ASO Quellenstraße 52
48° 10' 31.30" N, 16° 22' 45.05" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die Sonderschule Quellenstraße 52 ist eine öffentliche Sonderschule im 10. Wiener Gemeindebezirk, Favoriten. Im gleichen Schulgebäude, aber unter einer anderen Adresse befindet sich die Volksschule Quellenstraße 54.
In der Quellenstraße 52 befand sich anfänglich eine Knabenmädchenvolksschule, ab 1874 eine reine Knabenvolksschule, kurzzeitig außerdem eine Bürgerschule und nach dem Zu- und Umbau 1908 eine Mädchenvolksschule.
Schulanfänge
Anfang der 1870er Jahre mietete die Stadt Wien das Privathaus in der Quellengasse (frühere Bezeichnung für die Quellenstraße) 18 auf zehn Jahre, um dort eine Doppelvolksschule, also eine Schule für Knaben und Mädchen, unterzubringen. Im Schuljahr 1874 erfolgte jedoch die Trennung der beiden Geschlechter, sodass für die Mädchenvolksschule mit Gemeinderatsbeschluss vom 5. Mai 1874 in der Himberger Straße 62 zwölf Wohnungen für insgesamt neun Lehrzimmer gemietet wurden. Das Privathaus in der Quellengasse 18 war somit nur noch für die Knabenschule bestimmt. Im Kommunalkalender scheint erst ab dem Jahr 1875 eine Knabenvolksschule mit fünf Klassen und Oberlehrer Josef Huber als Leiter der Schule in der Quellengasse 18, die bis 1876 noch dem 4. Wiener Gemeindebezirk Wieden zugehörig war, auf. Nach der Entstehung des 10. Bezirks wechselte die Straßennummerierung, sodass sich die Knabenvolksschule ab dem Jahr 1877 in der Quellengasse 52 wiederfindet. Aus der "Quellengasse" wurde erst 1907 die "Quellenstraße".
1896-1898: Zusätzliche Bürgerschule
Im Jahr 1896 plante die Gemeinde Wien auf dem neu erworbenen und nun in ihrem Besitz befindlichen Grund in der Quellengasse 52 die zusätzliche Errichtung einer Bürgerschule. Nach Demolierung des dort bestandenen Hofquertrakts wurde mit den Bauarbeiten Ende März 1896 begonnen. Im gleichen Jahr stand bereits der Rohbau. Das Schulgebäude konnte mit Beginn des Schuljahres 1897/1898 der Benützung übergeben werden. Eine Bürgerschule für Knaben und Mädchen taucht im Kommunalkalender allerdings nur in den Jahren 1898 und 1899 (in den Standesausweisen in den Jahren 1896/1897 und 1897/1898) auf, weshalb eine Umsiedlung der Bürgerschule an einen anderen Standort naheliegt.
1908: Um- und Ausbau
Im Jahr 1908 wurde dann ein Schulbauprojekt für den Um- und Ausbau der mittlerweile wieder zur Doppelvolksschule (ab 1900 befand sich an diesem Standort auch wieder eine Mädchenvolksschule) gewordenen Schule Quellenstraße 52/54 genehmigt, welcher im Jahr 1909 bereits abgeschlossen war. Zu dem Umbau des alten, in die Jahre gekommenen Knabenvolksschultraktes wurde der Nachbargrund samt Haus hinzu erworben und nach Demolierung dieses Hauses und der alten Schule auf der vergrößerten Grundfläche das neue Schulhaus errichtet.
Ab diesem Zeitpunkt befand sich die Mädchenvolksschule unter der Adresse Quellenstraße 52, während die Knabenvolksschule in der Quellenstraße 54 zu finden war.
