

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Merkantilprotokoll des Wiener Merkantil- und Wechselgerichts
Daten zum Begriff
Art des Begriffs Quellenkunde
Andere BezeichnungAndere Bezeichnung für diesen Eintrag Handelsregister, Merkantilprotokoll
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Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Handelsgericht, Merkantilgericht
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BildnameName des Bildes Merkantilprotokoll.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Merkantilprotokoll des Wiener Merkantil- und Wechselgerichts

Die Firma ist rechtlich gesehen der Name, unter dem eine kaufmännisch tätige Person im Handel ihre Geschäfte betreibt. Umgangssprachlich ist damit jede Art von Betrieb oder Unternehmung gemeint, die erwerbswirtschaftlich ausgerichtet ist. Die Abgrenzung zwischen Gewerbe, Handwerk, Betrieben und Handel ist fließend und wird in erster Linie nach juristischen Gesichtspunkten vorgenommen.

Unter Firmenunterlagen versteht man jene Form von Wirtschaftsunterlagen, die durch die Registrierungs- und Protokollierungspflicht der Handelsstände durch die Wiener Wechselordnung von 1717 entstanden sind. Darüber hinaus versteht man unter Firmenunterlagen aber auch all jene Aufzeichnungen eines Unternehmens, die die wirtschaftliche Tätigkeit dokumentieren und gegebenenfalls in einem Firmenarchiv verwahrt werden.

Entwicklung

Bereits im Mittelalter war der Handel von großer Bedeutung für die Entwicklung der Stadt Wien. Urkunden wie das Niederlagsprivileg von 1281, in dem das sogenannte Stapelrecht geregelt wurde, schufen einen rechtlichen Rahmen für das wirtschaftliche Handeln in und mit der Stadt.

Die Regulierung von Handwerk und Gewerbe erfolgte einerseits durch die Gewerbetreibenden selbst, die sich in Zünften zusammenschlossen, andererseits durch die Obrigkeit, die durch Handwerksordnungen die Ausbildung der Handwerker, ihre Rechte und Pflichten, aber auch die Qualität der Ware vorschrieben. Durch den Zusammenschluss von Berufsgruppen in Innungen, die sich selbst organisierten und zu diesem Zweck eigenes Schriftgut produzierten, sollte der Zugang zum Markt reglementiert werden.

Im frühen 18. Jahrhundert wurde mit dem Merkantilgericht ein eigener Gerichtsstand für Handels- und Kaufleute eingeführt. In der Wiener Wechselordnung von 1717 wurde zudem die Protokollierung der Gesellschafter bei Handelsfirmen festgelegt. Im Jahr 1725 wurde diese Regelung verschärft und eine allgemeine Registrierungspflicht der Kaufleute in Wien im Merkantilprotokoll vorgeschrieben. Diese Merkantilprotokolle sind von 1725 bis 1863 erhalten geblieben.

Mit der Einführung des „Allgemeinen Handelsgesetzbuchs“ am 1. Juli 1863 kam es zu einer umfassenden Änderung der Handelsangelegenheiten. Das bereits 1850 geschaffene Handelsgericht wurde mit der Führung des Handelsregisters betraut. Das Handelsregister war in zwei Gruppen unterteilt, ein E-Register für Einzelfirmen und ein Ges-Register für Gesellschaften. Diese Form der Registerführung wurde 1906 novelliert. In Gruppe A wurden Einzelkaufleute, Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften geführt, in Gruppe B die Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien und in Gruppe C die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH).

