Globenmuseum
48° 12' 33.88" N, 16° 21' 56.62" E zur Karte im Wien Kulturgut
Globenmuseum (1., Herrengasse 9, Palais Mollard). Das Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek ist das weltweit einzige Museum, das sich speziell mit der Sammlung, Erforschung und Vermittlung von Globen und globenverwandte Instrumenten (etwa Armillarsphären, Tellurien) befasst.
Ausstellung und Bestände
Das Museum besitzt, nach dem National Maritime Museum in Greenwich, die weltweit zweitgrößte Sammlung von vor 1850 entstandenen Globen. Weltweit ist es die einzige Institution, in der Erd- und Himmelgloben, Mond- und Planetgloben sowie den Globen verwandte Instrumente erworben, erforscht und der Öffentlichkeit präsentiert werden.[1] Die Sammlung des Museums umfasst über 820 Objekte (vor allem Erd- und Himmelsgloben), von denen über 250 dauerhaft ausgestellt sind.
Die Ausstellung befasst sich in 8 Räumen thematisch unter anderem mit der Geschichte von Erd- und Himmelsgloben, ihrer Herstellung, den kartogafischen Aspekten von Globen, der Verwendung von Globen als Messinstrumenten sowie besonderen Globustypen, wie etwa Relief- oder Planetengloben. Ebenso werden auch kulturgeschichtlich relevante Fragestellungen, wie die Verwendung von Globen und ihre Rezeption sowie speziellen Globustypen behandelt. Gezeigt werden wertvolle Objekte von hoher künstlerischer und handwerklicher Qualität.
Ein eigener Raum ist dem bedeutendsten Globenkonstrukteur und -hersteller des Barock, dem Universalgelehrten Vincenzo Coronelli aus Venedig, und seinen Werken gewidmet. Neben den großen Coronelli-Globen (110 cm-Durchmesser) ragt das Globenpaar von Gerard Mercator aus den Jahren 1541 (Erdglobus) und 1551 (Himmelsglobus) als zentrales Prunkstück der Sammlung heraus. Vom Erdglobus wurde zusätzlich ein 3D-Faksimile angefertigt, das mittels Touchscreen interaktiv zu erkunden ist. Besondere Bedeutung kommt dem "Kabinett der Sammlerinnen und Sammler" zu, in dessen Vitrinen bedeutende Wiener Privatsammlungen vorgestellt werden. Dazu gehört auch der älteste in Österreich befindliche Globus, nämlich der Erdglobus von Gemma Frisius aus dem Jahr 1535, eine Leihgabe der Sammlung Rudolf Schmidt.
Zu den Objekten des Globenmuseums zählen auch die vier großen Globen von Vincenzo Coronelli, die im Prunksaal aufgestellt sind.
Geschichte
Globen in den Beständen der Hofbibliothek
An der kaiserlichen Hofbibliothek gab es schon ab der Frühen Neuzeit Globen, die jedoch nicht erhalten sind. So soll sich hier eine von Martin Furtenbach um 1535 für Raimund Fugger angefertigte sehr schöne, von Atlas getragene Armillarsphäre befunden haben. Der berühmte venezianische Globenhersteller Vincenzo Coronelli hatte nicht nur wissenschaftliche, sondern auch persönliche Verbindungen zum kaiserlichen Hof. Coronelli ließ Kaiser Leopold I. ein Paar seiner prachtvollen 110-Zentimeter-Globen überreichen, das besonders aufwendig koloriert und mit einem Porträt des Kaisers und einer Huldigungsinschrift versehen worden war. Dieses und ein zweites, fast identes Globenpaar – aus dem Besitz Franz Stephans von Lothringen – fanden bereits um die Mitte des 18. Jahrhunderts Eingang in das Raumkonzept des Prunksaales der Hofbibliothek. Ihren höchst repräsentativen Aufstellungsort erhielten sie unter der zentralen Kuppel im Mitteloval des barocken Bibliothekssaales.
Erst aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gibt es quellenmäßig belegte Ankäufe von Globen. 1875 wurde ein Globenpaar von Gerard Mercator (1541 und 1551) aus privater Hand erworben, das man damals – irrtümlich – für ein Unikat aus dem Besitz Kaiser Karls V. hielt.
Bis nach dem Zweiten Weltkrieg blieben die Globen der Nationalbibliothek weitgehend unbeachtet und wurden nur sehr selten benützt.
Das Globusmuseums von Robert Haardt
siehe auch Globusmuseum (1942-1962)
Die Idee eines Museums explizit für Globen geht auf die Bestrebungen des Privatgelehrten Robert Haardt zurück, der bereits in den 1930er Jahren ein staatliches Museum zu initiieren versuchte, in dem Globen ausgestellt und wissenschaftlich erforscht werden konnten. Ursprünglich sollte dieses Museum in einem noch zu gründenden „Haus der Erdkunde“ angesiedelt sein, das neben Ausstellungsflächen und Vortragssälen auch einen Riesenglobus mit über 6 Metern Durchmesser beinhalten sollte.