Schulausstattung
Das Gebäude der 1896 erbauten Bürgerschule bestand aus einem dreistöckigen Hofquertrakt und einem ebenerdigen Hofseitentrakt, in welchem der Turnsaal untergebracht war. Der Haupttrakt enthielt zwölf Lehrzimmer, einen Zeichensaal, ein Schulleiterzimmer, ein Konferenzzimmer und fünf Lehrmittelzimmer, eine Turnsaalgarderobe sowie die Schuldienerwohnung.
Nach dem Umbau im Jahr 1908 bestand das Schulgebäude in der Quellenstraße 52 nun aus einem vierstöckigen Gassen- und einem ebenerdigen Hoftrakt und enthielt 13 Lehrzimmer, einen Turnsaal samt Umkleideraum, eine Kanzlei, ein Konferenzzimmer, ein Lehrmittelzimmer, zwei Schulwerkstättenräume, ein Schulausspeiseraum und eine Schuldienerwohnung. Um den Straßenlärm, den Staub und die Sonnenhitze zu vermeiden, sämtliche Lehrzimmer gegen den großen Schulhof gerichtet waren; Gänge, Stiegenhaus, Aborte und Nebenräume hingegen wurden gegen die Quellenstraße situiert. Das Schulgebäude erhielt Eisenbetondecken, um die Deckenbeschüttung zu vermeiden, für welche ein sanitär einwandfreies Material nur schwer zu erhalten war. Es wurden in den Gängen Garderobekästen aus Drahtgeflecht angebracht (statt der Kleiderrechen in den Lehrzimmern).
Erster Weltkrieg
Während des Ersten Weltkriegs fungierten beide Schulen in der Quellenstraße 52/54 als Standort für eine Bezirksaushilfslehrkraft. Während der Kriegszeit wurden insgesamt elf Klassenzimmer von der Mädchenvolksschule Laaer Straße 1 belegt, die ebenfalls den Turnsaal mitbenützten. Außerdem wurde der Mädchenturnsaal von den Knaben aus der Quellenstraße 54 sowie von der Mädchenvolksschule Laaer Straße 1 benützt. Zudem wurde angegeben, dass die Mädchenbürgerschulen aus der Erlachgasse 19 und Antonsplatz 11 die Stenographiestation der Mädchenvolksschule Quellenstraße 52 benützten, die allerdings davor nie im Standesausweis angegeben worden waren.
NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg
Kurz vor den bürgerkriegsähnlichen Ereignissen im Februar 1934 Jahres als Aufstand gegen die Errichtung des Ständestaats gab es einen Wechsel in der Schulleitung. Oberlehrerin Ludmilla Hradelovsky übernahm ab 1. Juli 1933 die Leitung der Mädchenvolksschule. Die wenigen jüdischen Schulkinder, die es noch in den Jahren 1934/1935 gegeben hatte (sieben jüdische Mädchen auf insgesamt 254 Schülerinnen) verschwanden bis zum "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 gänzlich. Ab 1. Juli 1937 übernahm dann Oberlehrerin Anna Rabl die Agenden der Schule.
Auf die Räumlichkeiten der Schule griffen nationalsozialistische Organisationen zurück. So belegten das Deutsche Jungvolk beziehungsweise die Hitlerjugend und der Bund deutscher Mädel sowie die paramilitärische Kampforganisation SA wöchentlich den Turnsaal. Der tschechische Turnverein "Orel" sowie der jüdische Turnverein "Makkabi", die Anfang der 1930er Jahren auch noch den Turnsaal der Mädchenvolksschule mitbenützt hatten, tauchen nicht mehr auf. Seit Schulbeginn 1939/1940 bis Kriegsende war die Mädchenvolksschule dann ganz in der Mädchenvolksschule Uhlandgasse 1a untergebracht, da das eigene Schulgebäude als Reservelazarett diente. Gleiches galt für die benachbarte Knabenvolksschule, die in der Knabenvolksschule Uhlandgasse 1 unterkam.
Laut dem Kriegsschädenplan von 1946 hatte das Schulgebäude in der Quellenstraße 52-54 auch einige Bombentreffer abbekommen.
