Märzrevolution

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"Pressfreiheit! Constitution! National-Garde!" Verkündigung der Errungenschaften der Märzrevolution auf dem Michaelerplatz am 15. März 1848
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Revolution
Datum vonDatum (oder Jahr) von 13. März 1848
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 16. März 1848
Thema
VeranstalterVeranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt Ja
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  26909
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WikidataIDID von Wikidata
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Revolution 1848, Langes 19. Jahrhundert
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Letzte Änderung am 25.06.2024 durch WIEN1.lanm08uns
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Die Märzrevolution war ein Teilereignis der über das ganze Jahr 1848 in drei Etappen stattfindenden Revolution. Den Anstoß bildete die Rede Adolf Fischhofs im Hof des Niederösterreichischen Landhauses am 13. März 1848. Die Menge der Arbeiter, Studenten und Bürger verliehen daraufhin ihren Forderungen Ausdruck. Staatskanzler Metternich dankte ab, während die Regierung die Ausarbeitung einer Verfassung zusicherte. Ferner wurden militärische Institutionen wie die Nationalgarde und die Akademische Legion gegründet.

Frühindustrialisierung im Vormärz

Nach der Überwindung der wirtschaftlichen Depression nach Ende der Napoleonischen Kriege begann sich in Wien gestützt auf einen Konjunkturaufschwung ab den 1820er Jahren eine deutliche Verschiebung zu einer auf überregionale Märkte orientierten Produktion abzuzeichnen. Mit ihr einher ging der Aufbau größerer Produktionseinheiten und der vermehrte Einsatz von Maschinen, der Ende der 1830er Jahre angestoßen vom Eisenbahnbau auch industriell-großbetriebliche Fabriken entstehen ließ. Das stürmische Wachstum während der Frühindustralisierung ließ den Strom an Zuwanderern immer mehr ansteigen. Arbeitskraft war daher billig und ein großer Teil der Arbeiterinnen und Arbeiter lebte nahe am Existenzminimum. Die Situation verschärfte sich ab 1845, als eine Folge von Missernten die Lebensmittelpreise in die Höhe schnellen ließ. Gleichzeitig kam es in der Textilindustrie zu Absatzstockungen und damit verbundener Massenarbeitslosigkeit. 1847 eskalierte die Situation immer mehr. Kriminalität, Alkoholismus und Prostitution nahmen in den Unterschichten immer mehr zu. Die Regierung suchte, durch Notstandarbeiten gegenzusteuern, was nur in bescheidenem Ausmaß gelang. In den Vorstädten und Vororten kam es zu ersten Plünderungen. Das Bürgertum litt unter der wachsenden Steuerlast. Ein Staatsbankrott drohte.

Die „Märzforderungen“

Auf die offizielle Nachricht vom Ausbruch der Revolution in Paris am 1. März traten Vertreter des Bürgertums und Studenten in zahlreichen Petitionen an die Regierung heran, in denen sie Freiheits- und Bürgerrechte einforderten. Dazu zählte Mitbestimmung an der der Gesetzgebung und Justiz, Gemeindeautonomie, Beseitigung der Zensur und der Grunduntertänigkeit, Gewährung persönlicher Freiheitsrechte des Staatsbürgers. Die studentischen Forderungen gingen darüber hinaus und bezogen sich auch auf die Freiheit und Gleichheit der Bürger, die Lehr- und Lernfreiheit und die Gleichstellung der Konfessionen. Gleichzeitig herrschte unter der Arbeiterschaft in den Vorstädten und Vororten eine revolutionäre Stimmung. Am 10. und 11. März machten arbeitslose Textilarbeiterinnen und Textilarbeiter in Versammlungen ihrer Unzufriedenheit Luft.

Die Revolution bricht aus

Am 13. März traten die niederösterreichischen Stände im Niederösterreichischen Landhaus zu einer Sitzung zusammen. Die Geduld der Unzufriedenen war aber erschöpft. Einer Menge von Studenten, Arbeitern und Bürgern war es gelungen vor Schließung der Stadttore in die Innere Stadt zu gelangen. Sie versammelten sich in dichter Menge in, vor und um das Landhaus. Etwa 200 Demonstranten überreichten an die Ständevertreter eine Petition. Im Landhaushof hielt der Arzt Dr. Adolf Fischhof eine kurze politische Rede, die als erste Rede eines Demokraten in die Wiener Stadtgeschichte einging. Er forderte bürgerliche Freiheitsrecht und nationale Gleichberechtigung. Die Stände wichen auf die Hofburg aus, während die Demonstranten in das Landhaus eindrangen. Vor der Staatskanzlei forderten die Demonstranten den Rücktritt Metternichs. Zur gleichen Zeit bewaffneten sich in den Vorstädten Arbeiter und Kleinbürger mit Stangen und Werkzeug und versuchten, in die Stadt zu gelangen. Durch die Schließung der Stadttore misslang zwar dieser Versuch. Am Nachmittag des 13. März brach endgültig die Revolution aus. Erzherzog Albrecht gab der Garnison den Schießbefehl auf die Demonstranten vor dem Landhaus. Der Kugelhagel forderte fünf Todesopfer, die ersten Opfer der Märzrevolution. Die Bürgergarde weigerte sich nun, gemeinsam mit dem Militär auf die Demonstranten zu schießen. Jetzt erst brach der Volkszorn in den Vorstädten vollends aus. Eine Attacke der wütenden Menge auf die Hofstallungen wurde von der Wachmannschaft mit einer Salve abgewehrt. Die Demonstranten rissen darauf die Kandelaber auf dem Glacis aus ihrer Verankerung und zündeten das ausströmende Gas an. Ein Feuerkranz umgab die Stadt und förderte das Einlenken der Regierung.

Tumult vor dem Bürgerlichen Zeughaus am 13. März 1848

Machtwechsel

Kaiser Ferdinand I. verkündet die Aufhebung der Pressezensur

Nach der erzwungenen Abdankung Metternichs, der ins Exil nach London floh, versuchte die Regierung, die Revolution doch noch zu unterdrücken. Fürst Windischgrätz erhielt den Auftrag zu deren Niederschlagung, doch fehlten ihm die dazu notwendigen Truppen. Das am 16. März verhängte Standrecht musste daher wenig später wieder aufgehoben werden. Die Regierung wich nun Schritt für Schritt unter dem Druck der Straße zurück. Sie sicherte am 15. März zu, Schritte zur Begründung einer konstitutionellen Monarchie einzuleiten. Am 21. März wurde die Staatsverwaltung von Zentralbehörden auf Ministerien umstrukturiert.

Die tatsächliche Macht begann sich, auf die Seite der revolutionären Kräfte zu verlagern. Bürger und Studenten begannen sich zu bewaffnen, teilweise aus Beständen des eroberten bürgerlichen Zeughauses. Das und die Unruhen in den Vorstädten und Vororten zwang die Regierung, die Bildung einer Nationalgarde und einer Akademischen Legion zuzugestehen. Das Bürgertum hatte damit weitgehend die Macht übernommen. Im Magistrat bildete sich ein Bürgerausschuss. Prominente Mitglieder waren Dr. Alexander von Bach, Rudolf von Arthaber, Dr. Anton Josef Hye, Theodor Hornbostl, Dr. Johann Kaspar von Seiller. Bürgermeister Ignaz Czapka floh und wurde seines Amtes enthoben, seine Wohnung geplündert.

Porträt eines Nationalgardisten

Die soziale Revolution entlud sich in den Vorstädten. Geschäfte von Kaufleuten, Bäckern, Fleischhauern und Gastwirten wurden geplündert, das Einnehmeramt an der Mariahilfer Linie zerstört und Stoffdruckmaschinen fielen einem Maschinensturm zum Opfer. Die Protestierenden versuchten auch, in das Stadtzentrum zu marschieren. Buchdrucker, Maurer und Schneider fordern höhere Löhne. Forderungen nach Verkürzung der Arbeitszeit, Festsetzung eines Minimallohnes, Einschränkung der Lehrlingsausbeutung und der Kinder- und Frauenarbeit sowie Fürsorge für Kranke und Invalide wurden laut. Am 13. März gelang es den Arbeitern einen Kollektivvertrag, der die Einführung eines Zehn-Stunden-Arbeitstages beinhaltete, durchzusetzen. In diversen noch im März stattfindenden Protestversammlungen der Zunfthandwerker mischten sich auch antisemitische Töne. Zunfthandwerker verlangten den Ausschluss aus der Innung im Fall einer Anstellung bei jüdischen Fabrikanten in den Vororten.

Die Ereignisse außerhalb der Linien beunruhigten das Bürgertum. Zwar gelang es Studenten, manche Arbeiterinnen und Arbeiter vor weiteren Schritten abzuhalten, doch forderte der Bürgerausschuss schließlich doch Militär an. Zum schwersten Zusammenstoß kam es in der Kirchengasse in Reindorf. Insgesamt waren offiziell 48 Tote zu beklagen, wahrscheinlich lag die Opferzahl aber deutlich höher. 15 von ihnen wurden wenige Tage später am Schmelzer Friedhof begraben. Die überwiegende Mehrheit der Opfer waren Arbeiter und Handwerksgesellen. Ein Fünftel gehörte dem Bürgertum an. Für die Märzgefallenen wurde 1861 ein Denkmal errichtet.

Die meisten Opfer der Märzrevolution wurden nicht beim Angriff des Militärs auf die Demonstranten in der Inneren Stadt verzeichnet, sondern bei der Niederwerfung des Protestes gegen die Verzehrungssteuer am Linienwall und des Maschinensturms in den westlichen Vororten durch die bürgerliche Nationalgarde und das Militär.

Begräbnis der Märzgefallenen am 17. März 1848

Seit dem 16. März übernahm praktisch die bürgerliche Nationalgarde die Kontrolle über die Stadt, Vorstädte und Vororte. Arbeiter, die sich am Maschinensturm beteiligt hatten, wurden verfolgt. Insgesamt wurden 532 Personen verhaftet. Ein im Sommer 1848 stattfindender Prozess verhängte allerdings eher milde Strafen.

Nachklang: Die Pillersdorfsche Verfassung

Trotz des leichten Sieges des Bürgertums bestand noch eine Doppelherrschaft in der Stadt, denn die Regierung war nicht zugetreten und sollte eine Konstitution erarbeiten. Die am 25. April durch die Regierung verkündete, nach Innenminister Franz Freiherr von Pillersdorf benannte Konstitution enttäuschte und stieß jedoch auf allgemeine Ablehnung. Ein Zensuswahlrecht nach Steuerklassen beschränkt das Wahlrecht drastisch. Außerdem sollte neben dem Abgeordnetenhaus ein Herrenhaus bestehen, dessen Mitglieder vom Herrscher ernannt werden. Dem Monarchen kam ein absolutes Vetorecht zu. Die bäuerliche Grundentlastung wurde nicht angesprochen. Die Enttäuschung über die „Pillersdorf-Verfassung“ führt dazu, dass nun die „radikalen“ Demokraten den weiteren Kurs der Revolution bestimmten.

Siehe auch:

Quellen

Literatur

  • Wolfgang Häusler: Ideen können nicht erschossen werden. Revolution und Demokratie in Österreich 1789-1848-1918. Wien/Graz/Klagenfurt: Molden 2017
  • Wolfgang Häusler: Von der Massenarmut zur Arbeiterbewegung. Demokratie und soziale Frage in der Wiener Revolution von 1848. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1979
  • Josef Alexander von Helfert: Geschichte der österreichischen Revolution im Zusammenhang mit der mitteleuropäischen Bewegung der Jahre 1848-1849. 2 Bände. Freiburg im Breisgau / Wien [u.a.]: Herder 1907-1908
  • Heinrich Reschauer / Moritz Smets: Das Jahr 1848. Geschichte der Wiener Revolution. 2 Bände. Wien: R. v. Waldheim 1872
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740-1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), S. 197 ff.