Petrus Canisius

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Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Canisius, Petrus
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel Dr. theol.
Geschlecht männlich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  15263
GNDGemeindsame Normdatei 118518836
Wikidata Q44624
GeburtsdatumDatum der Geburt 8. Mai 1521 JL
GeburtsortOrt der Geburt Nimwegen, Niederlande
SterbedatumSterbedatum 21. Dezember 1597
SterbeortSterbeort Fribourg, Schweiz
BerufBeruf Priester, Heiliger
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Frühe Neuzeit, Erzdiözese Wien, Bischof, Katholische Kirche, Katholiken, Bistum, Erzbistum
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 9.08.2023 durch WIEN1.lanm09mer
BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde Friedhof Fribourg
Grabstelle St. Michaels-Kolleg in Fribourg / Freiburg (Schweiz)

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Petrus Canisius, * 8. Mai 1521 Nijmegen / Nimwegen (Niederlande, damals Deutschland), † 21. Dezember 1597 Fribourg / Freiburg (Schweiz, begraben: St. Michaels-Kolleg, Fribourg), Sohn einer angesehenen Bürgerfamilie (der Vater, Ridder Jakob Kanijs [Canis], war Mitglied des Stadtrats und längere Zeit Bürgermeister), katholischer Prediger, Administrator des Bistums Wien 1554-1555.

Biografie

Werdegang

Petrus Canisius wurde am 8. Mai 1521 als Sohn des Bürgermeisters Jakob Kanijs (Canis) und der Ägidia von Houweningen in Nijmegen / Nimwegen (Niederlande, damals Deutschland) geboren.

In den Jahren 1535 bis 1546 betrieb er Studien der Philosophie und Theologie in Köln und Löwen / Leuven. In Köln traf er auf eine Gruppe von Priestern an der Kartäuserniederlassung St. Barbara, die eine Erneuerung der katholischen Kirche anstrebten.

Am 8. Mai 1543 wurde er in Mainz als erster Deutscher vom Gelehrten Petrus Faber in die 1534 gegründete Gesellschaft Jesu (Societas Jesu, SJ, Jesuiten) aufgenommen, der ihn durch die Abhaltung von Exerzitien in Mainz nachhaltig prägte.

Ab dem Jahr 1545 gab er als Bakkalaureus der Theologie Vorlesungen an der Universität Köln und war auch an der Gründung der Kölner Jesuitenniederlassung beteiligt.

Im Juni 1546 empfing er der Priesterweihe und nahm ab 1547 nahm im Auftrag des Bischofs von Augsburg, Kardinal Otto Truchseß von Waldburg, als Theologe am Konzil von Trient teil. Von September 1547 bis März 1548 absolvierte Canisius unter Ignatius von Loyola in Rom die letzte Probezeit. Er wirke auch im Auftrag von Loyola als Erzieher am neu gegründeten Kolleg an der damaligen Kirche San Nicolò dei Gentiluomini in Messina. Am 4. September 1549 legte er seine ewige Profess ab.

Im Jahr 1549 erwarb er in Bologna das Doktorat der Theologie und war von 1549 bis 1552 als Theologieprofessor, Rektor und Vizekanzler an der Universität Ingolstadt tätig. Canisius verfasste literarische Arbeiten und hielt wissenschaftliche sowie religiöse Vorträge.

Wirken in Wien

Nach langjährigem Kontakt zum Wiener Bischof Friedrich Nausea (1545) kam Petrus Canisius 1552 nach Wien (Ankunft am 9. März), wo ein entfernter Verwandter Mitglied des Wiener Domkapitels war. Hier wurde er in Zusammenarbeit mit der weltlichen Oberhoheit zum entscheidenden Motor der Gegenreformation und katholischen Konfessionalisierung in Wien.

Er sollte vor allem an der Universität Wien wirken und Vorlesungen über das Neue Testament halten (Römerbrief). Er verfasste unter anderem Schriften über Rechtskunde, Naturlehre und Redekunst (Rhetorik). Außerdem war er Sonntagsprediger, unter anderem an der Dominikanerkirche, bei Maria am Gestade und im Stephansdom, sowie Beichtvater der Chorfrauen von St. Jakob auf der Hülben. Ebenso lag ihm die Gefangenenseelsorge am Herzen, die er ab April 1552 regelmäßig betrieb.

