Gemeindeausschuss
Der Gemeindeausschuss wurde im Zuge der Revolution 1848 eingerichtet und war vom 25. Mai 1848 bis zur Konstituierung des Gemeinderates am 5. Oktober 1848 die gewählte Vertretung der Wiener Bürgerschaft.
Vom Bürger- zum Gemeindeausschuss
Bürgermeister und Magistrat waren nach der josephinischen Gemeindeordnung reine Vollzugsorgane des Staates. Nach Ausbruch der Märzrevolution 1848 sah die Bürgerschaft sich daher auch nicht politisch vertreten. Ein zunächst gebildeter, aber nicht aus einer Wahl hervorgegangener, Bürgerausschuss stellte lediglich ein Provisorium dar. Die Regierung, die an einer Wiederherstellung einer "bürgerlichen Ordnung" interessiert war, drängte darauf, das Provisorium durch eine definitive Gemeindevertretung zu ersetzen. Sie erwirkte am 17. März 1848 eine allerhöchste Entschließung zur Errichtung eines durch die Bürgerschaft gewählten Gemeindeausschusses für die Stadt Wien. Der Gemeindeausschuss sollte gemeinsam mit den Organen und Mitteln der Regierung für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sorgen, die dazu geeigneten Mittel vorschlagen, die genehmigten leiten und die Wünsche der Gemeinde an die Regierung weiterleiten. Mit der Organisation des Gemeindeausschusses wurde Vizebürgermeister Ferdinand Bergmüller unter Beiziehung des Bürgerausschusses beauftragt.
Konstituierung
Ein der Regierung am 12. April vorgelegtes Statut für den Gemeindeausschuss wurde am 18. April als Provisorium genehmigt. Die Zahl der Mitglieder betrug 100 (20 aus der Stadt, 80 aus den Vorstädten). Die Wahl zum Ausschuss fand am 20. Mai statt. Wahlberechtigt war jedoch nur ein kleiner Teil der Bevölkerung nämlich alle Personen im Alter von mindestens 24 Jahren die folgenden Kategorien entsprachen:
- Bürger und Bürgerinnen der Stadt (mit Ausnahme von jenen die eine Armenversorgung erhielten)
- Doktoren aller Fakultäten soweit sie seit mindestens zwei Jahren ihren Wohnsitz in der Stadt hatten
- Direktoren und Lehrende aller Wiener Unterrichtsanstalten
- Pfarrer (katholisch, griechisch uniert/nichtuniert, Prediger der evangelischen Gemeinden, israelitischen Gemeinde)
- Alle übrigen Stadtbewohner mit einer jährlichen direkten Steuerleistung von mindestens 20 Gulden Conventionsmünze
Der Gemeinderatsausschuss hatte die Aufgabe, eine Gemeindeordnung zu entwerfen. Am 25. Mai 1848 fand die Konstituierung des Gemeindeausschusses statt, am 5. Juni wurde dessen Geschäftsordnung genehmigt, am 2. Juni Theodor Friedrich von Hornbostel zum Präsidenten gewählt (der damit de facto die Position des Bürgermeisters innehatte). Die vom Gemeindeausschuss ausgearbeitete Wahlordnung für den Gemeinderat erhielt am 27. August als Provisorium die Zustimmung des Innenministeriums. Am 5. Oktober, dem Tag der Gemeinderatswahl, hielt der Gemeindeausschuss unter Präsident Dr. Johann Kaspar von Seiller seine letzte Sitzung ab.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Gemeinderat, B2/1: Sitzungsprotokoll und Index: Gemeindeausschuss 23.5.1848-25.9.1848
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Gemeinderat, B2/2/1. Ex: Verhandlungsprotokoll und Index: Gemeindeausschuss 23.5.1848-5.10.1848
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Gemeinderat, A1: Gemeindeausschuss 1848: Akten
Literatur
- Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740 - 1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), S. 213 ff., 220 ff.
- Maren Seliger / Karl Ucakar: Maren Seliger / Karl Ucakar: Wahlrecht und Wählerverhalten in Wien 1848 - 1932. Privilegien, Partizipationsdruck und Sozialstruktur. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1984 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 3), S. 19 ff.