Japaner
Als erster Österreicher kam Christoph Carl Fernberger von Egenberg (* 1596/1600, † 7. Dezember 1653 Maria Enzersdorf) im Mai 1625 nach Japan. Zwischen 1614 und 1755 sind in Wien 13 Jesuitendramen mit der Thematik "Japanische Märtyrer" nachweisbar. In der Borgiakapelle der Jesuitenkirche (Universitätskirche) wurden im Altarbild die Japanischen Jesuiten Paulus Miki, Jacobus Kisai und Johannes, die mit 32 anderen Christen am 5. Februar 1597 in Nagasaki hingerichtet wurden, dargestellt.
Maria Theresia begeisterte sich zwar wenig für Jesuitenspiele, umso mehr aber für Ostasiatika (Chinoiserie, Schönbrunn). Um das Luxusimportverbot ihres Vaters nicht zu missachten, ließ sie etwa böhmische Porzellanmanufakturen Imari-Porzellan nachahmen.
Im 1834 eröffneten Brigittenauer Kolosseum gab es auch einen Japan-Saal; 1835 kamen die ersten Japanischen Ethnologica (Korbflechtereien) und Münzen nach Wien Am 18. Oktober 1869 wurde durch Konteradmiral Anton Freiherr von Petz in Tokio ein Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag geschlossen. Vor der Eröffnung der Wiener Weltausstellung traf der erste Japanische Gesandte, Tsunetami Graf Sano (Antrittsaudienz in der Hofburg am 27. April 1873) ein. Obwohl er aus gesundheitlichen Gründen wenig später heimkehren musste, nahm er aus Wien doch die Anregung zur Gründung einer Rot-Kreuz-Gesellschaft mit. Hauptmann Friedrich Heyer von Rosenfeld entwarf einen Orden für Japan. Die mit fast 200 Preisen prämierten Japanischen Produkte der Wiener Weltausstellung begeisterten auch Künstler (beispielsweise Makart, "Japanesin", 1875) und Bühnenautoren.
Nicht erhalten ist das Grab des am 22. Dezember 1873 in Wien verstorbenen Japaners Fukuda Kataro (ehemals Allgemeiner Währinger Friedhof). Im unteren Oktogon der Hermesvilla gab es Japanische Ledertapeten. Im Naturhistorischen Museum malten August Schäffer den Fuyi-san (Saal 9) und Alois Schön das Daibutsu von Kamakura (Saal 14).
Japaner studierten am Theresianum, am Polytechnikum, an der Marineakademie Pola und an Schulen und konsultierten den Professor für Staatsrecht Lorenz von Stein. 1881 erhielt der Japanforscher Franz Philipp von Siebold ein Denkmal in den Gartenbaugründen (1926 zum Palmenhaus transferiert).
1888 wurde der Bruckner-Schüler Dr. Rudolf Dittrich nach Japan berufen. Am 29. Jänner 1889 besuchte Kronprinzessin Stephanie mit Erzherzogin Valerie und Erzherzog Franz Salvator im Zirkus Renz "Japan, oder die neckischen Frauen des Mikado". 1889 schenkte Heinrich von Siebold seine Japansammlung dem österreichischen Staat (über die Hälfte der heutigen Japanbestände des Museums für Völkerkunde) und wurde dafür zum Freiherrn nobilitiert. Durch die Weltreise Franz Ferdinands (1892/1893) wurden speziell die Japanischen Objekte so sehr vermehrt, dass sie heute die umfangreichste Regionalsammlung des Museums für Völkerkunde darstellen.
1897 gab es ein Vergnügungs-Etablissement "Japan" in der Schiffgasse (2). Die sechste Ausstellung der Secession (1900) stand im Zeichen des Japanischen Farbholzschnitts. 1901 fand in Wien die größte Hokusai-Ausstellung statt. Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Kolo Moser, Dagobert Peche und Josef Plečnik erfuhren von Japanischen Holzschnitten und Färberschablonen nachhaltige Inspirationen, Adolf Loos war ebenso wie Richard Neutra vom flexiblen, zentrifugalen, sparsam möblierten Japanischen Bewegungsraum fasziniert, Peter Altenberg sammelte Netsuke, Emil Orlik und Hans Böhler reisten nach Japan. Japanische Feste (Kaufmännisches Kränzchen, 1891; Männerchor Donaustadt, 1894; Schubertbund, 1895; Japanisches Kirschblütenfest Pauline Fürstin Metternichs im Prater, 1901; Japanische Redoute in den Sofiensälen, 1907; Japanisches Blütenfest unter der Patronanz von Erzherzogin Zita, 1913) und Triumphmärsche nahmen zu. 1902 gab es ein Maison Japonese in der Neustiftgasse und den Auftritt der Theatertruppe Kawakami Sadayakkos und ihres Gatten im Theater an der Wien.
