Das Wiener Bürgerspital erwarb seit dem 13. Jahrhundert Wälder, die im heutigen Wiener Stadtgebiet und knapp außerhalb in Breitenfurt und Purkersdorf liegen. Sie waren Teil der Grundherrschaft des Wiener Bürgerspitals. Mit der Auflösung des Bürgerspitalfonds durch die Nationalsozialisten im Jahr 1941 gingen die Wälder in das Eigentum der Stadt Wien über. Soweit sie sich heute noch im Besitz der Stadt befinden, werden sie nun vom Klima, Forst- und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien bewirtschaftet.
- Kalksburger Wald, auch Breitenfurter oder Rodauner Wald bzw. Roten Stadel-Wald, seit 1289
- Erster Weidlingauer Wald, auch Wurzbacher Forst, in der Katastralgemeinde Hadersdorf gelegen, seit 1315
- Zweiter Weidlingauer Wald, auch Rotwasserwald genannt, gelegen in der Katastralgemeinde Purkersdorf am Gelben Berg, seit 1386
- Hadersdorfer Bürgerspitalwald, bestehend aus zwei Teilstücken um den Kolbeterberg, seit 1542. Der stadtnähere, östliche Teil gehörte vor der Einverleibung 1706 dem Spital zu St. Marx.
- Gablitzer Wald, 1387 für sechs Jahre von den Johannitern dem Bürgerspital zur Nutzung überlassen. Mit der Inkorporierung des Spital zu St. Marx 1706 übernahm das Bürgerspital wieder einen Wald in Gablitz (Niederösterreich, Wienerwald), der fortan "Marxer Wald" nächst Gablitz oder "Gablitzer Wald" hieß.
- Obere Spitalau, die Spittelau, seit 1373; Auwald an der Donau
- Untere Spitalau, im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit, seit 1377 Augebiete (Rohrschütt, Ernstin, Langes Holz - Spitalau, Pöckleins Au [1446]) angrenzend an Stadlau und Kagran;[1] Stadtgut mit Schüttau.
Waldnutzung in Mittelalter und Früher Neuzeit
Aufgrund der manigfachen Anforderungen standen die Waldflächen in vielfacher Nutzung: von Hochwäldern mit Bauholznutzung über Brennholz- und Wiesennutzung bis hin zur Fischerei im Auwaldbereich. Entscheidend waren die wirtschaftlichen Erfordernisse. Man benötigte sowohl Brenn- wie Bauholz, aber auch Weinstecken und Zaunholz. Das erforderte verschieden Holzqualitäten, die aus verschiedenen Holzarten mit unterschiedlichen Umtriebszeiten zu gewinnen waren. Im Auwald lassen sich auch sehr kurze Nutzungsintervalle – mehrjährige Zyklen (7 bis 10 Jahre), Kurzumtriebsflächen mit Kopfweiden zum Beispiel – konstatieren. Diese sind für Brennholz typisch, das zum Beispiel auch in erheblichem Ausmaß im Brauhaus des Bürgerspitals benötigt wurde. Auch der Kalksburger Wald diente im 16. Jahrhundert der geringwertigen Nutzholzproduktion, indem aus diesem die großer Zahl an Weinstecken für die eigenen Wengärten gedeckt wurde, was kurze Umtriebszeiten bedeutet.
Die Waldmeister waren aber auch angewiesen darauf zu achten, dass genug Stammholz produziert wurde, welches die nötige Energiedichte aufwies, um für den kilometerlangen Transport an den Verwendungsort sinnvoll genutzt werden zu können. Der Transport von Stammholz über größere Distanzen ist seit dem Mittelalter nachweisbar ebenso wie der landesfürstliche Wille zu nachhaltiger Holzproduktion. In ökonomisch schlechten Zeiten mit vielen zu betreuenden Menschen stieg der Nutzungsdruck auf die Wälder, da mehr Ressourcen, insbesondere Bauholz, benötigt wurden. Die Wälder waren zumeist lichte Mischwälder, die auch zur lokalen Waldweide genutzt wurden.[2] Plantagenwirtschaft und weitgehende Monokulturen hielten in den Bürgerspitalwäldern erst ab dem späten 18./frühen 19. Jahrhundert Einzug.
Quantifizierung im Jahr 1748
Im Oktober 1748 wurden die Spitalswälder vermessen und ihr Ertrag geschätzt:
- Der Rotwasserwald (Weidlingauer Bürgerspitalwald 2) maß 95.542,75 (wohl richtig: 145.142) Quadratklafter (90,5 Joch, 342,75 Klafter). Die Fläche war hauptsächlich mit Tannen und anderen Weichhölzern bestanden, mit „groben“ Eichen untermischt. Jährlich konnten 50 Klafter daraus geschlagen werden.
- Der Wurzbachwald (Weidlingauer Bürgerspitalwald 1) maß 59.571,25 Quadratklafter (37 Joch, 371,25 Klafter). Er war hauptsächlich mit Buchen bestanden. Jährlich konnten 40 Klafter geschlagen werden.
- Der Hadersdorfer Wald maß 48.810,5 Quadratklafter (30,5 Joch). Er bestand großteils aus jungen Weißbuchen. Künftig würde man jährlich nicht mehr als 10 Klafter schlagen können.
- Der Schuhbrecherwald (ehemals St. Marx, dann Teil des Hadersdorfer Bürgerspitalwalds) maß 80.000 Quadtratklafter (50 Joch). Er bestand großteils in „groben“ Eichen und wenigen jungen Buchen. In Zukunft könnten 25 (mit Bleistift auf 10 korrigiert) Klafter geschlagen werden.
- Der Kalksburger Wald maß 150 Joch. Er war hauptsächlich mit Tannen bewachsen und etlichen wenigen Eichen und Buchen. Jährlich schlagbar waren 150 Klafter (mit Bleistift zeitgenössisch korrigiert: 40 Kl. Tannen und 20 Kl. Buchen)[3]
Grenzsteine und Grenzsteintypen
Mittels Grenzsteinen markierten die Grundherrschaften ihre Territorien. Bereits in den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Weistümern und Banntaidingen werden das Setzen, Versetzen und der generelle Umgang mit Grenzzeichen eingehend thematisiert und Vergehen in Bezug auf diese Materie streng bestraft.
Von keiner ehemaligen Wiener Grundherrschaft sind derart viele und verschiedene Grenzsteintypen überliefert wie vom Wiener Bürgerspital:
- Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 1; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 2; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 3; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 4; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 5; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 6; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 7; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 8; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 9; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 10; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 11; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 12; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 13; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 14; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 15; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 16; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 17; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 18; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 19; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 20; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 21; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 22; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 23; Bürgerspitalwald Grenzsteintyp 24
Grenzsteine in den ehemaligen Bürgerspitalwäldern
Interaktive Karte
Literatur
- Christoph Sonnlechner: Bürger und Wald. Überlegungen zur Nutzung von Wiener Bürgerspitalwäldern im Mittelalter. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 66 (2010), S. 223-255
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bürgerspital, A1
Einzelnachweise
- ↑ Zum Problem der Nutzbarkeit bzw. Fassbarkeit der Inseln im Augebiet in Spätmittelalter und Frühneuzeit siehe Christoph Sonnlechner / Severin Hohensinner / Gertrud Haidvogl: Floods, fights and a fluid river: The Viennese Danube in the sixteenth century. In: Water History 5/2 (2013), pp. 173-194, hier S. 190-192
- ↑ Christoph Sonnlechner: Bürger und Wald. Überlegungen zur Nutzung von Wiener Bürgerspitalwäldern im Mittelalter. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 66 (2010), S. 243-255
- ↑ Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bürgerspital, A1, XLVI/16