Schönbornpalais (8)
48° 12' 47.43" N, 16° 21' 0.23" E zur Karte im Wien Kulturgut
Schönbornpalais (8., Laudongasse 15-19; Gesamtbesitz 8, Laudongasse 13-19, Florianigasse 20-24 und das heutige Teilstück der Langen Gasse zwischen Floriani- und Laudongasse).
Besitzgeschichte
Auf den heutigen Parzellen Laudongasse 15, 17 und 19 beziehungsweise Florianigasse 22 und 24 (Lange Gasse 57) befand sich ("außerhalb der Alser Straße am Neuhof") ein Lusthaus samt Garten, das Otto Ehrenreich Graf Abensperg-Traun 1687 erwarb und 1697 an den Hofkammerrat Johann Christoph Ritter von Forster verkaufte, von dem es 1706 Reichsvizekanzler Friedrich Karl Graf Schönborn erwarb; er ließ anstelle des älteren Lusthauses 1706-1711 nach einem Entwurf Johann Lukas von Hildebrandts (1705/1706) durch dessen Bauführer Franz Jänggl ein Sommerpalais mit Front an der Laudongasse errichten und den Garten neu gestalten (Mary Wortley Montagu bezeichnete es 1716 in ihren "Erinnerungen" als eines der prächtigsten Wiener Palais).
1725 wurde der Besitz durch den Ankauf eines östlich benachbarten Grundstücks arrondiert, den 1722 der Hofzahlmeister Leopold Wissende von Wiesenburg seiner Witwe Anna vererbt hatte und den Schönborn zur Vergrößerung des Gartens benützte (8, Laudongasse 13, Florianigasse 20, Teilstück der Langen Gasse). Infolge der von Schönborn in seinem Palais angesammelten Kunstschätze wurde das Gebäude sogar im Ausland bekannt. Schönborn, der 1731 das Reichsvizekanzleramt niederlegte und 1734 Wien verließ, vererbte das Palais 1746 seinem Neffen Franz Erwein (Linie Schönborn-Heussenstamm), der die Kunstschätze ins inzwischen angekaufte Stadtpalais (Batthyány-Schönborn-Palais) transferierte, um das Vorstadtpalais an adelige Familien zu vermieten; er vererbte es 1801 Franz Philipp Schönborn (Linie Schönborn-Buchheim), der 1814 ein Teilstück (8, Florianigasse 24) veräußerte.
1820 bezog ein Plankenstern-Sohn das Schönbornpalais und übertrug die von seinem Vater Karl Abraham Wetzlar von Plankenstern angelegte Gemäldegalerie hierher. 1841 eröffnete Baronin Amalia Pasqualati ein Liebhabertheater im Palais (Pasqualatitheater). Franz Philipps Enkel Erwein Friedrich Graf Schönborn verkaufte 1859 das zwischen Laudongasse 13 und Florianigasse 20 gelegene Teilstück, das parzelliert, zur Verlängerung der Langen Gasse verwendet und verbaut wurde; 1862 verkaufte er das Palais der Gemeinde Wien, worauf diese noch im selben Jahr den Park der Öffentlichkeit zugänglich machte (Schönbornpark). 1870 wurde das Palais zum Sitz der Hochschule für Bodenkultur (Universität für Bodenkultur) bestimmt und dieser nach entsprechender Adaptierung 1872 übergeben (Gedenktafel, enthüllt 12. Dezember 1996); nach dem Neubau der Hochschule zog 1897 das Oberlandesgericht für Wien und Niederösterreich ein, das hier bis 1913 verblieb. Während des Ersten Weltkriegs waren im Schönbornpalais verschiedene städtische Ämter, aber auch das Deutschmeisterschützenkorps untergebracht. Seit 1917 ist das Schönbornpalais Sitz des 1895 begründeten Österreichischen Museums für Volkskunde.
Beschreibung
Zweigeschoßiges barockes Gartenpalais mit Zubauten aus dem 19. Jahrhundert; langgestreckte Straßenfassade (klassizistisch verändert [Vergrößerung des Giebels vielleicht von Isidore Canevale ]) und Ehrenhof an der Gartenseite. Die älteren Bauteile befinden sich im Westteil, der Mittelteil entstand Anfang des 18. Jahrhunderts und der Osttrakt 1870. Das Innere wurde im Lauf der Zeit durch Umbauten stark verändert. Die kunstvoll gestaltete Treppe entwarf Johann Lukas von Hildebrandt. Ein Raum im Obergeschoß des Westflügels besitzt eine teilweise vergoldete Stuckdecke aus dem ersten Viertel des 18. Jahrhunderts (in der Mitte Ölbild ("Opferung der Tochter Jephtas") von Peter Strudel. Porträtbüste Arthur Haberlandts von Franz Seifert auf dem Mittelpodest des Stiegenhauses. Schönbornsche Wasserleitung
Quellen
Literatur
- Bundesdenkmalamt [Hg.]: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien. II. bis IX. und XX. Bezirk. Wien 1993, S. 338 f.
- Hermine Cloeter: Geist und Geister aus dem alten Wien. Bilder und Gestalten. Wien: Schroll 1922, S. 60 ff.
- Wilhelm Engelmann: Schönbornpalais in der Josefstadt. In: Monatsblatt des Altertums-Vereines zu Wien. Wien: Alterthumsverein zu Wien 1884-1918. Band 12,1917/18, S. 26-28, S. 60
- Bruno Grimschitz: Johann Lucas von Hildebrandt. Wien: Staatsdruckerei 1932, S. 61 ff.
- Bruno Grimschitz: Johann Lukas Hildebrandts Nepomukkapelle am Schlosse Schönborn. In: Mitteilungen des Vereines für Geschichte der Stadt Wien. Wien: Verlag des Vereines 1920-1938. Jg. 4.1923, S. 39 ff.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.-21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 260
- Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1895]). Cosenza: Brenner 1967, Band 3, S. 530 f.
- Adolf Mais: Das GartenpalaisSchönborn. In: Das Josefstädter Heimatmuseum. Wien: Neuer Wiener Pressedienst 1959-1969. März,1959, S. 3-4
- Museen und Sammlungen in Österreich. 1968, S. 307 ff.
- Richard Perger: Der Adel in der Josefstadt im 18. Jahrhundert. In: Elfriede Faber [Red.]: "Paläste, Gärten, kleine Häuser". Das Werden der Josefstadt. Wien: Bezirksmuseum Josefstadt 1994, S. 7 ff., S. 14 f.
- Gabriele Praschl-Bichler: Wien speziell. Architektur des Barock. Wo finde ich Schlösser, Palais, Öffentliche Profanbauten, Kirchen, Klöster, Bürgerhäuser, Denkmäler, Brunnen, Museen, Sammlungen in Wien. Wien: Christian Brandstätter Verlag 1990, S. 42
- Hans Rotter: Die Josefstadt. Geschichte des 8. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Selbstverl. 1918, S. 293 ff., S. 477
- Leopold Schmidt: Das Österreichische Museum für Volkskunde. Werden und Wesen eines Wiener Museums. Wien: Bergland Verl. 1966 (Österreich-Reihe, 98/100)