VS Puchsbaumgasse 55
48° 10' 25.77" N, 16° 22' 49.28" E zur Karte im Wien Kulturgut
Volksschule für Knaben, ab 1927 eine Hauptschule für Knaben und Mädchen, 10., Puchsbaumgasse 55.
Die Volksschule Puchsbaumgasse 55 war ursprünglich eine öffentliche Volksschule für Knaben im 10. Wiener Gemeindebezirk, Favoriten. Im selben Gebäude, allerdings mit einem anderen Eingang und deshalb unter der Adresse VS Laaer Straße 1, befand sich eine Volksschule für Mädchen.
Schulgründung
Im Jahr 1884 wurde der Bau eines Schulgebäudes für die Unterbringung einer Doppelvolksschule, also einer Volksschule für Knaben und Mädchen in getrennten Abteilungen, am damals so genannten Bürgerplatz (ab 1925 Reumannplatz) beschlossen und angegangen. Im Jahr 1886 wurden die Bauarbeiten vollendet, sodass zu Beginn des Schuljahres 1886/1887 die Knabenvolksschule in der Puchsbaumgasse 55 und die Mädchenvolksschule in der Laaer Straße 1 eröffnet werden konnten.
Schulausstattung
Das Schulgebäude enthielt 20 Lehrzimmer, weitere Nebenräume und eine Schulleiterwohnung, in der der Leiter der Knabenvolksschule wohnte. Im Schulgebäude kam ebenfalls eine Knabenbeschäftigungsanstalt unter. Den Turnsaal musste sich die Knabenvolksschule mit der Mädchenvolksschule teilen. Die beiden Volksschulen hatten jeweils getrennte Leitungen. Die Knabenvolksschule Puchsbaumgasse 55 stand im ersten Schuljahr 1887/1888 unter der Leitung von Oberlehrer Josef Breiteneder und wurde von 14 Klassen mit 828 Schülern besucht. Von diesen Schülern waren 803 römisch-katholisch, elf evangelisch und 14 jüdisch.
Erster Weltkrieg
Während der gesamten Zeit des Ersten Weltkriegs kamen die Knaben der Puchsbaumgasse 55 in der Quellenstraße 54 unter. Bereits im zweiten Kriegsjahr 1915/1916 waren sieben Lehrer einberufen worden, die nur teilweise ersetzt werden konnte. Im dritten Kriegsjahr fehlten acht Lehrkräfte aus dem Stand der Knabenschule.
Zwischenkriegszeit
Vor dem Hintergrund des Hauptschulgesetzes von 1927 wurde die Knabenvolksschule Puchsbaumgasse 55 in eine Hauptschule für Knaben und Mädchen unter der Leitung von Franz Schmied umgewandelt, während die Mädchenvolksschule Laaer Straße 1 zu einer Volksschule für Knaben und Mädchen wurde. Somit führte die neue Hauptschule ab dem Schuljahr 1927/1928 sieben Knabenklassen mit 224 Schülern und fünf Mädchenklassen mit 159 Schülerinnen. Die Volksschule Laaer Straße 1 führte hingegen sechs Knabenklassen mit 211 Schüler und fünf Mädchenklassen mit 182 Schülerinnen.
Ständestaat, NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg
Nach den bürgerkriegsähnlichen Ereignissen im Februar 1934 kam es zu einem Wechsel in der Leitung der Hauptschule. Ab 15. September 1934 wurde Merich Worliczek als provisorischer Leiter der Hauptschule bestellt.
Anfang der 1930er Jahre befand sich noch eine Religionssammelstelle für den evangelischen sowie für den jüdischen Religionsunterricht an der Hauptschule Puchsbaumgasse 55 beziehungsweise an der Volksschule Laaer Straße 1. Das änderte sich natürlich schlagartig nach der Einrichtung des Ständestaats. Ab dem Schuljahr 1934/1935 gab es nur noch eine Religionssammelstelle für die evangelischen Kinder. Auch wurde kein Französisch mehr als Fremdsprache unterrichtet. Auf dem Lehrplan der Hautschülerinnen und -schüler stand nun die englische Sprache.
Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 griffen vermehrt nationalsozialistische Organisationen auf die Räumlichkeiten der Schulen griffen zurück. So belegten das Deutsche Jungvolk (Hitlerjugend) und der Bund deutscher Mädel wöchentlich auf den Turnsaal zurück. Ein Lehrzimmer wurde als Hitlerjugendheim belegt. Es dauerte auch nicht lange, bis die beiden Schulen aus ihrem ursprünglichen Schulgebäude weichen mussten, da dieses als Reservelazarett genützt wurde. Ein Lehrzimmer wurde außerdem von der Kartenstelle Nummer 73 zur Vergabe von Lebensmittelkarten verwendet.
Die Knaben der Hauptschule kamen vorerst in der Pernerstorfergasse 30-32, die Mädchen in der Erlachgasse 91 unter. Im Jahr 1942/1943 siedelten die Schulkinder dann in die Hauptschule der Randhartingergasse 17 um. Im darauffolgenden Jahr befanden sie sich in der Quellenstraße 31. Im letzten Kriegsjahr wurde die Hauptschule dann schlussendlich stillgelegt.
Laut dem Kriegsschädenplan von 1946 hatte das Schulgebäude in der Puchsbaumgasse 55 / Laaer Straße 1 auch Bombentreffer abbekommen, wobei auch die benachbarten Gebäude schwere Schäden beziehungsweise auch Totalschäden erlitten hatten. Nach dem Krieg scheint keine Hauptschule mehr in der Puchsbaumgasse 55 auf, weshalb davon auszugehen ist, dass sie nach ihrer Stilllegung im Jahr 1944 nicht mehr wiedereröffnet wurde.
Heute befindet sich an diesem Standort unter der Adresse Reumannplatz 3 eine Höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe).
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, A9/1 – Standesausweise: Öffentliche Schulen 1916-1945
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, B4 – Standesausweise 1876-1915
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Kartographische Sammlung, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P10/2.120422
- Georeferenzierter Kriegsschädenplan von 1946 in Wien Kulturgut
- Verwaltungsbericht der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien für das Jahr 1884. Vorgelegt vom Bürgermeister Eduard Uhl. Wien: Verlag des Gemeinderathes der Stadt Wien 1885
- Verwaltungsbericht der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien für das Jahr 1886. Vorgelegt vom Bürgermeister Eduard Uhl. Wien: Verlag des Gemeinderathes der Stadt Wien 1888