Pfaffenstadt
48° 12' 30.91" N, 16° 21' 56.91" E zur Karte im Wien Kulturgut
Im Rahmen der Gründung der Universität Wien durch Herzog Rudolf IV. wurde für die Unterbringung der Einrichtungen und der Personen der Universität ein eigenes Viertel vorgesehen. Die Bestimmungen dazu wurden in der Stiftungsurkunde vom 12. März 1365 festgelegt. Die Ausfertigung der Urkunde in deutscher Sprache verwendete für das beabsichtigte Universitätsviertel die Bezeichnung „Pfaffenstadt“. Darin drückte sich die Dominanz der Geistlichkeit in der Neugründung aus. Zweck einer Universität war nicht zuletzt auch die Ausbildung der Geistlichkeit. Als Vorbild für das Universitätsviertel wird in der Literatur das in Paris bestehende Quartier Latin gesehen, das Magister Albrecht von Sachsen, der spätere Gründungsrektor der Wiener Universität, aus eigener Erfahrung kannte. Er war nämlich 1353 Rektor der Universität Paris. Doch dürfte gerade diese Kenntnis der praktischen Probleme im Zusammenleben zwischen den Universitätsangehörigen und der Bürgerschaft den Ausschlag gegeben haben, in Wien ein eigenes Viertel vorzusehen, das auch durch eine Mauer von der übrigen Stadt getrennt war. Das Viertel war nahe der herzoglichen Burg geplant, und zwar innerhalb der späteren Schauflergasse, Herrengasse bis zum Schottentor beziehungsweise zurück entlang der Ringmauer; im Zentrum des Viertels wäre demnach das Minoritenkloster gewesen. Die Gründungsurkunde Rudolfs sah darüber hinaus vor, dass Angehörige und Einrichtungen (Bursen, Kollegien) der Universität bei Hausverkäufen und Vermietungen bevorzugt werden sollten. In Streitfällen würde eine von Universitätsangehörigen dominierte Kommission entscheiden.
Vor allem durch den plötzlichen Tod Herzog Rudolfs wurde der Plan der „Pfaffenstadt“ nahe der Burg nicht weiter verfolgt. Im Zuge der Reform der Universität durch Herzog Albrecht III. 1384 etablierte sich mit dem vom Herzog neu gestifteten Collegium ducale nahe des Dominikanerklosters beim Stubentor das Zentrum der mittelalterlichen Universität.
Quellen
- Archiv der Universität Wien, Gründungsurkunde 1365 (lateinische Fassung)
- Archiv der Universität Wien, Gründungsurkunde (deutschsche Fassung)
Literatur
- Kurt Mühlberger, Die Gemeinde der Lehrer und Schüler. Alma Mater Rudolphina. In: Peter Csendes, Ferdinand Opll (Hg.), Wien. Geschichte einer Stadt, Band 1: Von den Anfängen zur Ersten Wiener Türkenbelagerung (1529). Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2001, S. 319-410
- Karl Ubl, Die Universität als Pfaffenstadt. Über ein gescheitertes Projekt Rudolfs IV. In: Kurt Mühlberger, Meta Niederkorn-Bruck (Hg.), Die Universität Wien im Konzert europäischer Bildungszentren. 14. – 16. Jahrhundert. Wien: Böhlau 2010, S. 17-26