In der Niederlassung der Jesuiten, dem ehemaligen Karmeliterkloster Am Hof, gründete er ein Knabenkonvikt für die dortigen Schüler. Durch Unterricht, geistliche Unterweisung sowie eine feste Tagesstruktur sollte eine ganzheitliche Erziehung in der Verbindung von Glauben und Leben ermöglicht werden. Canisius wurde auch erster Rektor der Kirche und des Klosters Am Hof.

Im Pestherbst 1552 kümmerte sich Canisius um die Anlieferung von Lebensmitteln und Arzneien, ebenso nahm er sich der Kranken seelsorgerisch an. Im Jahr 1554 veröffentlichte er in diesem Zusammenhang in Wien ein Trostbuch mit dem Titel De consolandis aegrotis (Über das Trösten von Kranken) als Handreichung für Krankenseelsorger, welche in drei Sprachen erschien und Gebete sowie Worte zur seelischen Erbauung enthielt.

In der Fastenzeit des Jahres 1553 übte er in verschiedenen Ortschaften rund um Wien, die ohne Priester waren, den seelsorgerischen Dienst aus.

Auf Initiative Ferdinands I., (der ihn schon 1553 für die Leitung des Bistums gewinnen wollte) wurde Petrus Canisius kraft eines von Papst Julius III. am 3. November 1554 herausgegebenen Breves zum Administrator der Diözese Wien bestellt (Administrator in spiritualibus, in geistlichen Angelegenheiten). Die Verwaltung der Temporalien (der weltlichen Angelegenheiten) wurde wahrscheinlich Kommissären überlassen, auch die geistliche Leitung übte er wohl kaum aus. Ohne direkt die Leitung der Diözese übernommen zu haben, wirkte Canisius in dieser Eigenschaft bis 1555, hielt sich im Sommer 1555 in Prag auf, kehrte nochmals für kurze Zeit nach Wien zurück, um schließlich 1556 die Stadt endgültig zu verlassen.

Reformdekrete für St. Stephan und die Universität

Ab Mai 1553 wurde er Hofprediger König Ferdinands I., in dessen Auftrag er gemeinsam mit dem Bischof von Triest und königlichen Beamten den protestantischen Einfluss an der Universität Wien beleuchtete. Er verfasste ein Reformdekret, wodurch ab 1. Jänner 1554 unter anderem die Einfuhr und Verbreitung protestantischer Schriften verboten wurde. Ebenso Einfluss nahm Petrus Canisius auf das Reformdekret Ferdinands I. für St. Stephan vom 1. Jänner 1554, welches das Resultat einer im Laufe des Jahres 1553 unternommenen Untersuchung der Domkirche, des Domkapitels und der Pfarre St. Stephan war.

Das aus vier Hauptteilen bestehende Dekret enthielt unter anderem Vorschläge für eine Reform des Domkapitels (zum Beispiel Reduktion der Mitglieder von 24 auf 16, Regelung der Stellung von Kuraten und Benefiziaten). Betont wurde zudem, das Recht des Bischofs, Domherren bestrafen zu dürfen. Als Problem stellte sich jedoch die Exemtion (rechtliche Freistellung von bestimmten Lasten und Pflichten) des Domkapitels dar, das direkt der Jurisdiktionsgewalt des Heiligen Stuhls unterstellt war, sodass dem Bischof jegliche Einflussnahme verunmöglicht wurde. Der daraus resultierende Exemptionsstreit zwischen Bischof und Domkapitel bestand seit der Gründung des Wiener Bistums und stand dauerhaften Reformen im Weg. Erst in der Amtszeit von Bischof Sigismund Kollonitsch konnte im Jahre 1729 durch die Entscheidung des Papstes Benedikt XIII. die Autorität und Jurisdiktion des Domkapitels dem Bischof von Wien unterstellt werden, nachdem das Bistum im Jahr 1722 zur Erzdiözese erhoben worden war.