Trotz Unterstützungserklärungen vonseiten der Wissenschaft und der Verwaltung konnte kein staatliches Museum gegründet werden. Mithilfe von Hugo Hassinger, der sich für das Vorhaben positiv beim Unterrichtsministerium aussprach, gelang schließlich die Einrichtung des Globusmuseums in Haardts Privatwohnung (4., Gußhausstraße 20). In den nächsten Jahren erfuhr die Sammlung kontinuierliche Zuwächse durch Leihgaben staatlicher Stellen und Institute sowie auch durch Ankäufe, die vom Unterrichtsministerium finanziert wurden. Durch Kontakte zu diversen öffentlichen Institutionen (Universitätssternwarte, Universitätsbibliothek Wien) konnte Haardt indes die Bestände seines Globusmuseums sukzessive erweitern. Ab 1947 veranstaltete er in seinem Museum Sonderausstellungen, die auch durch den Sammler Erich Woldan maßgeblich gefördert wurden.
Das Globenmuseum als Teil der Kartensammlung
Am 2. Dezember 1953 fasste das Unterrichtsministerium den Entschluss, die Österreichische Nationalbibliothek mit der Übernahme der durch öffentliche Mittel angekauften Globen aus Haards Sammlung zu betrauen. Damit wurde das Globenmuseum organisatorisch und räumlich an die Kartensammlung angeschlossen. 1954 erfolgte schließlich die Übergabe von 25 Globen, 51 Bänden der Handbibliothek, dreizehn Kartenwerken und zehn Portefeuilles mit Bildern. Am 14. April 1956 fand die Eröffnung des Globenmuseums im heutigen Lesesaal der Kartensammlung mit 63 Exponaten statt. Diese wurden im Stil einer Schausammlung nach optischen und chronologisch-historischen Gesichtspunkten präsentiert. 1969 umfasste die Sammlung 114 Erd- und Himmelsgloben.
1970 übersiedelte das Globenmuseum in neue Räumlichkeiten, ohne aber von einem Platzgewinn oder besseren Aufstellungsmöglichkeiten zu profitieren. Auf Initiative des ehemaligen Direktors der Kartensammlung Franz Wawrik konnte das Museum in extra adaptierten Räumen im dritten Stock neben der Kartensammlung und auf dem Dachboden am Josefsplatz eingerichtet werden und die Objekte erfuhren erstmals eine didaktische Aufbereitung. Am 2. April 1986 fand die Neueröffnung statt. 1996 verzeichnete das Museum 260 Exponate, bereits ein Jahr später folgten 200 weitere Objekte. Durch die stetige Zunahme der Objekte kam es zu einem immer drängender werdenden Platzproblem. Nach der Übernahme des Palais Mollard in der Wiener Herrengasse durch die Österreichische Nationalbibliothek, ergab sich die Möglichkeit, speziell für das Museum adaptierte Ausstellungsräume zu gestalten. Von 2002 bis 2005 wurden die neuen Museumsräumlichkeiten errichtet, die auch ein neues, nach Themenkreisen orientiertes Ausstellungskonzept ermöglichten und Räume für die Studiensammlung boten. Am 1. Dezember 2005 feierte das Globenmuseum seine Neueröffnung in der Beletage des Palais.
Literatur
- Helga Hühnel und Franz Wawrik: Das Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek. In: Der Globusfreund. Wissenschaftliche Zeitschrift für Globen- und Instrumentenkunde 42 (1994) 5-8
- Irina Kubadinow: Die Österreichische Nationalbibliothek. München u.a.: Prestel 2004
- Jan Mokre: Die musealen Einrichtungen der Österreichischen Nationalbibliothek. In: Change! Zukunft gestalten. Festschrift für Johanna Rachinger. Wien: Phoibos 2009, S. 67-82
- Josef Stummvoll [Hg.]: Die Österreichische Nationalbibliothek. Geschichte – Bestände – Aufgaben. Wien: Österreichische Nationalbibliothek 1969
- Elisabeth Zeilinger: Die Welt vor Augen. Ein Rundgang durch Geschichte und Bestände des Globenmuseums der Österreichischen Nationalbibliothek. In: Peter E. Allmayer-Beck [Hrsg.]: Modelle der Welt. Erd- und Himmelsgloben (Wien, 1997) 107-131
Weblinks
- Globenmuseums der Österreichischen Nationalbibliothek [Stand: 15.1.2024]
- Die Internationale Coronelli-Gesellschaft für Globenkunde [Stand: 15.1.2024]
- https://www.onb.ac.at/museen/globenmuseum/ueber-das-museum/die-geschichte-des-globenmuseums Österreichische Nationalbibliothek: Über das Globenmuseum] [Stand: 15.1.2024]
- Elisabeth Zeilinger (ÖNB): Das Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek und seine Geschichte [Stand: 15.1.2024]
Referenzen
- ↑ Jan Mokre / Herbert Mayer / Bernhard Fetz / Bernhard Palmer: Die musealen Einrichtungen der Österreichischen Nationalbibliothek. In: Change! Zukunft gestalten. Festschrift für Johanna Rachinger. Wien: Phoibos 2009, S. 67.