48° 11' 18.56" N, 16° 15' 56.84" E zur Karte im Wien Kulturgut
Ober-St.-Veiter Schloss (13., Wolfrathplatz 2; Erzbischöfliches Schloss).
Hier befand sich von 1194 bis etwa 1280/1290 der Sitz einer österreichischen Ministerialenfamilie, die sich nach St. Veit benannte. Ab 1315 sind Schloss und Herrschaft St. Veit im Besitz der Herren von Topel (nach Doppel bei Karlstetten, Bezirk St. Pölten) nachweisbar; Stefan von Topel verkaufte 1361 Schloss und Herrschaft an Herzog Rudolf IV., der den Besitz samt Landgericht 1365 dem Kapitel zu St. Stephan schenkte (ab 1468 Besitz des Bistums bzw. seit 1723 des Erzbistums Wien). Durch die Osmanen wurde das Schloss 1529 samt der Ober-St.-Veiter Kirche niedergebrannt; im (mit Hilfe eines 1533 aufgenommenen Kredits) wiederaufgebauten Schloss wohnten Bischof Nausea (1542/1543) und Bischof Neuböck (1579). Der Stich von Georg Matthäus Vischer (1672) zeigt das Schloss im wesentlichen in seiner heutigen Form (nur der Turm wurde unter Erzbischof Sigismund Kollonitsch 1742 abgetragen). Am 1. Februar 1762 verkaufte Erzbischof Kardinal Christoph Anton Migazzi Schloss und Herrschaft um 85.000 Gulden an Maria Theresia, die die Ausmalung der Innenräume (Erdgeschoss und einige Zimmer im zweiten Stock an der Ostseite) durch Johann Bergl veranlasste (Illusionistische Wandmalereien; 1762/1763). 1779 erfolgte der Rückkauf durch das Erzbistum Wien; ein Teil der Räumlichkeiten wurde als erzbischöfliches Alumnat verwendet.
Während der französischen Besetzung wurde das Schloss 1809 als Militärspital verwendet. Erzbischof Leopold Maximilian Firmian (1822-1831) ließ das devastierte Schloss renovieren, den Garten neu anlegen und die Alleebäume entlang der Hietzinger Hauptstraße pflanzen. In der Folge fand das Schloss bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts als Sommerresidenz der Erzbischöfe Verwendung. Außerdem wurde die erzbischöfliche Kunstsammlung hier untergebracht; zu ihr gehörten (1908) ein von den sächsische Kurfürsten um 1505/1506 gestifteter Flügelaltar, sieben Tafeln (Ende 14. Jahrhundert) und weitere sieben Tafeln (ca. 1420) sowie zwei Bilder von Ludwig Schnorr von Carolsfeld (1836); alle Objekte wurden 1933 ins Dom- und Diözesanmuseum übertragen.
1937 wurde im Schloss ein kirchliches Altersheim eingerichtet, 1964 ein Seminar für kirchliche Berufe, seit 1972/1973 zwei Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht (eine Lehranstalt für Jugendleiter und ein Pastoralkatechetischer Lehrgang). Die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bestehende Schule ist ein Werk der Bischofskonferenz und einzigartig in Österreich. Im sogenannten gotischen Zimmer des Sommerschlosses befand sich der sogenannte Schäufeleinsche Altar (Altarblatt 1508 von einem Albrecht-Dürer-Schüler [heute, ebenso wie die gotische Monstranz der Kirche, im Dom- und Diözesanmuseum]). Der Altar in der nicht mehr existierenden barocken Schlosskapelle wurde später im Kleinen Festsaal des Erzbischöflichen Palais in der Stadt aufgestellt.
Quellen
Literatur
- Hans Tietze: Die Denkmale der Stadt Wien (XI. - XXI. Bezirk). Wien: Schroll 1908 (Österreichische Kunsttopographie, 2), S. 195 ff.
- Josef Kraft: Aus der Vergangenheit von Ober St. Veit. 1952
- Festschrift 700 Jahre Pfarre Ober St. Veit. 1987
- Felix Czeike: XIII. Hietzing. Mit ausführlicher Beschreibung, Karten- und Grundrißskizzen von Schönbrunn. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1982 (Wiener Bezirkskulturführer, 13), S. 62 f.
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 162
- Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, S. 258 f.
- Katalog Dom- und Diözesanmuseum, S. 131