Die in Deutschland durch die Handelsregisterverfügung vom 12. August 1937[1] geänderte Registerführung führte nach 1938 auch in Österreich zu einer Änderung in der Art der Führung der Handelsregister.[2] In der Handelsregister Abteilung A (HRA) wurden Einzelkaufleute, offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften geführt, in Abteilung B (HRB) Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Versicherungsvereine. Die Umschreibung der bisherigen Register begann im Frühjahr 1939 und wurde nach Kriegsende abgeschlossen.[3]

Am 1. Jänner 1991 trat das Firmenbuchgesetz in Kraft, das die Einrichtung und Führung des Handels- und Genossenschaftsregisters neu regelte.[4] Die Urkundensammlungen aller Firmenbuchgerichte werden seit 11. Juli 2005 elektronisch geführt. Seit 2006 können Eingaben und Beilagen im Firmenbuchverfahren elektronisch eingebracht werden.[5]

Aufbau

Die im Folgenden dargestellten Firmenunterlagen sind geordnet nach den Institutionen, die die Registrierung und Protokollierung von Firmen vorgenommen haben und dafür Amtsbücher und Akten angelegt haben. Zusätzlich wird eine Auswahl an gedruckten Handels-Schematismen und Adressbüchern vorgestellt.

Tabelle zu Firmenunterlagen von 1725 bis 1850

Das Merkantilprotokoll 1. Reihe wurde von 1725 bis 1850 vom Merkantil- und Wechselgericht in Buchform geführt. Akten sind ab 1758 vorhanden.

Art der Firmenunterlagen Ordnung Verwahrung des Schriftgutes heute
Merkantilprotolle zu Handels- und Kaufleuten Band 1 chronologisch ohne Unterteilung mit jüdischen Firmen am Ende des Bandes, Band 2 bis 7 chronologisch nach Firmeneintrag und alphabetisch nach Firmenname Wiener Stadt- und Landesarchiv, Merkantil- und Wechselgericht, B6 – Merkantilprotokoll, 1. Reihe
Firmenakten zu Handels- und Kaufleuten Alphabetisch nach erstem Buchstaben des Firmennamens und Zahl aus dem Merkantilprotokoll Wiener Stadt- und Landesarchiv, Merkantil- und Wechselgericht, A3 – Faszikel 3 – Firmenakten, 1. Reihe (erst ab 1758)

Tabelle zu Firmenunterlagen von 1850 bis 1863

Das Merkantilprotokoll 2. Reihe wurde von 1850 bis 1863 geführt.

Art der Firmenunterlagen Ordnung Verwahrung des Schriftgutes heute
Merkantilprotolle zu Handels- und Kaufleuten Bände chronologisch nach Firmeneintrag und alphabetisch nach Firmenname Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B3 – Merkantilprotokoll, 2. Reihe
Firmenakten zu Handels- und Kaufleuten Alphabetisch nach erstem Buchstaben des Firmennamens und Zahl aus dem Merkantilprotokoll Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A4 – Faszikel 3 – Firmenakten, 2. Reihe

Tabelle zu Firmenunterlagen von 1863 bis 1906

Die zwischen 1863 und 1906 in Wien niedergelassenen Firmen sind in Einzelfirmen und Gesellschaften unterteilt. Zu Einzelfirmen sind keine Akten vorhanden.

Art der Firmenunterlagen Ordnung Verwahrung des Schriftgutes heute
Register der Einzelfirmen Einträge chronologisch nach Ersteintrag, einzeln erschlossen Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B74 – E-Register
Register der Gesellschaften Einträge chronologisch nach Ersteintrag, einzeln erschlossen Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75 – Ges-Register (Einträge bis 1938 möglich)
Handelsregisterakten zu Gesellschaften Akten geordnet nach Band und Pagina des Ersteintrags im Register Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A42/1 – Ges-Registerakten
Registerakten mit Statuten zu Gesellschaften Akten geordnet nach fortlaufender Zahl, einzeln erschlossen Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A42/2 – Registerakten: Statuten

Tabelle zu Verlassenschaften von Firmeneigentümern 1856 bis 1931

Verlassenschaften von Firmeneigentümern.

