Schießstätte
Bürgerliche Schießstätte. Wie in den meisten europäischen Städten vereinten sich auch in Wien vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert Bürger aller Altersstufen zu Übungen und Wettbewerben im Gebrauch von Schußwaffen (Armbrüste, später Büchsen = Gewehre); diese dienten nicht nur dem Sport, sondern auch der Bereitschaft bei politischen und kriegerischen Erfordernissen sowie dem Selbstschutz. Man unterschied zwischen Schießstätten (wo die routinemäßigen Übungen stattfanden) und eigens vorbereiteten größeren Plätzen für gelegentlich größere Veranstaltungen (wie Schützenfeste oder Feste beim Einzug von Herrschern).
1) Die älteste Wiener Schießstätte befand sich (nachweisbar 1444 und 1499) im Unteren Werd (2) auf dem Areal 2., Taborstraße 18 (bis zur Großen Mohrengasse reichend); nach Verwüstung 1529 wurde sie 1535 wiederhergestellt, aber schon 1546 verlegt (sub 2). Das Gelände im Werd wurde veräußert.
2) Ab 1546 befand sich die Schießstätte auf der Schottenpeunt (9., zwischen Währinger Straße 18-22, Berggasse, Liechtensteinstraße und Thurngasse). Sie bestand hier bis 1683 und wurde dann aus militärischen Gründen (Ausdehnung des Festungsrayons) nicht mehr aktiviert.
3) Daraufhin wurde die Schießstätte 1684 auf den heutigen Parzellen 8., Alser Straße 3-5, Landesgerichtsstraße 9a-11 (ehemals In den 7 Hofstätten) eingerichtet. Ein stadtseitig gelegener Teil dieses Areals wurde 1732 zur Anlage eines Friedhofs (Ersatz für den damals gesperrten Stephansfreithof) abgetreten; dieser bestand bis 1784, dann diente der Grund als Zeugstadel, Heumagazin und dergleichen. 1831-1839 wurde auf dem Areal der Kernbau des Kriminalgefängnisses errichtet (Landesgerichtsgebäude I). Die Schießstätte bestand 1732-1831 noch auf der Parzelle 8, Alser Straße 5 (dann Verlegung, sub 4), dann wurde auf dem Gelände zunächst ein Choleraspital angelegt beziehungsweise ab 1832 das Zimentierungsamt eingerichtet (Haus „Zum Schützen"). 1851 bezog man das Grundstück in einen Zubau des Gerichtsgebäudes ein.
4) Die Schießstätte wurde 1831 an die Grenze der Vorstädte Wieden (Konskriptionsnummer 391; 4, Blechturmgasse 27) und Hungelbrunn (Konskriptionsnummer 7; 4, Wiedner Hauptstraße 85-87, Rainergasse 36-38 und 39, Kriehubergasse 24-28) verlegt, wo sie bis zum Herbst 1848 verblieb.
5) Eine eigene Schießstätte hatten bis 1683 die Niederleger (fremde Großhändler) auf der Parzelle Alservorstadt 109 (Teil des 1784 erbauten Josephinums; 9, Währinger Straße 25, Van-Swieten-Gasse 3).
Literatur
Ad 1:
- Otto Brunner: Die Finanzen der Stadt Wien. Von den Anfängen bis ins 16. Jahrhundert. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1929 (Studien aus dem Archiv der Stadt Wien, 1/2), S. 168, S. 293 f.
- Leopold Steiner: Zur Topographie des Unteren Werds bzw. der Leopoldstadt. Wiener Stadt- und Landesarchiv: Hs. W 445 (Stichwort Schießhütte beziehungsweise Schießstätte)
Ad 2 und 3:
- Hans Rotter: Die Josefstadt. Geschichte des 8. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Selbstverlag 1918, S. 266 ff.
- Carl Hofbauer: Die Alservorstadt mit den ursprünglichen Besitzungen der Benediktinerabtei Michelbeuern am Wildbach Als. Wien: Sommer 1861, S. 15, S. 26 ff.
Ad 4:
- Carl Hofbauer: Die Wieden mit den Edelsitzen Conradswerd, Mühlfeld, Schaumburgerhof und dem Freigrunde Hungerbrunn. Historisch-topographische Skizzen zur Schilderung der Vorstädte Wiens. Wien: Gorischek 1864, S. 70, S. 220
Hofbauer, Wieden,
- Robert Messner: Die Wieden im Vormärz. Historisch-topographische Darstellung der südwestlichen Vorstädte und Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1982 (Topographie von Alt-Wien, 7), S. 196, S. 234
Ad 5:
- Carl Hofbauer: Die Alservorstadt mit den ursprünglichen Besitzungen der Benediktinerabtei Michelbeuern am Wildbach Als. Wien: Sommer 1861, S. 15, S. 103 f.