Chroniken
Chroniken, Aufzeichnungen von Ereignissen nach ihrem zeitlichen Ablauf, besonders im Mittelalter sehr beliebt (auch Reimchroniken), oft ungenau und sagenhaft ausgeschmückt.
Neben Darstellungen zur österreichischen Geschichte (die älteste Überlieferung ist das Breve Chronicon Austriacum Mellicense, das der Melker Abt Konrad von Weißenburg [1177-1203] angeblich auf Wunsch Herzog Leopolds V. schrieb) sind (zum Teil mit Nachrichten über Wien) zu nennen: Weltchronik und Fürstenbuch (13. Jahrhundert) des Jans Enenkel (der unter anderem über den (Alten) Berghof schreibt) und die Steirische Reimchronik des Ottokar von Steiermark.
Die „Chronik von den 95 Herrschaften" des Wiener Augustiner-Eremiten Leopold Stainreuter († um 1400) behandelt sagenhaft die Urgeschichte Österreichs bis 1398, von Jakob Unrest († 1500) stammt eine bis 1499 reichende Chronik; vor 1350 setzt die „Kleine Klosterneuburger Chronik" ein, die als Sprachdenkmal eine gewisse Bedeutung erlangt hat.
Ein reichhaltiges chronikales Werk hinterließ Thomas Ebendorfer. Als Geschichtsschreiber nüchtern, doch am Detail interessiert, vermittelt er vor allem in der „Cronica Austriae" viele wichtige Einzelheiten, die zum Teil auf persönlichen Erlebnissen beruhen, ebenso auch eine eingehende zeitgenössische Schilderung und Beurteilung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Österreich und Wien um die Mitte des 15. Jahrhunderts einschließlich der zahlreichen „Plagen" (Epidemien, Heuschrecken, Dürre); die „Cronica Austriae" ist eine der wichtigsten spätmittelalterlichen österreichischen Geschichtsquellen.
Er hinterließ auch eine „Kaiserchronik" (Cronica regnum Romanorum, 1452) und eine „Papstchronik" (Cronica pontificium Romanorum). Für die spannungsreichen Jahrzehnte am Beginn der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ist das „Buch von den Wienern" von Michael Beheim von Bedeutung (1462-1465, darin auch Beschreibung der Belagerung Friedrichs III. in der Hofburg 1462).
Quellenkritik findet man erst in der Geschichtsschreibung des Humanismus. Im 16. Jahrhundert wandte man sich auch von großräumigen Darstellungen ab und widmete sich der Landesgeschichte; der erste Vertreter dieser Richtung in Österreich war Johannes Cuspinian, der zwei wesentliche historiographische Werke hinterließ („De Caesaribus", „Austria"). Cuspinian konnte sich von der gotisch-scholastischen Tradition Wiens nicht völlig lösen, außerdem setzte sich auch die enge Verbindung zur berühmten Klosterneuburger Kartographie fort; mit seiner „Austria" begann die eigentliche historische Landeskunde.
Literatur
- Alphons Lhotsky: Österreichische Historiographie. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 1962