Hauptmünzamt (3, Am Heumarkt 1, Rechte Bahngasse 2).
Das östlich des Wienflusses und des heutigen Stadtparks stehende Gebäude bildet den Abschluss der reichen und wechselvollen Geschichte der Wiener Münzstätte, deren Anfänge mit der Ummünzung des in Silberbarren gelieferten Lösegelds für Richard Löwenherz (1193) und der Gründung des Gremiums der Wiener Hausgenossen zusammenhängen dürften. Sie trat an die Stelle der älteren Münzstätte in Krems, ihre Prägungen (Wiener Pfennig) wurden nicht nur im Herzogtum Österreich, sondern auch in angrenzenden Ländern als Zahlungsmittel verwendet. Die ursprünglich wohl im Kammerhof (1, Wildpretmarkt) untergebrachte Münzstätte, mit der die Schlagstube in der heutigen Landskrongasse und die Unterkünfte der Münzer in der Münzerstraße (Bauernmarkt) in Verbindung standen, wurde Ende des 13. Jahrhunderts ins Herzogshaus Am Hof verlegt. Das 1243 genannte Haus (domus) des Herzogs ist identisch mit dem 1342 genannten Münzhof, der etwa an der Stelle der Kirche Am Hof (und nicht, wie zuweilen behauptet wird, Ecke Bognergasse) lag und den Herzog Albrecht III. 1386 den Karmelitern schenkte. Im Münzhof befand sich die Johanneskapelle.
Danach übersiedelte die Münze in das Haus 1, Wollzeile 6 (Schulerstraße 1), wo sie erstmals 1397 urkundlich erwähnt wird. 1753 wurde die Münze in die Himmelpfortgasse (neben das Winterpalais des Prinzen Eugen von Savoyen; heute Teil des Finanzministeriums) verlegt (Münzstätte). Unter Maria Theresia nahm das Münzwesen einen erfreulichen Aufschwung, weshalb es nötig wurde, einige Abteilungen an anderen Adressen einzurichten. Die während der Napoleonischen Kriege stets größer werdenden Anforderungen an das Münzamt machten die Zusammenfassung der zerstreuten Münzwerkstätten und die Schaffung eines neuen, einer Großmacht entsprechenden Gebäudes unumgänglich.
Das Gebäude
Das 1835-1838 in der Regierungszeit Ferdinands I. erbaute Hauptmünzamt - allerhöchster Entschluss von Kaiser Franz I. vom 7. Jänner 1834, Baubeginn am 2. März 1835 (?), dem Todestag des Kaisers - ist ein Werk des Hofbaurats Paul Sprenger und wurde nach seiner Fertigstellung von der Presse überschwänglich bewundert. Die Figuren an der Attika über dem Mittelrisalit (Hermes, Apollo, Artemis und Aphrodite als Verkörperung der Münzmetalle Zink, Gold, Silber und Kupfer) sowie die oberste Gruppe sind von Joseph Klieber. Diese zeigt als Bekrönung einen von zwei goldenen Löwen gehaltenen Schild mit dem Reichsadler. Die Gruppe wird von den Allegorien der Gerechtigkeit und Vorsehung flankiert. Im Kassensaal befindet sich eine holzgeschnitzte, handvergoldete Justitia.
Das Gebäude steht an der Stelle, an der im 17. Jahrhundert das Münzscheidehaus gestanden war. Dieses hatte ab 1821 im sogenannten Münzgraben ein Stockwerk. Das k. k. Münzamt (die Prägestätte) befand sich vor dem Tod Prinz Eugens im kleinen Postamtsgebäude in der Wollzeile. Das Hauptmünzamt besitzt eine Sammlung von Plaketten, Münzen und Prägestempeln sowie wertvolle Modelle in Wachs und Gips. Es ist auch Sitz der Österreichischen Numismatischen Gesellschaft. Das Gebäude wurde 1988 vom Bund an die Oesterreichische Nationalbank verkauft. Hinter dem Hauptmünzamt verläuft die 1847-1849 gebaute Verbindungsbahn vom Nord- zum Südbahnhof, heute Teil der Stammstrecke der Wiener S-Bahn.
Quellen
Literatur
- Géza Hajós / Walther Brauneis: Die Profanbauten des III., IV. und V. Bezirkes. Wien: Schroll 1980 (Österreichische Kunsttopographie, 44.2), S. 47 ff.
- Wilhelm Blaschek: Das k. k. Hauptmünzamt in Wien. In: Mitteilungen des Clubs der Münz- und Medaillenfreunde in Wien. Fachblatt für Numismatik. Wien: Der Club 1890-1904, Band 15,1904, S. 65 ff.
- Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1888]). Cosenza: Brenner 1967, Band 2, S. 470 ff.
- Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Wien: Gerlach & Wiedling 1906. Band 2, 1906, S. 151 f.
- Die Landstraße in alter und neuer Zeit. Ein Heimatbuch. Hg. von Landstraßer Lehrern. Wien: Gerlach & Wiedling 1921, S. 123 f.
- Karl Janecek: Lateinische Inschriften an Bauwerken und Denkmälern Wiens. Horn: Berger 1956, S. 18
- Hans Pemmer / Franz Englisch: Am Heumarkt 1. In: Landstraßer Häuserchronik. Wien, Band 1,1958, (C: Besitzerliste, I: Direktorenliste)
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2. - 21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 69