Das ebenfalls am 1. Jänner 1554 veröffentlichte Reformdekret über die Universität Wien wurde wahrscheinlich ebenfalls von Petrus Canisius beeinflusst oder sogar von ihm persönlich verfasst (vgl. die katholisch geprägten Inhalte: Forderung nach katholischem Lebenswandel von Klerus uns Gläubigen, Vorschlag zur Einrichtung einer Bibliothek, die von katholischer Seite autorisiert sein sollte).

Von 1553 bis 1554 war Petrus Canisius Dekan an der katholisch-theologischen Fakultät und in dieser Funktion verpflichtet, im Auftrag des weltlichen Herrschers sowie des Bischofs von Passau, an gerichtlichen Verfahren gegen Protestanten und als Häretiker eingestufte Personen (die die offizielle katholische Kirchenlehre ablehnen) teilzunehmen. Er unternahm alles, um den protestantischen Einfluss an der Universität Wien zurückzudrängen, schrieb auf Wunsch Ferdinands I. ein übersichtliches, nach Fragen und Antworten gegliedertes Lehrbuch der Religion (Summa doctrinae Christianae mit 211 Glaubensfragen, 1552-1555).

Wirken außerhalb Wiens und schriftstellerische Tätigkeit

1556 verließ Canisius Wien und unterstützte den Aufbau des Jesuitenkollegs in Prag. In Ordensangelegenheiten besuchte er Wien jedoch weiterhin sehr häufig (1558, 1560, 1561 und 1562; 1562 predigte er in Maria am Gestade).

In seiner Funktion als Provinzial der oberdeutsch-österreichischen Ordensprovinz der Jesuiten (1556-1569) bestimmte er die Gegenreformation und katholische Konfessionalisierung im deutschen Sprachraum wesentlich mit. Auch zu dieser Zeit war er in diplomatischer Mission für Papst und Kaiser unterwegs, darunter auf mehreren Reichstagen und auf dem Konzil von Trient, wo er 1562 als päpstlicher Theologe auftrat.

1558 erschien in Köln sein Catechismus minor in drei Bänden in deutscher Sprache, daher auch Deutscher Katechismus genannt, zum Zweck der Unterweisung von Kindern, Schülern und Studenten in der katholischen Lehre. Der katholische Katechismus des Petrus Canisius wurde innerhalb von zehn Jahren 55mal in neun Sprachen aufgelegt.

In den Jahren von 1559 bis 1566 war Canisius als Domprediger in Augsburg ebenfalls im Dienst der Gegenreformation und der katholischen Konfessionalisierung tätig und bewirkte die Rekonversion des Augsburger Wiedertäufers Hans Jakob zum Katholizismus. Canisius übte auch spirituellen Einfluss auf die Augsburger Kaufmannsfamilie der Fugger aus.

Nach der Teilnahme an der Generalkongregation 1565 in Rom bereiste er viele Gegenden Deutschlands, um den weltlichen und geistlichen Herrn die Beschlüsse des Konzils von Trient zu nahezubringen. Von 1571 bis 1577 war er Hofprediger Erzherzog Ferdinands II. von Tirol und von 1578 bis 1579 Hofprediger des Herzogs Wilhelm von Bayern in Landshut. Ab 1580 war Petrus Canisius im Auftrag von Papst Gregor XIII. an der Gründung des St. Michaels-Kollegiums in Fribourg / Freiburg (Schweiz) beteiligt, dessen Rektor er bis zu seinem Tod im Jahr 1597 war.

Tod und Nachleben

Canisius starb am 21. Dezember 1597 in Fribourg / Freiburg (Schweiz). 1625 wurde sein Leichnam in die Kirche des St. Michaels-Kollegs in Fribourg / Freiburg (Schweiz) übertragen. Als Gründer und Initiator von zahlreichen Kollegien und päpstlichen Seminaren der Jesuiten und als wesentlicher Impulsgeber der katholischen Konfessionalisierung im deutschen Sprachraum wurde Canisius bald als Zweiter Apostel Deutschlands bezeichnet. Dieser Titel wurde ihm 1897 offiziell von Papst Leo XIII. verliehen.

