Ceija Stojka

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Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Stojka, Ceija
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Horvath-Stojka, Margarete; Horvath, Margarete; Rigo Stojka, Margarethe
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel Prof.
Geschlecht weiblich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  34238
GNDGemeindsame Normdatei 118842579
Wikidata Q546337
GeburtsdatumDatum der Geburt 23. Mai 1933
GeburtsortOrt der Geburt Kraubath an der Mur 7592194-7
SterbedatumSterbedatum 28. Jänner 2013
SterbeortSterbeort Wien 4066009-6
BerufBeruf Schriftstellerin, Malerin
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki 
RessourceUrsprüngliche Ressource  Gedenktage
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Letzte Änderung am 19.09.2024 durch WIEN1.lanm09fri
BestattungsdatumDatum der Bestattung  5. Februar 2013
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde Großjedlersdorfer Friedhof
Grabstelle Gruppe 13, Reihe 2, Nummer 10
GrabwidmungGrabwidmung als Ehrengrab, historisches oder ehrenhalber gewidmetes Grab  ehrenhalber gewidmetes Grab
  • 10., Belgradplatz (Wohnadresse)
  • 16., Paletzgasse 42 (Wohnadresse)
  • 19., Hohenauergasse (Wohnadresse)
  • 18., Gymnasiumstraße 23 (Wohnadresse)
  • 7., Kaiserstraße (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch (Verleihung: 1993)
  • Josef-Felder-Preis (Verleihung: 2000)
  • Goldenes Verdienstzeichen des Landes Wien (Verleihung: 2001)
  • Humanitätsmedaille der Stadt Linz (Verleihung: 2004)
  • Goldenes Verdienstzeichen des Landes Oberösterreich (Verleihung: 2005)
  • Fernsehpreis der Österreichischen Erwachsenenbildung (Verleihung: 2006)
  • Istituto Cultura Gitana Award for Fine Art (Verleihung: 2023)

Ceija Stojka, * 23. Mai 1933 Kraubath an der Mur, † 28. Jänner 2013 Wien, Marktfahrerin, Schriftstellerin, Malerin, Zeitzeugin, Rom*nija-Aktivistin.

Biografie

Ceija Stojka wurde 1933 in der Steiermark in eine Familie von reisenden Lovara-Rom*nija geboren, die ihre Winter meist in Wien verbrachten. Sie war das fünfte von sechs Kindern. Ihre Mutter Maria Sidonie Rigo Stojka (1906–1972) bot Stoffe und Spitzen zum Verkauf, ihr Vater Karl Wackar Horvath (1908–1942) war Pferdehändler.

Verfolgung während der NS-Zeit

Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme 1938 in Österreich erhöhte sich für Stojka und ihre Familie die Bedrohungslage, wobei die Grundlage für die Verfolgung in der NS-Zeit schon während des Austrofaschismus mit der 1936 erfolgten Einrichtung der "Zentralstelle zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens" gelegt worden war. Nach der Implementierung der rassisch begründeten "Zigeuner“-Verfolgung begann mit dem Zweiten Weltkrieg jene Phase der NS-"Rassenpolitik", die auf physische Auslöschung zielte. Am 17. Oktober 1939 erging vom Reichssicherheitshauptamt ein Schnellbrief an alle Polizeibehörden, um die beabsichtigte, vollständige Deportation aller Rom*nija innerhalb des NS-Gebietes vorzubereiten und umzusetzen. Der sogenannte Festsetzungserlass verbot Rom*nija ihren aktuellen Aufenthaltsort zu verlassen. Die Strafe bei Missachtung war die sofortige Deportation in ein Konzentrationslager, was im Normalfall auch durchgeführt wurde. Die Familie Stojka wohnte zu diesem Zeitpunkt neben dem Kongreßbad in ihrem zur Hütte umgebauten Wohnwagen. Dieser unauffälligere Wohnort rettete die Familie vor der ersten Deportationswelle in das Ghetto Lodz/Litzmannstadt, die 1941 die Bewohner*innen der Hellerwiese und der Wankogstätt'n – beide jahrhundertealte Lagerplätze der Rom*nija – traf. Stojkas Vater wurde jedoch im gleichen Jahr festgenommen, in das KZ Dachau deportiert und schließlich 1942 im Rahmen der Tötungsaktion T4 in der Euthanasieanstalt Hartheim ermordet. Auch Ceija Stojkas Schwester Katharina "Kathi", verheiratete Kaslow/Kaslov (1927–1999) wurde vor der übrigen Familie deportiert.

