Ernst Loenner

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Ernst Loenner, 1932
Daten zur Person

Ernst Loenner, * 5. Januar 1903 Wien, † 8. Oktober 1982, San Francisco (Kalifornien, USA), Regisseur, Filmautor, Schauspieler.

Biografie

Frühes Leben und Ausbildung

Ernst Loenner wurde als Sohn des Buchdruckers Heinrich Löwy und Bertha Löwy geboren. Er hatte eine Schwester, Edith Thaler. Nach der Volksschule sowie fünf Mittelschulklassen studierte Loenner von 1922 bis 1925 an der Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst, zunächst bei Ernst Arndt und besuchte die Nebenfächer bei Leo Dubois (Mimik und Tanz), Martin Werdnik (Fechten), Eduard Traversa (Französische Sprache), Adalbert Seligmann (Kostümkunde) und Heinrich Kretschmayr (Allgemeine Geschichte und Mythologie). Daraufhin studierte er im Hauptfach bei Rudolf Beer und besuchte als einziges Nebenfach Sprech- und Vortragsübung bei Gabriele „Ella“ Arnau. Dass er keine Reifeprüfung abgelegte, liegt vermutlich daran, dass er zahlreiche vorgeschriebene Nebenfächer nicht besuchte. Bereits während seiner Ausbildung führte er Regie bei Gastspielen in Krieglach und Kindberg.

Beruflicher Werdegang

Von 1924 bis 1926 war Loenner bereits als Schauspieler und Regisseur in Gablonz (Tschechoslowakei) und Meissen tätig. Anschließend übernahm er die künstlerische Leitung des „Freien Theaters“ in Wien, das von der Sozialdemokratischen Kunststelle unterstützt wurde. Die Aufführungen fanden unter anderem in Arbeiterheimen, Saalbühnen, dem Kinosaal der Sozialdemokratischen Kunststelle und dem Margaretener Volksbildungshaus statt. Zu den von ihm inszenierten Stücken zählten „Freiheit in Krähwinkel“, „Eulenspiegel oder Schabernack über Schabernack“, Ernst Tollers Tragödie „Hinkemann“ und „Die Leute aus Dangaard“. Anfang 1927 verließ Loenner das Freie Theater , gab seine Wiener Wohnung auf und zog nach Berlin, wo er an der Piscator-Bühne als Regisseur arbeitete. Dort leitete er zwei Tourneen und inszenierte am Lessingtheater. An der Berliner Volksbühne inszenierte er das Drama „Hinkemann“ und wurde Leiter der Piscator-Schule. 1929 gründete er das Berliner Volkstheater, eine Arbeiterwanderbühne, deren Ehrenausschuss namhafte Persönlichkeiten wie Thomas und Heinrich Mann sowie Stefan Zweig umfasste. Wegen der politischen Verhältnisse musste die Bühne unter der Regierung Franz von Papens ihren Betrieb einstellen. Anschließend war Loenner als Manuskriptautor bei der Karen von Bredow-Film GmbH sowie als Dialogleiter und Autor bei Terra-Kollektiv-Film tätig. Hier arbeitete er unter anderem mit Frank Wysbar an Filmprojekten. 1933 kehrte Loenner nach Wien zurück und wurde Regisseur an der Österreichischen Volksbühne. Dort brachte er Nestroys „Talisman“ in eigener textlicher und musikalischer Neubearbeitung zu Aufführung. Die Musik stammte von Karl Josef Knaflitsch. Die Bearbeitung Loenners wurde auch danach noch im Bürgertheater und in der Volksoper aufgeführt.

Die Gruppe Ernst Loenner

1934 gründete Loenner die „Gruppe Ernst Loenner“, eine junge Theatergruppe, die von Theaterkritiker*innen als Experimentier-Theater bezeichnet wurde. Zu dem Ensemble gehörten unter anderem Marianne Gerzner, Carl Merz, Fritz Grünne, Stella Sanders, Hans Blum, Egon Sala, Hilde Maria Kraus, Hans Czerny, Agnes Lamm, Martha Nehmer, Hermann Gottwald und Felicitas Schneck. Nach erfolgreichen Theaterinszenierungen in der Komödie, den Kammerspielen, der Volksoper und dem Bürgertheater, zog die Gruppe im Oktober 1935 in das kleine Theater in der Praterstraße 60. Die erste Inszenierung an dem neuen Theater war die deutsche Uraufführung „Die Moldauschiffer“, ein Nachlasswerk des tschechischen Schriftstellers Jaroslav Hašek. Die Premiere musste allerdings aufgrund technischer Schwierigkeiten und einem Konflikt mit dem Verpächter um einige Tage verschoben werden. Weiter inszenierte das Ensemble die Stücke „Sehnsucht nach Henry“ von Robert Lantz, „Dr. Stieglitz“ von Armin Friedmann und Ludwig Nerz, „Die absolute Majorität“ und „Onkel Emil, Onkel Kuno und der Onkel Hannibal“ von Kurt Braun. Im Dezember 1935 übernahm Erwin Weil die dramaturgische Leitung des Kleinen Theaters. 1936 wirkte Ernst Loenner als Regisseur und Schauspieler in der Verfilmung von „Jedermann“ mit. Das Manuskript stammte von Ödön von Horváth. Im selben Jahr zog das Ensemble ins Künstlerhaus um und inszenierte dort „Das Spiel vom Don Quixote“.