Zweite Hälfte 20. Jahrhundert und Gegenwart
Während im Jahr 1953 im Handbuch der Stadt Wien nur eine Knabenmädchenvolksschule in der Quellenstraße 52/54 geführt wird, taucht bereits im Jahr 1955 Sprachheilkurse und eine "Sonderschule für Schwachbefähigte" mit Exposituren in der Tolbuchinstraße 468, in der Triesterstraße 114 sowie in der Schrankenberggasse 32 am Standort Quellenstraße 52 auf. In den darauffolgenden Jahren wird die Schule als Allgemeine Sonderschule (ASO) geführt, zeitweise sogar mit einem Polytechnischen Lehrgang.
Heute versteht sich die Sonderschule Quellenstraße 52 als Bildungseinrichtung für Kinder mit unterschiedlichsten persönlichen Bedürfnissen und als Schulzentrum mit den Fachbereichen Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik ("FIDS10"). Die Förderung der Sozial- und Lesekompetenz sowie die Vermittlung der Nachhaltigkeit stehen im Fokus. Die Schülerinnen und Schüler besuchen sieben Klassen und werden von 20 Klassen- sowie Teamlehrerinnen und -lehrern betreut.
Zur schulischen Ausstattung gehören neben den sieben Klassenzimmern unter anderem ein EDV-Raum, eine Schulküche, ein Turnraum, ein Raum für textiles und handwerkliches Werken sowie zwei Allzweck-Gruppenräume.
Quellen
- Handbuch der Stadt Wien. 70. amtlich redigierter Jahrgang. Wien: Verlag für Jugend und Volk [1955]
- Handbuch der Stadt Wien. 67.-68. amtlich redigierter Jahrgang. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1952/1953
- Georeferenzierter Kriegsschädenplan von 1946 in Wien Kulturgut
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bestand 2.2.2.2.A9/1 - Standesausweise: Öffentliche Schulen 1916-1945
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bestand 2.2.2.2.B4 - Standesausweise 1876-1915
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bestand 2.2.2.4.P10/10 - Schulplan Quellenstraße 52-54
- Wiener Communal-Kalender und städtisches Jahrbuch. 1899. Wien: Druck und Verlag von Johann N. Vernay 1899
- Wiener Communal-Kalender und städtisches Jahrbuch. 1898. Wien: Druck und Verlag von Johann N. Vernay 1898
- Wiener Communal-Kalender und städtisches Jahrbuch. 1892. Wien: Druck und Verlag von Carl Gerold’s Sohn 1892
- Wiener Communal-Kalender und städtisches Jahrbuch. 1877. Wien: Manz’sche k. k. Hof-Verlags- und Universitäts-Buchhandlung 1877
- Wiener Kommunal-Kalender und städtisches Jahrbuch. 1876. Wien: J. G. Manz’schen Buchhandlung 1876
- Wiener Kommunal-Kalender und städtisches Jahrbuch. 1875. Wien: J. G. Manz’schen Buchhandlung 1875
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1909. Bericht des Bürgermeisters Dr. Josef Neumayer. Wien: Gerlach & Wiedling, Buch und Kunstverlag 1910
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1908. Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger. Wien: In Kommission bei] Gerlach & Wiedling, Buch und Kunstverlag 1910
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien in den Jahren 1894-1896. Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger. Wien: Wilhelm Braumüller, k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1898
- Die Gemeinde-Verwaltung der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien in den Jahren 1874 bis 1876. Bericht des Bürgermeisters Dr. Cajetan Felder vorgelegt dem Gemeinderathe im Dezember 1877. Wien: Verlag des Gemeinderathes der Stadt Wien 1878
- Die Gemeinde-Verwaltung der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien in den Jahren 1871 bis 1873. Bericht des Bürgermeisters Dr. Cajetan Felder vorgelegt dem Gemeinderathe im November 1874. Wien: Verlag des Gemeinderathes der Stadt Wien 1874