Ceija Stojka konnte bis März 1942 die Schule besuchen. Mit ihrer Familie wurde sie am 3. März 1943 von der Gestapo festgenommen, in der Roßauer Kaserne inhaftiert und Ende März in das KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Ihr jüngster Bruder Josef "Ossi" Stojka (1935–1944) starb dort an einer Typhuserkrankung. Ceija Stojka wurde kurz vor der Auflösung des sogenannten Zigeunerlagers im KZ Auschwitz-Birkenau (Abschnitt B IIe) 1944 mit ihrer Mutter und ihre Schwester Katharina in das KZ Ravensbrück verlegt. Die beiden noch lebenden Brüder Karl und Johann "Mongo" kamen in das KZ Buchenwald. Die Schwester Maria "Mitzi/Mizzi" Stojka (geboren 1926) wurde bereits zuvor am 15. April 1943 in das KZ Ravensbrück verlegt. Anfang des Jahres 1945 wurden Ceija Stojka und ihre Mutter in das KZ Bergen-Belsen verlegt, wo sie am 15. April britische Soldaten befreiten.

Leben nach 1945

Nach Wien zurückgekehrt kamen die überlebenden Familienmitglieder – von 200 Personen überlebten sechs – zunächst in einer leerstehenden Wohnung unter. Nach Rückkehr der Bewohner*innen kehrte die Familie Stojka zu einem umherziehenden Lebensstil zurück.

Ceija Stojka war Mutter drei Kinder: Willibald "Hojda" (geboren 1949), Silvia (1951–2012) und Jano (1955 –1979). 1955 zog Ceija Stojka mit ihrer Familie in den 20. Bezirk. Sie arbeitete bis 1984 als Markfahrerin und Teppichverkäuferin. Darüber hinaus engagierte Ceija Stojka sich für die Anerkennung der Verfolgung von Rom*nija und gegen deren anhaltende Diskriminierung. Als Zeitzeugin vermittelte sie ihre Erfahrungen zwischen 1992 und 2012 zahlreichen Schüler*innen im Kulturzentrum Amerlinghaus. 2009 wurde ihr als Anerkennung vom österreichischen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur der Berufstitel Professor verliehen.

Ceija Stojka starb 2013 in Wien und wurde am Großjedlersdorfer Friedhof beigesetzt. Seit 2014 ist der Ceija-Stojka-Platz im 7. Bezirk nach der Künstlerin benannt.

Künstlerisches Werk

In den 1980er Jahren begann Ceija Stojka ihre Erlebnisse während der NS-Zeit aufzuschreiben, was zunächst zu Spannungen mit ihrem damaligen Lebensgefährten Kalman Horvath führte. Als Romni über den Holocaust zu schreiben, bedeutete eine mehrfache Grenzüberschreitung: Stojka outete sich und ihre Familie als Rom*nija, was sie potenziellen Angriffen und Diskriminierung aussetzte. Sie bezeugte mit Ihrem Schreiben den nationalsozialistischen Massenmord an Europas größter ethnischen Minderheit, der zuerst geleugnet und dann lange ignoriert wurde. Durch das Niederschreiben wählte sie außerdem ein bis dahin den Gadje (Nicht-Rom*nija) zugeordnetes Medium, anstatt sich in der lange etablierten mündlichen Erzähltradition ihrer Kultur zu äußern.

Stojkas "Wir leben im Verborgenen. Erinnerungen einer Rom-Zigeunerin" (1988) war in Österreich die erste Autobiografie eines*einer Rom*ni, in der über die NS-Verfolgung berichtet wurde. Die Literaturwissenschaftlerin Beate Eder-Jordan bezeichnete Ceija Stojka deshalb als Initiatorin der österreichischen Rom*nija-Literatur. "Wir leben im Verborgenen" war auch das erste Ergebnis der rund 25-jährigen Zusammenarbeit von Ceija Stojka mit Karin Berger (geboren 1953). Die Autorin und Dokumentarfilmerin übernahm die Herausgeberinnenrolle bei einem Großteil von Stojkas literarischen Werken, die sie für die Publikation vorbereitete, und drehte zwei Filme mit Stojka als Protagonistin: "Ceija Stojka – Porträt einer Romni" (1999) und "Unter den Brettern hellgrünes Gras" (2005). Stojkas Texte wurden in diverse Sprachen übersetzt, etwa in das Italienische, Niederländische, Japanische und Tschechische.

Kurz nach Stojkas Schreibbeginn entstanden Ende der 1980er Jahre auch die ersten Bilder und Zeichnungen. Die bis zu ihrem Tod angefertigten, über tausend Werke lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Die "hellen Bilder" zeigen Stojkas glückliche Erinnerungen an Kindheit, Reisen, Märkte und Familienzusammenkünfte, wohingegen die "dunklen Bilder" von Diskriminierung, Verfolgung und den Konzentrationslagern erzählen. Sie wurden in zahlreichen Ausstellungen weltweit gezeigt, etwa im Amerlinghaus und im Jüdischen Museum in Wien, der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, im Kunstquartier Kreuzberg und der Galerie Kai Dikhas in Berlin, im Französischen Kulturinstitut in Budapest sowie an der Sonoma State University (Kalifornien), der Pacific University (Oregon) und am Austrian Cultural Forum New York.

