Augustinergangtrakt (1., Hofburg). auch Jüngerer Augustinergang. 1756 ersetzte der neue Augustinergang seinen Vorgänger, den (älteren) Augustinergang, welcher Schweizerhof und Augustinerkloster verband. Der auch als jüngerer Augustinergang bekannte Trakt führte zwischen Hofbibliothek und Kurtine zum Augustinerkloster. Die Verlegung verkürzte den Weg zwischen Schweizertrakt und Augustinerkloster und ermöglichte eine repräsentative Platzgestaltung vor der Hofbibliothek (Josefsplatz). Anders als bei seinem Vorgänger baute man gleichzeitig mit dem Gang eine Reihe von Räumlichkeiten, da zwischen Gang und Kurtine genug Platz vorhanden war. Der Bau wird deshalb als Augustinergangtrakt bezeichnet. Dieser Trakt war zunächst 14 Fensterachsen lang. 1764/1765 erweiterte man ihn auf 20 Achsen und stockte ihn auf, um dort Teile der kaiserlichen Sammlungen unterbringen zu können, nämlich Münzkabinett, Physikalisches Kabinett und Naturalienkabinett mit dem Pietra-Dura-Zimmer sowie später die Antikensammlung. 1804 baute man auf der Seite des Schweizerhofes ein weiteres Zimmer an. Nach der Übersiedlung der Sammlungen in das Kunsthistorische und Naturhistorische Museum wurden die Räume ab 1890 von Fideikommißbibliothek und Porträtsammlung genutzt.
Der kaiserliche Dachgarten
Auf dem Flachdach ließ sich Kaiser Franz II. 1791 einen Privatgarten mit Glashaus anlegen (Hofgarten auf der Burgterrasse, auch Kaiserterrasse). Das erste Glashaus wurde bald durch ein neues, langgestrecktes ersetzt (1797 erstmals nachweisbar). Der Terrassengarten wurde nach dem Tod von Kaiser Franz abgerissen (1837). Der unterirdische Laternengang verband den Augustinergangtrakt mit dem 1818/1820 erbauten Rémy'schen Gewächshauses. Damit konnte man von den kaiserlichen Privaträumlichkeiten in den Burggarten gelangen.
Nach der Schleifung der Befestigungen war der Augustinergangtrakt zum Heldenplatz hin sichtbar. Der Augustinergang wurde zwischen 1894 und 1902 im Zuge des Baues der Neuen Burg abgetragen.
Der Augustinergangtrakt lag zwischen Hofbibliothek und der Stadtbefestigung. Die Situation 1792, Rekonstruktion 2015
Sammlungsräume am Augustinergang. Links der Schweizerhof, rechts oben Prunksaal. Grundriss, 1782
Posthumes Portrait von Franz Stephan mit den Leitern seiner Sammlungen im Augustinergangtrakt, 1773
Die Hofburg 1835 vom Burggarten aus, Rekonstruktion 2015
Nach Anlage des Heldenplatzes, 1862
Dach des Augustinergangtraktes mit Prunksaal (rechts) und Schweizerhof (Mitte), vor 1863
Literatur
- Renate Leggatt-Hofer [bis 2015 Holzschuh-Hofer] / Reinhold Sahl [Hg.]: Die Wiener Hofburg. Sechs Jahrhunderte Machtzentrum in Europa, Wien: Brandstätter Verlag 2018
- Hellmut Lorenz / Anna Mader-Kratky [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1705–1835. Die kaiserliche Residenz vom Barock bis zum Klassizismus. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2016 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 3)
- Werner Telesko [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1835-1918. Der Ausbau der Residenz vom Vormärz bis zum Ende des "Kaiserforums". Wien: Österreichische Akademie der Wissenschaften 2012 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 4; Veröffentlichungen zur Kunstgeschichte, 15; Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse der ÖAW, 446)
- Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22) (Augustinerbastei, Josefsplatz)
- Harry Kühnel: Die Hofburg zu Wien. Graz [u.a.]: Böhlau 1964, S. 35 (älterer Augustinergang)
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 314
- Alphons Lhotsky: Die Baugeschichte der Museen und der neuen Burg. Wien: F. Berger 1941 (Festschrift des Kunsthistorischen Museums zur Feier des fünfzigjährigen Bestandes, 1), Register