Durch den Sieg Japans im russisch-japanischen Krieg (1904/1905) wurde Japan Großmacht und einer von neun Staaten, die mit Österreich schon vor 1914 Diplomaten ersten Rangs austauschten. Die Japanische Armee wurde in Spektakeln dargestellt, GFM Maresuke Graf Nogi (1849-1912) wurde 1911 in Wien triumphal gefeiert. 1911 zog die Japanische Vertretung ins Palais 3, Salesianergasse 11 (ab 1880 Vetsera, ab 1902 amerikanische Gesandtschaft). Eine Japanische Kolonie gab es am Alsergrund. 1910 bis 1912 war der Generalmajor und Skipionier Theodor von Lerch als Austauschoffizier in Japan und war maßgeblich an der dortigen Verbreitung des militärischen und zivilen Skisports beteiligt.
1922/1923 weilte der Arzt und Dichter Saito Mokichi in Wien, 1931 kam sogar Kronprinz Takamatsu no miya Nobuhito. 1935 gründete Baron Mitsui Takahura in Tokio die Japanisch-Österreichische Gesellschaft und stiftete zwei Jahre später Geld sowie Bücher für ein Japanologisches Institut in Wien (1938-1945 9, Berggasse 7, Neugründung 1965).
1953 kam es zur Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Japan. 1954/1955 schuf Erich Pieler am Haus 2, Vorgartenstraße 55 das mosaizierte Hauszeichen „Japan". Am 15. November 1955 anerkannte Japan als erster Staat die Neutralität Österreichs. Neben künstlerischen Einflüssen (Hundertwasser) erfreuen sich Japanische Musiker, Pflanzen (Ginkgo, Bonsai), Sportarten (Budokan-Europacenter), elektrotechnische Produkte, aber auch das Brettspiel Go zunehmender Beliebtheit. Partnerschaftsverträge schlossen Döbling mit Tokio-Setagaya (1985; Japanischer Garten), Floridsdorf mit Tokio-Katsushika (1987), die Innere Stadt mit Tokio-Taito (1989) und Hernals. Die Japanische Botschaft befand sich lange Zeit im Haus 4., Argentinierstraße 21; heute befindet sie sich in 1., Heßgasse 6. Die Wiener Philharmoniker hatten in Japan triumphale Auftritte. Der Anteil der Japaner am Wiener Fremdenverkehr erreicht beachtliche Prozentsätze.
Der Wiener 21. Bezirk (Floridsdorf) hält engen Kontakt mit dem 21. Bezirk von Tokyo (Katsushikastraße und Tokiostraße), der Wiener 22. Bezirk (Donaustadt) ebenso mit dem 22. Bezirk von Tokyo (Arakawastraße). Außerdem gibt es im 22. Bezirk eine Nippongasse. Das Japanische Investmenthaus Nomura ist an der WED ("Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum AG") und damit an der Finanzierung der Donau-City beteiligt. Japanische Konzerne richten in Wien Geschäftszentren ein, treten aber auch als Sponsoren auf.
Literatur
- Alfred Janata: Das Profil Japans. Museum für Völkerkunde, 1965
- Peter Pantzer: Japan und Österreich-Ungarn. In: Beiträge zur Japanologie 11 (1973)
- Josef Kreiner, Ruth und Sepp Linhart, Peter Pantzer, Erich Pauer (Hgg.): Japan-Forschung in Österreich. 1976
- Kurt Binder: Das Museum für Völkerkunde in Wien. Salzburg/Wien: Residenz 1980
- Julia Krejsa, Peter Pantzer: Japanisches Wien. Wien: Herold 1989
- G. Berger: Begegnungen mit Japan. Ein kleiner Abriß der langen Geschichte der Österreichisch-Japanischen Handels- und Kulturbeziehungen. In: Wiener Zeitung, 13.10.1989