Canisius, der bereits von Papst Pius IX. am 20. November 1864 seliggesprochen worden war, wurde von Papst Pius XI. am Himmelfahrtstag 1925 heiliggesprochen und gleichzeitig mit der Würde eines Kirchenlehrers ausgezeichnet.

1879 wurde der Canisius-Verein gegründet, der der Pflege des katholischen Schulwesens dient. 1918 rief der Wiener Bürgerschuldirektor Josef Moser das Cansius-Werk zur Heranbildung katholischer Priester ins Leben (Interdiözesanes Seminar in Rosenburg).

Die Canisiuskirche (9., Lustkandlgasse 34) verdankt ihre Entstehung einer Anregung der Wiener Marianischen Kaufmannskongregation (Salzburg 1896), Canisius anlässlich seines 300. Todestages ein würdiges Denkmal zu setzen (Bau 1899-1903; ein Seitenaltar ist dem heiligen Canisius geweiht).

In der Pfarrkirche St. Leopold (21., Kinzerplatz 6) erinnert an Canisius ein Kanzelrelief, in der Kloster- und Anstaltskirche Zur unbefleckten Empfängnis (21., Strebersdorf) eine Holzstatue und hinter dem Hochaltar der Pfarrkirche St. Antonius (10., Antonsplatz) eine Statue; Fest: 27. April.

Quellen

Diözesanarchiv Wien, Bischofsakten.

Literatur

  • Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begründet von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearbeitet von Karl Bosl [u.a.]. Band 1: A-H. München: A. Francke 1973
  • Otto Braunsberger: Petrus Canisius. Ein Lebensbild. Freiburg: Herder 1921
  • J. Brodrick: Petrus Canisius. 1521 - 1597. 2 Bände. Wien: Herder 1950
  • Jakob Fried: Heilige, die durch Wien gingen. Wien [u.a.]: Reinhold-Verlag (Kleine historische Monographien, 47), S. 63 ff.
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 2. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 243
  • Siegfried Hofmann: Petrus Canisius und die Politik. In: Petrus Canisius. Reformer der Kirche, Festschrift zum 400. Todestag des zweiten Apostel Deutschlands. Hg. von Oswald Julius und Peter Rummel. Augsburg: St. Ulrich 1996, S. 97-132, bes. S. 105
  • Franz Loidl: Geschichte des Erzbistums Wien. Wien [u.a.]: Herold 1983, S. 49 f. und Register
  • Franz Loidl / Martin Krexner: Wiens Bischöfe und Erzbischöfe. Vierzig Biographien. Wien: Schendl 1983, S. 38 f.
  • Johannes Metzler: Petrus Canisius. Deutschlands zweiter Apostel, ein Charakterbild. Mönchen-Gladbach: Kühlen 1925
  • Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag 31970, S. 172 ff., 269, 271
  • Niederösterreichische Landesausstellung Renaissance in Österreich. Schloß Schallaburg, 22. Mai bis 14. November 1974. Wien: Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Abt. III/2 - Kulturabteilung 1974 (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums / Neue Folge, 57), S. 79
  • Julius Oswald / Rita Haub: Zeittafel. In: Petrus Canisius. Reformer der Kirche, Festschrift zum 400. Todestag des zweiten Apostel Deutschlands. Hg. von Oswald Julius und Peter Rummel. Augsburg: St. Ulrich 1996, S. 303-316, bes. S. 307
  • Philipp Überbacher: Petrus Canisius als Hofprediger. In: Petrus Canisius. Reformer der Kirche, Festschrift zum 400. Todestag des zweiten Apostel Deutschlands. Hg. von Oswald Julius und Peter Rummel. Augsburg: St. Ulrich 1996, S. 202-210, bes. S. 210
  • Johann Weißensteiner: Petrus Canisius. In: Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder. Ein biographisches Lexikon, Band 2: 1785/1803 bis 1945. Hg. von Gatz Erwin. Berlin: Duncker & Humblot, S. 90-91
  • Josef Wodka: Kirche in Österreich. Wegweiser durch ihre Geschichte. Wien: Herder 1959, S. 206-207