HS Hirschengasse 18
48° 11' 41.07" N, 16° 20' 51.49" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die HS Hirschengasse 18 war eine öffentliche Hauptschule im 6. Wiener Gemeindebezirk, Mariahilf.
Schulgeschichte
Als im Jahr 1905 die städtischen Volksschulen Windmühlgasse 45 und Gumpendorfer Straße 52 von der Gemeinde Wien an die Aktiengesellschaft „Steyrermühl“ verkauft wurden und die genannten Volksschulen in die Doppelbürgerschule in der Rahlgasse 2 und Gumpendorfer Straße 4 umzogen, errichtete die Gemeinde Wien für die dort ansässigen Bürgerschulen für Knaben und Mädchen ein neues Doppelschulgebäude in der Hirschengasse 18 und am Loquaiplatz 4. Der Unterricht an dieser Knabenschule begann am 16. September 1905 mit 267 Schülern, die auf sechs Klassen aufgeteilt waren.[1] Ernst Blaschek bezeichnete das neue Gebäude als „das schönste und am modernsten eingerichtete Schulgebäude Mariahilfs“.[2]
Die Geschichte des späteren Schulstandorts Hirschengasse/Loquaiplatz reicht aber wesentlich weiter zurück. Bereits 1830 als zweiklassige Trivialschule wurde im Haus des Eigentümers Mathias Ripka in der Hirschengasse 385, was der heutigen Hirschengasse 18 entspricht, ein Schulstandort gegründet. Inhaber und Lehrer zu dieser Zeit war Johann Zugmann. 1850 zur Pfarrhauptschule für Knaben umgewandelt, wurde die Schule in der Hirschengasse 1872 gekündigt, da Ripka sein Objekt zu verkaufen trachtete.[3]
Ab dem Jahr 1905 wurden der fachlichen Fortbildungsschule für Tapezierer und der Fortbildungsschule für Buchdrucker an unterschiedlichen Tagen Lehrzimmer zur Verfügung gestellt, auch eine Gremialhandelsfachschule war hier eingemietet. Außerdem gab es eine Religionssammelstelle für das evangelische Bekenntnis.
Erster Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg unterbrach die Unterrichtstätigkeit am Schulstandort Hirschengasse/Loquaiplatz. Weil das Gebäude während der Kriegsjahre für militärische Zwecke verwendet wurde, erhielten die Schüler und Schülerinnen aus der Doppelschule Wechselunterricht in der Stumpergasse 56.[4] Zur Schulbelegung durch das Militär schrieb der Chronist der Hirschengasse: „Da, wo sonst frohe Kinderscharen aus- und eingingen, ertönten nun laute Kommandorufe und schwere Schritte der Soldaten“.
Zwischenkriegszeit
Nachdem die Schule zwischen 1914 und 1919 in der Stumpergasse untergebracht war, konnte man am 16. September 1919 endlich wieder in die instand gesetzte Stammschule zurückkehren. Zur selben Zeit wurde Stenographieunterricht sowie Violinunterricht eingeführt. Seit 1921 gab es eine Arbeitsgemeinschaft für modernes Zeichnen. Zum Schuljahr 1930/1931 wurde eine einjährige Fortbildungsschule für Schuhmacher an der inzwischen zur Hauptschule umgewandelten Anstalt untergebracht. Ein Jahr später wurde ein einjähriger Lehrkurs für Zahntechniker etabliert, der anfangs 35 Schüler zählte. In den Jahren 1932 bis 1934 kam es wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation der Lehrer und Lehrerinnen und der Eltern verstärkt zu Sparmaßnahmen der Gemeinde, es konnten kaum Ausflüge unternommen werden. Nach dem Anschluss wurde die Stumpergasse 56 aufgelöst, da militante Formationen der NSDAP in deren Räumlichkeiten einquartiert wurden. Die dort ansässige Mädchen- und Knabenhauptschule wurde zur Hirschengasse/Loquaiplatz verlegt, weshalb Wechselunterricht abgehalten werden musste.[5]
Zweiter Weltkrieg
Am Beginn des Zweiten Weltkrieges war die Schule noch in ihrem eigenen Gebäude ansässig. Mit fortwährender Kriegsdauer wurde vonseiten der Schule immer intensiver die Möglichkeit einer Kinderlandverschickung (insbesondere nach Ungarn) betont, um diese aus den vom Luftkrieg bedrohten Gebieten zu bringen. Am 15. März 1944 wurden die Kinder aus den Schulen in der Spalowskygasse, der Corneliusgasse, der Hirschengasse und vom Loquaiplatz in letztgenanntem Gebäude zusammengefasst. Von 2. April bis 23. April 1945 war die Schule geschlossen. Im Sommer 1944 war das gesamte Lehrpersonal außerhalb ihres Urlaubs entweder im landwirtschaftlichen Einsatz oder in der hiesigen Kartenstelle beschäftigt. In den letzten Schultagen wurde das Schulgebäude in der Hirschengasse durch Bombentreffer massiv beschädigt. Fast alle Türen und Fenster waren zerbrochen, das Dach weitgehend kaputt.[6]
Nachkriegszeit und Zusammenlegung mit der Schule am Loquaiplatz 4
Nach Beendigung der Kampfhandlungen wurden am 23. April 1945 sechs Mädchen- und vier Knabenklasse unter einer gemeinsamen Leitung am Schulstandort Loquaiplatz/Hirschengasse eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt begann der Unterricht wieder trotz stark beschädigter Schulräume. Nach Beendigung der Aufräum- und Instandsetzungsarbeiten wurden am 6. Juni 1945 die beiden Schulstandorte, nun wieder unter getrennter Leitung, eröffnet. Im Schuljahr 1954/1955 erschien erstmals eine Schulzeitung in der Mädchenschule am Loquaiplatz. Im Juni 1961 erfolgt die vorübergehende Übersiedlung in das Gebäude der Knaben- und Mädchenhauptschule Stumpergasse 56, da das Doppelschulhaus grundlegend umgebaut und renoviert werden musste. Abgeschlossen waren die Arbeiten schließlich im Laufe des Schuljahres 1962/1963.
Auflösung der Knabenhauptschule Hirschengasse 18
Im Schuljahr 1967/1968 wurde die Knabenhauptschule Hirschengasse aufgelöst, das Gebäude an die Bedürfnisse der Volksschule Corneliusgasse angepasst und großflächig umgebaut. Die Schulen Hirschengasse/Loquaiplatz wurden unter einer gemeinsamen Leitung zusammengelegt. Der geschichtsträchtige Standort am Loquaiplatz existiert aber als Wiener Mittelschule noch heute.[7]
Quellen
Einzelnachweise
- ↑ Wiener Stadt- und Landesarchiv, 601 – Hirschengasse 18 (Loquaiplatz 4), B51 – Schulchronik: Bd. 1, 1905-1919.
- ↑ Ernest Blaschek: Schul- und Bildungswesen. In: Mariahilf. Einst und jetzt. Wien: Gerlach & Wiedling Verlag 1926 (Wiener Heimatbücher, 6), S. 216-218.
- ↑ Chronik des Schulstandortes Loquaiplatz/Hirschengasse.
- ↑ Chronik des Schulstandortes Loquaiplatz/Hirschengasse.
- ↑ Wiener Stadt- und Landesarchiv, 601 – Hirschengasse 18 (Loquaiplatz 4), B51 – Schulchronik: Bd. 2, 1919-1935.
- ↑ Wiener Stadt- und Landesarchiv, 601 – Hirschengasse 18 (Loquaiplatz 4), B51 – Schulchronik: Bd. 3, 1935-1945; Karl König: Das Mariahilfer Schulwesen. In: Das Wiener Heimatbuch. Mariahilf. Wien: Arbeitsgemeinschaft des Wiener Heimatkundemuseums 1963, S. 183.
- ↑ Chronik des Schulstandortes Loquaiplatz/Hirschengasse.