Art der Firmenunterlagen Ordnung Verwahrung des Schriftgutes heute
Namensverzeichnis zu Verlassenschaften Register alphabetisch nach Nachname und chronologisch nach Sterbedatum geordnet Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B86 – A - Nv: Verlassenschaften
Verlassenschaftsabhandlungen geordnet nach Zahl und Jahr von 1854 bis 1897 Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A2 – A - Verlassenschaftsabhandlungen
Verlassenschaftsabhandlungen geordnet nach Zahl und Jahr von 1898 bis 1931 Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A11 – A - Verlassenschaften


Tabelle zu Firmenunterlagen von 1906 bis 1938

Die Offenen Handelsgesellschaften, Einzelkaufleute, Kommanditgesellschaften, Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung wurden ab 1906 in drei Registerserien geführt. Obwohl die Handelsregister A, B und C offiziell bis 1938 geführt wurden, sind darin vereinzelt Einträge bis 1945 vorhanden.

Art der Firma Ordnung Verwahrung des Schriftgutes heute
Handelsregister A: Offene Handelsgesellschaften Einträge chronologisch nach Ersteintrag, einzeln erschlossen Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B76 – Handelsregister A
Handelsregister A - Registerakten der aufgelassenen Firmen: Offene Handelsgesellschaften Akten geordnet nach Band und Pagina des Ersteintrags im Register Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A43 – A - Registerakten
Handelsregister B: Aktiengesellschaften Einträge chronologisch nach Ersteintrag, einzeln erschlossen Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B77 – Handelsregister B
Handelsregister B - Registerakten der aufgelassenen Firmen: Aktiengesellschaften Akten geordnet nach Band und Pagina des Ersteintrags im Register Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A44 – B - Registerakten
Handelsregister C: Gesellschaften mit beschränkter Haftung Einträge chronologisch nach Ersteintrag, einzeln erschlossen Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B78 – Handelsregister C
Handelsregister C - Registerakten der aufgelassenen Firmen: Gesellschaften mit beschränkter Haftung Akten geordnet nach Band und Pagina des Ersteintrags im Register Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A45 – C - Registerakten


Tabelle zu Firmenunterlagen von 1939 bis 1990

Ab 1939 wurden Firmenunterlagen wieder in zwei Serien geführt. Das gedruckte Handelsregister beinhaltet die HRA- oder HRB-Zahl, nach der die Registerakten geordnet sind.[6]

Art der Firma Ordnung Verwahrung des Schriftgutes heute
HRA - Registerakten der aufgelassenen Firmen: Einzelkaufleute, Offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und juristische Personen geordnet nach HRA-Zahl, einzeln erschlossen Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A47 – HRA Registerakten
HRB - Registerakten der aufgelassenen Firmen: Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit geordnet nach HRB-Zahl Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A48 – B - Registerakten

Gedrucktes Handelsregister von 1948 bis 1990

Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gibt es mit dem Handelsregister Wien: mit dem genauen Wortlaut der amtlichen Protokollierung. Wien: Jupiter-Verlag 1948-1990 eine gedruckte Quelle, von der einige Jahrgänge (1949, 1955, 1966, 1976, 1986) online verfügbar sind.

Tabelle zu Firmenunterlagen ab 1990

Das 1990 eingeführte Firmenbuch wird im Handelsgericht elektronisch geführt.

Art der Firma Ordnung Verwahrung des Schriftgutes heute
Firmenbuchakten von zwischen 1990 und 2001 gelöschten Firmen geordnet nach Firmenbuchnummer, einzeln erschlossen Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, A49 – FB-Akten


Tabelle zu gedruckten Firmenverzeichnissen

Bereits im 18. Jahrhundert wurden Versuche unternommen, die in Wien ansässigen Firmen in gedruckten Schematismen zu erfassen. Im Laufe der Zeit wurden diese immer umfangreicher und wuchsen zu eigenständigen Reihen heran. Die folgende Liste enthält eine Auswahl gedruckter Firmenverzeichnisse (mit Fokus auf bereits digitalisierte Werke).

