Grundrichter
Der Grundrichter war die bedeutendste politische Persönlichkeit der Vorstadt, hatte über ortspolizeiliche Angelegenheiten (Straßen, Kanalisation, öffentliche Beleuchtung) zu wachen und für die Wahrung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit des Lebens zu sorgen.
Die nach den Türkenbelagerungen von 1529 und 1683 und der zwischenzeitlichen Erweiterung des Glacis entstandenen oder erweiterten Vorstädte waren in rechtlicher Hinsicht Sprengel einer bestimmten Grundherrschaft.
Der Grundrichter wurde von sechs Beisitzern, ein bis zwei Schreibern und ebenso vielen Grundwachtmeistern unterstützt (kurzweg Grundwachter genannt). Wie beispielsweise aus den Beschreibungen Wiens von Johann Basilius Küchelbecker (1732) und Karl August Schimmer (1848) hervorgeht, wählte in jeder Vorstadt die Ortsgemeinde der dort ansässigen Hausbesitzer jährlich. einen Grundrichter, mehrere Beisitzer und allenfalls einen Ausschuss. Außerdem gab es einen besoldeten Grundschreiber. Diese Organe verwalteten das Vermögen der Vorstadtgemeinde, fällten Urteile in zivilrechtlichen Streitigkeiten von minderer Bedeutung und amtierten in Belangen der Parzellengrenzen, des Bauwesens und dergleichen über Berufungen gegen ihre Entscheidungen entschied der Wiener Rat, der auch sonst (unbeschadet der Rechte des Grundherrn) als Aufsichtsbehörde fungierte. In Folge der Abschaffung der Grundherrschaften (1848) und der Schaffung eines einheitlichen, in Bezirke gegliederten, Wiener Verwaltungsgebiets (1850) wurden die Grundgerichte aufgelassen.
Literatur
- Johann Basilius Küchelbecker: Allerneueste Nachricht vom Römisch-Kayserlichen Hofe. Hannover: Johann Jacob Förster 21732, S. 784 f.
- Karl August Schimmer: Vollständige Beschreibung von Wien, dessen Eigenthümlichkeiten, innere und äußere Gestaltung, Merkwürdigkeiten, amtliches und Geschäftsleben, Industrie, Handel und Gewerbe, Kunst, Literatur und geselliges Leben. Wien: Sollinger 1848, S. 117