Stubentor
48° 12' 26.69" N, 16° 22' 44.67" E zur Karte im Wien Kulturgut
Stubentor (1.; mit Stubenturm).
Ungartor / Stubentor mit Stubenturm
Das Stubentor, über dem sich einst der Stubenturm erhob, wurde in der Babenbergerzeit von Leopold VI. am Ausgang der Wollzeile angelegt und gehörte somit zu den vier ältesten Stadtbollwerken. Die erste urkundliche Erwähnung dieses Bauwerks stammt aus dem Jahr 1256. Da es (über die Stubenbrücke) den Verkehr nach Ungarn erschloss, hieß es einige Zeit hindurch Ungartor (porta ungarica), der Name Stubentor lässt sich ab 1261 (Schottenstiftsbrief) belegen. Er könnte sich von den in der Nähe liegenden Bad- und Trinkstuben ableiten.
Am Turm, der 1530 als zweistöckiges, festes, mit Zinnen besetztes Gebäude dargestellt wird, war gegen die Stadt zu ein großes, den Heiligen Christophorus darstellendes Gemälde angebracht. Als die alten Festungswerke abgebrochen wurden, verschwand der Turm (zwischen 1530 und 1540).
Neues Stubentor
Das neue Stubentor, 1563 dicht vor dem abgebrochenen Tor (partiell auf Fundamenten des Stubenturms) errichtet, wurde teilweise aus den Steinen der seit 1529 in Trümmern liegenden Dominikanerkirche erbaut. Es hatte eine gerade Durchfahrt sowie ein Gehtor. Über dem Tor befand sich ein kleines Türmchen, das aber später wieder verschwand. Aus einer Instruktion an zehn Stadtsoldaten vom 11. Jänner 1549 ist zu schließen, dass das Bauwerk um diese Zeit fertiggestellt wurde. Diese waren neu aufgenommen und vom Bürgermeister und Rat der Stadt vereidigt worden. Das Dokument enthält Bestimmungen über die Bewaffnung und Wachsamkeit der Soldaten. Außerdem wurde die Befragung ankommender Fremder sowie etwaige Nachforschungen in der Herberge geregelt. Bettlern und heruntergekommenen Landsknechten sei der Einlass zu verwehren. Die Stadtsoldaten wurden auch aufgefordert, gemeinsam mit dem Schlüsselwärtern und dem Mautner (siehe Haus Stadt 788) zu verhindern, dass Fuhrwerke zwischen Schranke und Stadttor aufgestellt würden. Darüberhinaus wurde den Soldaten sowie dem Mautner verboten, das Tor zu verlassen und sie wurden aufgefordert, sich auch die Mahlzeiten dorthin bringen zu lassen. Während der Öffnungszeiten des Tores hätten sie abwechselnd paarweise Stellung zu beziehen. Sollten Boten nächtens, wenn das Tor geschlossen sei, ankommen, seien diese an den Salzturm zu verweisen. Die Instruktion sei täglich zu verlesen, außerdem müssten die Soldaten den Schlüsselwärtern beim Auf- und Absperren des Tores behilflich sein. Sollten die Soldaten fluchen, drohe ihnen Entlassung, Fahrlässigkeiten im Dienst seien zu melden. Bei einem nächtlichen Aufruhr müssten die Anwohner durch Trommelschläge herbeigerufen werden, die Täter seien zu verhaften und dem Bürgermeister anzuzeigen. Beim Sturmläuten seien die Tore zu schließen und nächtens die fahrbaren Geschütze sowie die Hakenbüchsen einsatzfähig zu halten.
Während der zweiten Belagerung Wiens durch die Osmanen im Jahr 1683 (sogenannte Zweite Türkenbelagerung) stand das Stubentor mehrfach im Mittelpunkt: Nach einer Tagebucheintragung vom 1. September 1683 kam es an diesem Tag zu einem Ausfall von zwanzig Studenten, die eine beachtliche Anzahl an Rindern erbeuteten. Als die Osmanen abzogen, wurde hier am 13. September 1683 der erste Stadtausgang wieder passierbar gemacht. Nachdem die Brücke in großer Eile wiederhergestellt worden war, versammelte sich hier am 14. September 1683 der Magistrat mit dem Stadtadministrator Daniel Fockhy und das Stadtgericht, um Kaiser Leopold I. zu empfangen. Danach begab sich der Kaiser, der von den Kurfürsten von Sachsen und Bayern sowie einer großen Anzahl vornehmer Cavaliere begleitet wurde, zum Dankgottesdienst in den Stephansdom.
Im Lauf der Zeit wurde das Stubentor mehrfach verändert. Auch die Fassade erhielt eine neue Gestalt. 1836 wurde es durch einen klassizistischen Torbau ersetzt. Das Stubentor wurde zwischen 14. Juni und 9. Oktober 1858 (bei gleichzeitiger Regulierung des Dominikanergartens) großteils demoliert. Restliche Teile folgten anlässlich der Abtragung des Kleinen Jakoberhofs zwischen 16. Februar und 6. September 1871, die endgültige Abtragung der Kurtine (Stubenbastei) und der auf ihr befindlichen Häuser erfolgte jedoch erst zwischen dem 20. Juni und 2. September 1884.
Im Verlauf des Baus der U3 und der Errichtung eines Stationsaufgangs am Westrand des Dr.-Karl-Lueger-Platzes wurden Fundamentreste des Stubentors ergraben, denkmalpflegerisch restauriert und in die Stationsanlage (die über Vorschlag des Vereins für Geschichte der Stadt Wien die Bezeichnung "Stubentor" erhielt) integriert. An den während des Baues der U3 ergrabenen Resten des Stubentors, die durch zeitgenössische Ergänzungen teilweise das Straßenniveau überragen, sind zwei Gedenktafeln angebracht, die (in zum Teil irreführenden Texten) die historische Entwicklung der Stadtbefestigung vom 13. bis zum 19. Jahrhundert enthalten. Außerdem ist eine Gedenktafel für den Protestantenführer Dr. Balthasar Hubmaier angebracht, wobei als Örtlichkeit seiner Hinrichtung die vage Bezeichnung "vor dem Stubentor" angebracht wurde (tatsächlich in Erdberg).
Literatur
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 118, S. 121
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 4, 3. Teil. Wien ²1955 (Manuskript im WStLA), S. 573-575
- Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1883]). Cosenza: Brenner 1967, Band 1, S. 319, S. 322
- Ferdinand Opll: Alte Grenzen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1986 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 4), S: 33
- Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
- Leopold Sailer: Die Wiener Ratsbürger des 14. Jahrhunderts. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1931 (Studien aus dem Archiv der Stadt Wien, 3/4)