Zeitraum Publikation
1766 Oesterreichisches Mercantill-Schema, oder Verzeichniß aller Künstler, Manufakturisten, Fabrikanten, und Profeßionisten (...)
1782-1798 Wienerisches Kommerzialschema
1811 Handlungs Gremien und Fabricken Schematismus von Wien und NiederOestreich
1812-1822 Handlungs-Gremien und Fabriken Adressen Buch
1844-1863 Handels- und Gewerbs-Schematismus von Wien und dessen nächster Umgebung, später unter dem Titel: Handels- und Gewerbe-Adressenbuch (…)
1855-1859 Firmenbuch. Enthaltend nach alphabetischer Ordnung alle bei dem hohen k. k. Handelsgerichte in Wien protokollirten Handels-, Fabriks- und Gewerbs-Firmen mit Angabe ihrer Domicile
1867-1877 Handels- und Gewerbe-Adressbuch des österreichischen Kaiserstaates
1924-1938, 1950-1954 Adressbuch von Oesterreich für Industrie, Handel, Gewerbe
1949-1990 Handelsregister Wien, Handelsregister Wien (digitalisierte Bände)
1991-1995 Firmenbuch Österreich

Weitere wichtige gedruckte Informationsquellen stellen die in der Wiener Zeitung veröffentlichten Kundmachungen zu Firmen einerseits und der Abschnitt "protokollierte Firmen" sowie das Branchenverzeichnis in Lehmanns Adressbuch andererseits dar.[7]

Betriebsanlagengenehmigungen

In seltenen Fällen sind Betriebsanlagengenehmigungen in den Gewerbeunterlagen der Magistratischen Bezirksämter erhalten geblieben. Für den 7. Bezirk ist darüber hinaus eine Serie zu Betriebsanlagengenehmigungen auf Seiten des Stadtbauamts erhalten.[8]

Literatur

  • Franz Mathis, Big Business in Österreich. Bd. I-II, Wien 1987, 1990
  • Alfred Waldstätten: Staatliche Gerichte in Wien seit Maria Theresia. Beiträge zu ihrer Geschichte. Ein Handbuch. Innsbruck/Wien: StudienVerlag 2011 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 54)
  • Stefan Wedrac: Die Anfänge der Wiener Handelsgerichtsbarkeit im 18. Jahrhundert. In: Thomas Olechowski / Christoph Schmetterer / Eva Ortlieb [Hg.]: Gerichtsvielfalt in Wien. Forschungen zum modernen Gerichtsbegriff. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2016 (Beiträge zur Rechtsgeschichte Österreichs, 6. Jahrgang/2)
  • Vom Merkantil-Protokoll zum Firmenbuch [Katalog zur Ausstellung vom 18.-20.4.1991 in Salzburg anläßlich der Europatage des österr. Notariats]. Salzburg: 1991

Einzelnachweise

  1. Allgemeine Verfügung des Reichsministers der Justiz vom 12. August 1937 – 3822/1 Va6 1469 – RminBl 515, DJ 1251
  2. Alfred Waldstätten: Staatliche Gerichte in Wien seit Maria Theresia. Beiträge zu ihrer Geschichte. Ein Handbuch. Innsbruck/Wien: StudienVerlag 2011 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 54), S. 254
  3. Vom Merkantil-Protokoll zum Firmenbuch [Katalog zur Ausstellung vom 18.-20.4.1991 in Salzburg anläßlich der Europatage des österr. Notariats]. Salzburg: 1991, S. 37
  4. Firmenbuchgesetz (FBG) im Bundesgesetzblatt 10/1991
  5. Verordnung der Bundesministerin für Justiz über den elektronischen Rechtsverkehr (ERV 2006) im Bundesgesetzblatt 481/2005
  6. Handelsregister Österreich. Mit dem genauen Wortlaut der amtlichen Protokollierung
  7. Weitere digitalisierte Adressbücher und Branchenverzeichnisse finden sich in der digitalen Wienbibliothek.
  8. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Unterkammeramt; Bauamt, A36 - Gewerbe und Betriebsanlagengenehmigungen 7. Bezirk