Exil

Ernst Loenner plante neben seiner Tätigkeit am Theater die Gründung einer unabhängigen österreichischen Filmproduktion. Er hatte laut eigenen Angaben bereits ein neues Tonpatent erworben, Ateliers zur Verfügung und Probeaufnahmen gedreht, doch der "Anschluss" Österreichs an das NS-Regime am 12. März 1938 zwang ihn aufgrund seiner jüdischen Herkunft zur Emigration. Er floh zunächst nach Italien, dann in die Schweiz, wo er mit der Produktion eines Emigrantenfilms namens „Thanks Switzerland“ unter der Patronanz der dort ansässigen jüdischen Gemeinde begann. Der Film sollte den Dank der Emigranten an die Schweiz ausdrücken, die Arbeit wurde jedoch laut Loenner durch den Krieg unterbrochen. Im Februar 1939 emigrierte Loenner in die USA und lebte zunächst in New York bei seiner Schwester. Er bemühte sich um finanzielle Unterstützung bei der American Guild for German Cultural Freedom, eine 1935 gegründete Hilfsorganisation, die bis 1940 geflüchteten deutschsprachigen Intellektuellen im amerikanischen Exil eine Perspektive für eine physische und berufliche Existenz bieten sollte. Gegenüber der American Guild beschrieb er seine beruflichen Aussichten in den USA: Er habe einen Vertrag mit Hans Hoffmann zur Verwertung von Filmstoffen geschlossen und arbeite an mehreren Schreib- und Film-Projekten. Außerdem wolle er in Hollywood arbeiten. Seine Lage sei allerdings prekär, er bat daher verzweifelt um Förderung. Ob er diese schlussendlich erhielt, ist nicht klar. Er begründete darüber hinaus seine fehlende Popularität im deutschsprachigen Raum gegenüber der Foundation mit der Vermutung, dass er sich fast ausschließlich mit antifaschistischem Theater beschäftigt habe. Trotz seiner Versuche gelang es Loenner nicht, in Hollywood Fuß zu fassen. Stattdessen war er in San Francisco an kleinen Theatern tätig, unter anderem am International Repertory Theater.

Privatleben

In den USA lernte Loenner die damals noch mit Theodor Gottlieb verheiratete Lisa K. Gottlieb, geborene Schein, kennen. Das Ehepaar Gottlieb hatte einen Sohn, Thomas Gottlieb. Nach der Scheidung heirateten Lisa K. Gottlieb und Ernst Loenner und Loenner adoptierte Thomas Gottlieb. Das Ehepaar Loenner bekam noch zwei weitere Kinder, Chris und Matthew Lonner.

Quellen

  • Archiv der Universität für Musik und darstellende Kunst: Matrikelblatt Ernst Löwy (1922)
  • Brief. Loenner, Ernst. - Leipzig: Deutsche Nationalbibliothek, 2024, [Archiv der American Guild for German Cultural Freedom, New York], 11. März 1940
  • E-Mail-Korrespondenz mit Erwin Strouhal vom Archiv der Universität für Musik und darstellende Kunst vom 20. November 2024
  • Memorandum der American Guild. Leipzig: Deutsche Nationalbibliothek, 2024, [Archiv der American Guild for German Cultural Freedom, New York], 15.3.1940
  • Telegramm. American Guild for German Cultural Freedom. - Leipzig : Deutsche Nationalbibliothek, 2024, [Archiv der American Guild for German Cultural Freedom, New York], 26.10.1939

Literatur

  • Thomas D. Lonner: My Blood Strangers. The Rise and Loss of a Viennese Family, 2019
  • University of San Francisco: San Francisco Foghorn, 08. Mai 1964, S. 6
  • Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) 24. September 1936, S. 29
  • Das Kino-Journal 22. Februar 1936, S. 11
  • Die Bühne: Heft 436 1936, S. 48
  • Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) 15. Dezember 1935, S. 16
  • Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) 10. Dezember 1935, S. 10
  • Der Tag 1. Dezember 1935, S. 14
  • Kleine Volks-Zeitung 17. November 1935, S. 29
  • Der Tag 10. Oktober 1935, S. 7
  • Der Tag 12. Juli 1935, S. 8
  • Der Tag 30. Mai 1935, S. 12
  • Der Tag 27. März 1935, S. 9
  • Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) 3. März 1935, S. 12
  • Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) 8. Februar 1935, S. 12
  • Der Tag 6. Februar 1935, S. 7
  • Salzburger Volksblatt: unabh. Tageszeitung f. Stadt u. Land Salzburg, 20. August 1934, S. 7
  • Kleine Volks-Zeitung 23. November 1933, S. 9
  • Der Tag 22. November 1933, S. 8f.
  • Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) 5. Oktober 1931, S. 5
  • Der Tag 1. Juni 1930, S. 20
  • Der Hausbesitzer/Hausherren Zeitung 15. Mai 1927, S. 13
  • Illustriertes Wiener Extrablatt 14. Oktober 1926, S. 6
  • Kunst und Volk Nr. 7, August 1926
  • Grazer Volksblatt 21. Juli 1925. S. 6
  • Grazer Tagblatt 19. Juli 1925. S. 20
  • Mein Film, Nr. 239 S. 2


Ernst Loenner im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks