Rochuskino

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Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation Kino
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1913
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 27. November 1977
Benannt nach
Prominente Personen
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  57787
GNDGemeindsame Normdatei
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Letzte Änderung am 31.10.2022 durch WIEN1.lanm08jan
  • 3., Landstraßer Hauptstraße 27

Frühere Adressierung
  • Rochus Lichtspiele (1939, bis: 1945)

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48° 12' 15.11" N, 16° 23' 20.45" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Das Rochuskino (3., Landstraßer Hauptstraße 27) wurde 1913 gegründet und hatte 1914 und 1922 ein Fassungsvermögen von 254 Personen. Ab 1931 wurden Tonfilme gespielt. 1934 hatte es einen Fassungsraum für 300 Personen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es von Robert Kotas umgebaut. Am 27. November 1977 wurde es geschlossen.

Die Betriebsjahre von 1913 bis 1938

Bereits am 14. April 1913 wurde von der Polizeidirektion Wien eine „nicht übertragbare Bewilligung zur Veranstaltung kinematographischer Vorstellungen im Lokale III. unter der Bezeichnung ‚Rochus-Kino‘“ an Emilie Wanka-Palme ausgestellt.[1]

Mit der an Wanka-Palme vergebenen ersten Lizenz für den Betrieb des neuen Landstraßer Kinos in einem gründerzeitlichen Eckhaus, in dem der Betrieb als schmales „Eckkino“ errichtet wurde, wurden der kleine Fassungsraum mit 254 Sitzplätzen und Stehplätze als „nicht zulässig“ festgelegt.[2]

Emilie Wanka-Palme verlängerte ihre Lizenz „unter den gleichen Modalitäten und Betriebsbedingten“ mehrfach, zuletzt bis 31. Oktober 1921. Doch noch im Laufe des Jahres 1920 wechselte das Kino den Besitzer: Sowohl Eigentümer als auch Inhaber der Lizenz war ab 7. August 1920 der 1894 in Bisenz geborene Bruno Stößler (auch: Stössler).

1921 ließ Stößler das Kino umbauen und mehrere „Estradenlogen“ zur Attraktivierung des Betriebs einbauen; 1923 folgte der Einbau eines „Vortragspodiums“, das 1,70 Meter über dem Saalfußboden errichtet und für den Auftritt von maximal vier Personen genehmigt wurde. 1926 wurde Stößler angewiesen, alle Ausgangstüren „auffällig als ‚Ausgänge‘“ zu bezeichnen und „alle Sitze, die Logensitze ausgenommen, unverrückbar“ zu machen und zu nummerieren.

1930 musste Stößler für seinen Betrieb Konkurs anmelden, sodass am 4. November des Jahres und am 5. Jänner 1931 die Exekution der Betriebsanlage folgte; als Zwangsverwalter wurde Siegfried Unger beauftragt. Stößler blieb den Akten des Magistrats nach jedoch noch bis zum „Anschluss“ 1938 Konzessionsinhaber des Betriebs.

Aufgrund der prekären Situation wurde im Rochus Kino erst am 14. November 1931 die Einrichtung einer Tonfilmanlage des Systems „Philips-Radio“ mit einem „Selenophon-Lichtton-Adapter“ genehmigt und das Kino ab Ende des Jahres als Tonkino weitergeführt.[3]

Das „Rochus Kino“ während der der NS-Zeit

Vom NS-Regime als „Jude“ deklariert, wurde Stößler im Juni 1938 die Konzession entzogen und diese „im Wege der Arisierung seitens der Vermögensverkehrsstelle dem Franz Pemsel übertragen“.[4]

„Nach der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich im März 1938 wurde die Firma, da der Inhaber Jude war, unter kommissarische Leitung gestellt. Kommissarischer Verwalter war eine Zeit lang Wilhelm Klapper. Nähere Angaben über diese Zeit konnte der Prüfer nicht erlangen“, fasste der Wiener Buchsachverständige Ernst Wertilek im Jahr 1948 die Situation des Kinos während des NS-Regimes zusammen und führte weiter aus: „Im Oktober und November 1938 übernahm Franz Pemsel das Kino, das ihm von der ehemaligen Vermögensverkehrsstelle zugesprochen wurde und das es bis April 1945 führte.“[5]

Im Oktober 1938 übernahm der neue Konzessionär „das gesamte im Rochus-Kino vorhandene, im amtlichen bei der Vermögensverkehrsstelle erliegenden Akte verzeichnete und mit 3500 RM geschätzte Inventar um den Betrag von 12.000 RM. Die Mietrechte des Vorbesitzers wurden Herrn Franz Pemsel von der Hausverwaltung mit Schreiben von 8.10.1938 zu denselben Bedingungen zugesichert, jedoch mit der Auflage, dass der Rückstand von 2673 RM 74 Pf. abgedeckt wird.“ Am 20. Dezember 1938 folgte der Abschluss des „Kaufvertrags“ zwischen Dr. Peter Zimmer als „kommissarischem Verwalter der jüdischen Filmtheater in der Ostmark“ und Franz Pemsel, da Stößler zu diesem Zeitpunkt als „flüchtig“ eingetragen wurde und daher keinerlei Zahlungen an ihn folgten. Im November 1939 erfolgte die Änderung der Bezeichnung des unter Pemsel vorbildlich geführten „NS-Filmtheaters“ von „Rochus Kino“ auf „Rochus Lichtspiele“. In dieser Zeit wurde auch die „notwendige Neugestaltung der marktschreierischen Fassade mit Rücksicht auf die Richtlinien nationalsozialistischer Wirtschaftswerbung“ durchgeführt.