2000 nahm Ceija Stojka das Musikalbum "Me Diklem Suno" (Ich hatte einen Traum) mit selbst geschriebenen und gesungenen Liedern in Romanes auf. Ihr Sohn Willibald "Hodja" Stojka begleitet sie dabei auf der Gitarre.

2018 wurde die "Ceija Stojka International Association" ins Leben gerufen, die die Erinnerung an die Künstlerin und ihr Werk fördert.

Werke (Auswahl)

  • Ceija Stojka: Wir leben im Verborgenen. Erinnerungen einer Rom-Zigeunerin. Wien: Picus Verlag 1988
  • Ceija Stojka: Reisende auf dieser Welt. Aus dem Leben einer Rom-Zigeunerin. Wien: Picus Verlag 1992
  • Ceija Stojka / Nuna Stojka: Meine Wahl zu schreiben – ich kann es nicht / O fallo de isgiri - me tschichanaf les. Landeck: Eye Verlag 2003
  • Ceija Stojka: Träume ich, dass ich lebe? Befreit aus Bergen-Belsen. Wien: Picus Verlag 2005
  • Ceija Stojka: Auschwitz ist mein Mantel. Bilder und Texte. Wien: Edition Exil 2008
  • Ceija Stojka: Wir leben im Verborgenen. Aufzeichnungen einer Romni zwischen den Welten. Wien: Picus Verlag 2013

Literatur

  • Stephanie Buhmann / Lorely E. French / Susanne Keppler-Schlesinger / Carina Kurta [Hg.]: Roma Artist Ceija Stojka. What Should I Be Afraid of? München: Hirmer Verlag 2023
  • Ceija Stojka: Und es hat nicht aufgehört, bis heute nicht / Bilder aus "Auschwitz ist mein Mantel". In: Renate S. Meissner [Hg.]: Erinnerungen. Lebensgeschichten von Opfern des Nationalsozialismus. Band 6/1. Wien: Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus 2021, S. 108–161
  • Katrin Kühnert: Holocaust-Autobiografien von Roma. Darstellungsformen der Verfolgung und Vernichtung während des Nationalsozialismus. MA. Univ. Wien. Wien 2020
  • Gerhard Milchram: Ceija Stojka. Wo sind unsere Rom? In: Wien Museum Magazin, 30.01.2020
  • Karola Fings: Gutachten zum Schnellbrief des Reichssicherheitshauptamtes – Tgb. Nr. RKPA. 149/1939 -g- – vom 17.10.1939 betr. "Zigeunererfassung" ("Festsetzungserlass"). In: Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, 2018
  • Karin Berger: Ceija Stojka – Lebensorte. Zum Leben und Schreiben Ceija Stojkas (1933–2013). In: Andrea Härle et al [Hg.]: Romane Thana. Orte der Roma und Sinti. Wien: Czernin Verlag 2015, S. 98–117
  • Beate Eder-Jordan: Literarische Orte der Roma. In: Andrea Härle et al [Hg.]: Romane Thana. Orte der Roma und Sinti. Wien: Czernin Verlag 2015, S. 194–200
  • Katharina Janoska: Literatur von und über Roma. Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Oberwart: edition lex liszt 2015
  • Peter Autengruber: Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, Hintergrundinformation frühere Bezeichnung(en). Wien Pichler-Verlag, 9. Auflage 2014, S. 60
  • Lith Bahlmann [Hg.]: Ceija Stojka (1933–2013). Sogar der Tod hat Angst vor Auschwitz. Nürnberg: Verlag für Moderne Kunst 2014
  • Michael Zimmermann: Die nationalsozialistische Zigeunerverfolgung in Ost- und Südosteuropa – ein Überblick. In: Felicitas Fischer von Weikersthal / Christoph Garstka / Urs Heftrich / Heinz-Dietrich Löwe [Hg.]: Der nationalsozialistische Genozid an den Roma Osteuropas. Geschichte und künstlerische Verarbeitung. Köln / Weimar / Wien: Böhlau Verlag 2008, S. 3–28
  • Ceija Stojka: "Auschwitz ist greifbar und sichtbar. Der ein Herz hat, der kann es anschauen und kann es fühlen und riechen sogar – den Wahnsinn." In: Helga Amesberger / Brigitte Halbmayr [Hg.]: Vom Leben und Überleben – Wege nach Ravensbrück. Das Frauenkonzentrationslager in der Erinnerung. Band 2 – Lebensgeschichten. Wien: Promedia 2001, S. 216–222
  • Karin Berger / Elisabeth Holzinger / Lotto Podgornik / Lisbeth N. Trallori [Hg.]: Ich geb Dir einen Mantel, daß Du ihn noch in Freiheit tragen kannst. Widerstehen im KZ. Österreichische Frauen erzählen. Wien: Promedia 1987
  • Österreichisches Musiklexikon online: Stojka, Familie [Stand: 31.07.2024]


Ceija Stojka im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks