Histologie
Gewebelehre
1854 besaß Wien das erste Institut für dieses Fach im deutschen Sprachraum, das freilich nur zwei Zimmer im zweiten Stock der alten Gewehrfabrik umfasste. Der erste Vorstand war Carl Wedl, der im Sinne des Pathologen Carl von Rokitansky seine mikroskopischen Untersuchungen zur Fundierung klinischer Erscheinungen in den Dienst der anatomischen Forschung stellte. Sein Schüler Ernst Fuchs verfasste eine große Synthese der Histologie. Mit dem Chirurgen Franz Schuh untersuchte er die Struktur von Tumoren, mit dem Neurologen und medizinischen Kliniker Ludwig Türck fand er an Nervensträngen die kromorphologischen Veränderungen (die ihn das Gesetz von der sekundären Degeneration aufstellen ließen), mit dem Ophthalmologen Carl von Stellwag-Carion untersuchte er die Gewebe des Auges und mit Moriz Heider jenes der Zähne.
Moderne Histologie
Schon der Anatom Christian Joseph Berres (später ein Lehrer von Joseph Hyrtl) hatte mikroskopisch "Bläschen" beschrieben, die 1839 von Theodor Schwamm als "Zellen" erkannt wurden. Dadurch erhielt die damalige klinische Medizin wertvolle Impulse. Wedls Nachfolger war Victor von Ebner-Rofenstein, dessen Namen heute noch die Spüldrüsen der Zunge tragen. Ebners Nachfolger Josef Schaffer gelang es 1922, das neue Institutsgebäude in der Schwarzspanierstraße zu eröffnen. Ihm folgte Victor Patzelt, zu dessen Arbeitsprogramm die "Mikrophysiologie" gehörte, wogegen Alfred Pischinger in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg die "Histochemie" zur Ergründung biologischer Funktionen favorisierte.
Johann Heinrich Holzner etablierte ein histochemisches Laboratorium, erweiterte die Histologie und die Zytodiagnostik und führte die Dünnschichtchromatographie zur Hormonanalyse ein. Am pathologischen Universitätsinstitut führte er die Methoden der Molekularpathologie, der Ultrastrukturpathologie und der Zytologie ein. In Zusammenarbeit mit den Universitätskliniken wurde ein Institut für Klinische Pathologie eingerichtet. Dessen kurzzeitiger Leiter Thaddäus Radaszkiewicz war ein international anerkannter Experte für Transplantationspathologie und Knochenmarksbiopsie.
Literatur
- Erna Lesky: Die Wiener medizinische Schule im 19. Jahrhundert. Wien [u.a.]: Böhlau 1965 (Studien zur Geschichte der Universität Wien, 6), S. 239-251, S. 513-521
- Karl Heinz Tragl: Chronik der Wiener Krankenanstalten. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2007, S. 186f., S. 216