Als „Betriebsführerin“ wurde in der Folge Maria Rosinger eingesetzt. Im Sommer der Jahre 1940 und 1941 schloss das Kino jeweils für eine Woche, um weitere notwendige Renovierungsarbeiten zu erledigen. Ab 1943 wurde für die „Wochenschauen“ ein Pendelverkehr zwischen Rochus und dem Radetzky Lichtspielen eingeführt.

Zu Kriegsende 1945 war der Kartenverkauf des beliebten Kinos trotz der anhaltenden starken Kinokonkurrenz auf der Landstraßer Hauptstraße gegenüber dem Jahr 1939 um das Dreifache gestiegen.

Nachkriegszeit

Stößler war noch zeitgerecht die Flucht gelungen, sodass er den Krieg in New York überlebte, wo er 1945 als amerikanischer Staatsbürger gemeldet war. Erst im August 1947 gelang es ihm, über seinen Anwalt Dr. Leopold Bestermann um die Rückstellung seines Betriebes anzusuchen; zeitgleich wurde auf Wunsch des ehemaligen Eigentümers und mit Genehmigung der amerikanischen Besatzungsbehörden Hans Breitenfeld als öffentlicher Verwalter bestellt.

Wie Ernst Wertilek in seinem Bericht aus dem Jahr 1948 festhielt, wurden die „Rochus Lichtspiele“ zu diesem Zeitpunkt als „Familienbetrieb“ geführt. „Der öffentliche Verwalter und Geschäftsführer [Hans] Breitenfeld, der ein Verwandter des früheren Geschäftseigentümers (Bruno Stössler) ist,[6] besorgt die Geschäftsführung gemeinsam mit seiner Gattin Margarete Breitenfeld, die vor allem die Büroarbeiten versieht, die Kassa führt und an mehreren Tagen der Woche den Kartenverkauf übernimmt.“[7]

Im Mai 1948 kam es zu einem gerichtlichen „Vergleich“, im Zuge dessen der ehemalige „Ariseur“ Franz Pemsel das Kino an Stößler zurückstellte. Im Juni 1948 übernahm Stößler erneut die Konzession des Kinos, Breitenfeld blieb nach Zurücklegung seiner Funktion als öffentlicher Verwalter Geschäftsführer. Bald darauf wurde, da Stößler nicht mehr zurückkehrte, das Kino von der KIBA übernommen und in den kommenden Jahren von Robert Kotas umgestaltet.

Schließung

Das Rochus Kino konnte die erste Phase des Wiener „Kinosterbens“ zwar überleben – doch am 27. November 1977 musste auch dieses einst beliebte Landstraßer Kino für immer schließen.

2020 findet man an dieser Adresse ein Lederwarengeschäft.

Fassungsraum

Siehe auch: Kino

Quellen

Literatur

  • Werner Michael Schwarz: Kino und Kinos in Wien. Eine Entwicklungsgeschichte bis 1934. Wien: Turia & Kant 1992, S. 202

Einzelnachweise

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A11: 3. Rochus-Kino: K. K. Polizei-Direktion. A.B. 7/1 1109 K, 14. April 1916.
  2. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A11: 3. Rochus-Kino: K. K. Polizei-Direktion. A.B. 7/1 1109 K, 14. April 1916.
  3. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A11: 3. Rochus-Kino: Mag. Abt. 52/K 45/2/31.
  4. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Reichsfilmkammer, Außenstelle Wien, A1 – Kinoakten: 96 Rochus-Kino: Reichsfilmkammer Außenstelle Wien Abteilung 1/3/W.
  5. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A27 - ÖV - Kino: K76 Rochus-Lichtspiele: Ernst Wertilek: Bericht über die Bilanz- und Gebarungsprüfung bei der Firma Rochuskino, Mai 1948, S. 3.
  6. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A27 - ÖV - Kino: K76 Rochus-Lichtspiele: Ernst Wertilek: Bericht über die Bilanz- und Gebarungsprüfung bei der Firma Rochuskino, Mai 1948, S. 27.
  7. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A27 - ÖV - Kino: K76 Rochus-Lichtspiele: Ernst Wertilek: Bericht über die Bilanz- und Gebarungsprüfung bei der Firma Rochuskino, Mai 1948, S. 3.