Haus der Barmherzigkeit
48° 13' 28.04" N, 16° 20' 3.32" E zur Karte im Wien Kulturgut
Haus der Barmherzigkeit (18., Vinzenzgasse 2-6), Anstalt zur Pflege unheilbarer Kranker.
Gründung
Als um die Mitte des 19. Jahrhunderts ein starker Mangel an Pflegebetten erkennbar wurde, entschloss sich eine Gruppe von Männern, vor allem der ab 1844 in der Leopoldstadt als Armenvater tätige Buchdruckereibesitzer Franz Eipeldauer, Abhilfe zu schaffen. 1864 wurde die "Bruderschaft von der allerheiligsten Dreifaltigkeit zur Pflege armer Unheilbarer" gegründet, 1873 ein Grundstück angekauft und das Haus der Barmherzigkeit (in dem die Kapelle "Zur allerheiligsten Dreifaltigkeit" eingerichtet wurde) am 23. Juli 1875 seiner Bestimmung übergeben und zunächst mit 22 Kranken belegt.
Erweiterungen: 1878-1900
Durch Zubauten (1878-1900) wurde Platz für insgesamt 500 unheilbar Kranke geschaffen. 1893 erfolgte die Umwandlung in eine Stiftung.
NS-Zeit
1939 wurde die Anstalt von der Gemeinde Wien übernommen und am Ende des Zweiten Weltkriegs durch Bomben schwer beschädigt.
Nachkriegszeit
1953 der Erzdiözese Wien übergeben, die die Stiftung reaktivierte, wurde das Haus der Barmherzigkeit ab 1957 wiederaufgebaut und 1975 wieder auf einen Bettenstand von 500 gebracht. 1982 wurde es auf eine Kapazität von 730 Betten erweitert.
Orden
Die Betreuung erfolgte durch den Orden der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul. Die von Otto Nobis gestaltete zweigeschoßige Kapelle wurde am 19. März 1960 eingeweiht (Altar mit Kopie der Sixtinischen Madonna [Leihgabe des Dom- und Diözesanmuseums], Kreuzwegbilder von Theo Hafner [1962], großes Buntglasfenster links mit Darstellung des heiligen Vinzenz und von Barmherzigen Schwestern in alter Tracht [breite Flügelhauben]).
Schließung
Am 12. Oktober 2006 schloss das Haus der Barmherzigkeit in der Vinzenzgasse und die letzte Patientin übersiedelte in das neue Haus der Barmherzigkeit in der Tokiostraße.
Besucherinnen und Besucher
Zahlreiche Persönlichkeiten besuchten das Haus in der Vinzenzgasse, darunter Kaiser Franz Joseph I. (1900), Kardinal Theodor Innitzer und Fürstin Elsa von Liechtenstein (1935), Fürstin Gina von Liechtenstein (geborene Georgina von Wilczek) (1970), Kardinal Franz König und Bundespräsident Rudolf Kirchschläger (1975), Papst Johannes Paul II. (1983), Fürstin Marie von Liechtenstein (geborene Marie Kinsky von Wchinitz und Tettau) (2004), Kardinal Christoph Schönborn und Bürgermeister Michael Häupl (2005).
Zweigstellen
- Clementinum: Seit 1903 besteht in Totzenbach/Kirchstetten bei St. Pölten (Niederösterreich) die Zweigstelle "Clementinum" für 110 Bewohnerinnen und Bewohner.
- Haus der Barmherzigkeit Seeböckgasse: Geriatrisches Pflegekrankenhaus (16., Seeböckgasse 30a) für 270 Bewohnerinnen und Bewohner; Architekt: archoffice).
- Haus der Barmherzigkeit Tokiostraße: Geriatrisches Pflegekrankenhaus (22., Tokiostraße 4) für 270 Bewohnerinnen und Bewohner; Architekt Gustav Peichl.
- Haus der Barmherzigkeit Poysdorf: Pflegeheim mit Hausgemeinschaften in Poysdorf (Niederösterreich) für 120 Bewohnerinnen und Bewohner.
- Haus der Barmherzigkeit Stephansheim: Pflegeheim in Horn (Niederösterreich) für 100 Bewohnerinnen und Bewohner.
- HABIT-Haus der Barmherzigkeit Integrationsteam mit 14 Wohngemeinschaften und vier Basalen Tageszentren in Wien und Niederösterreich.
Literatur
Allgemein:
- 100 Jahre Haus der Barmherzigkeit Wien 1875-1975. Eine Jubiläumsgabe für unsere Freunde. Hg. vom Institut Haus der Barmherzigkeit. Wien: Selbstverl. [1975]
- Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, S. 369 f.
- Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Währing. Vom Ganserlberg zum Schafberg. Wien: Mohl 1989, S. 156 f.
Wiener Gesundheitsarchitekturen:
Informationen zur bewilligten Erweiterung des Hauses inklusive einer Kurzbeschreibung siehe:
- VII. Andere Humanitätsanstalten. In: Jahres-Bericht des Wiener Stadtphysikates über seine Amtstätigkeit sowie über die Gesundheitsverhältnisse Wiens und der städt. Humanitäts-Anstalten in den Jahren 1891-93. Hg. vom Wiener Stadtphysikat. Wien 1896, S. 412-425