Schulpflicht

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Auszug aus der Allgemeinen Schulordnung (1774): "...Daher verordnen Wir, daß alle und jede Eltern, oder Vormünder ihre schulfähigen Kinder ohnfehlbar zur Schule schicken oder zu Hause unterrichten lassen..."
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Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Wiener Schulen, Schulgesetzwerk 1962
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Auszug aus der Allgemeinen Schulordnung (1774): "...Daher verordnen Wir, daß alle und jede Eltern, oder Vormünder ihre schulfähigen Kinder ohnfehlbar zur Schule schicken oder zu Hause unterrichten lassen..."

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Ungeregelte Verhältnisse

Bis in das 18. Jahrhundert konnte von Schulpflicht noch keine Rede sein. Für Knaben aus dem Bürgertum existierten ab dem 13. Jahrhundert einige Schulen, die Grundkenntnisse vermittelten, ein Teil der Oberschicht ließ ihre Söhne durch Hauslehrer unterrichten, manche Mädchen erhielten in einzelnen Nonnenklöstern Unterricht. Im Jahr 1770 besuchten von rund 19.000 Kindern im Alter von sechs bis zwölf Jahren lediglich 4.700 regelmäßig eine Schule. Alle anderen wurden privat unterrichtet, erhielten ihre Bildung in Winkelschulen oder Fabriksschulen oder genossen gar keine Schulbildung.

Einführung

Am 6. Dezember 1774 wurde unter Maria Theresia eine "Allgemeine Schulordnung" erlassen (Theresianische Schulordnung), in deren Gefolge auch einheitliche Schulbücher gedruckt wurden und die die Unterrichtspflicht vorsah. Die sechsjährige Trivialschule vermittelte Elementarschulunterricht, die darauf aufbauende zwei- bis dreijährige Hauptschule auch vertiefende Kenntnisse in den realistischen Gegenständen. Der Schulbesuch lag lediglich bei 30 Prozent, da viele Kinder die Trivialschulen nur ein bis zwei Jahre besuchten. Diese Situation verbesserte sich nur langsam. Um 1850 kamen rund die Hälfte der Wiener Kinder der sechsjährigen Schulpflicht nach.[1] Unter Kaiser Joseph II. wurde in Verordnungen vom 20. Oktober 1781 und 14. Jänner 1786 die Nichtbeachtung des Schulzwangs mit Strafen belegt.[2]

Regelung von 1869

Das Reichsvolksschulgesetz vom 14. Mai 1869 legte eine achtjährige "Unterrichtspflicht" fest, die auch im häuslichen Unterricht erfüllt werden konnte. Noch 1890 besuchten rund 60 Prozent der Volksschülerinnen und Volksschüler nach Ende der Schulpflicht Berufsvorbereitungskurse, um den fehlenden Volksschulabschluss nachzuholen. Erst im Roten Wien (1918-1934) gelang es, die Schulpflicht weitestgehend durchzusetzen, dies auch deshalb, weil Kinderarbeit an Bedeutung verlor und rigoroser verfolgt wurde.

Aufhebung im Zuge rassischer Verfolgung

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Zuge des "Anschlusses“ im März 1938 erhielt die Schulpflicht eine diametral andere Bedeutung (Schule im Nationalsozialismus). Im Sinne der NS-Rassenideologie wurden etwa 16.000 Schülerinnen und Schüler an allen Wiener Schulen, die den Nationalsozialisten aus rassistischen, politischen und nationalistischen Gründen nicht in die "deutsch-arische Volksgemeinschaft" des Dritten Reichs passten, "ausgesondert" und in der Folge auch aus den anfangs noch zur Verfügung gestellten Auffangschulen vertrieben.

Ausweitung

Nach Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse auch im Schulwesen nach Ende des Zweiten Weltkriegs kam es 1952 zu einer Änderung beim Schulantrittsalter. Schülerinnen und Schüler, die zwischen September und Dezember das sechste Lebensjahr vollendeten, durften über Antrag der Eltern nur dann der Schulpflicht nachkommen, wenn Schulleiter und Schularzt die Schulreife attestierten. Eine Revision der Entscheidung konnte bis Ende des ersten Kalenderjahrs erfolgen. Im Rahmen des Schulgesetzwerks 1962 wurde im Schulpflichtgesetz vom 25. Juli 1962 die Unterrichtspflicht geregelt. Sie beginnt am 1. September nach Vollendung des sechsten Lebensjahrs eines Kindes und dauert neun Jahre. Kinder, die zwischen dem 1. September und dem 31. Dezember das sechste Lebensjahr vollenden und schulreif (schulfähig) sind, können auf Ansuchen ihrer Eltern aufgenommen werden. Im Zusammenhang mit der Ausdehnung der Schulpflicht wurde ein "polytechnisches Jahr" eingeführt.

Ein neues Problem für die vollständige Verwirklichung der Unterrichtspflicht entstand durch die „Gastarbeiterwanderung“. Eine Untersuchung aus dem Jahr 1972 ergab, dass nur etwa 60 Prozent der schulpflichtigen Kinder dieser Migrantengruppe die Schule besuchten. Die Situation besserte sich erst, als auch immer mehr Migrantinnen und Migranten ihren Aufenthalt als dauerhaft ansahen. Ein Zusammenhang zwischen mangelndem Nachkommen der Schulpflicht und Bildungsferne der Eltern blieb als latentes Problem allerdings weiterhin bestehen.

Ausbildungspflicht

Mit 1. Juli 2017 wurde die Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr eingeführt. Ihr kann durch Besuch einer weiterführenden Schule, einer Lehre oder durch eine Ausbildung am Arbeitsmarktservice nachgekommen werden.

Siehe auch: Schulgesetzwerk 1962

Literatur

  • Ernst Gerhard Eder: Schüler/innen, Schulen und Bildungspolitiken seit 1770. In: Andreas Weigl / Peter Eigner / Ernst Gerhard Eder [Hg.]: Sozialgeschichte Wiens 1740-2010. Soziale und ökonomische Ungleichheiten, Wanderungsbewegungen, Hof, Bürokratie, Schule, Theater. Innsbruck / Wien / Bozen: StudienVerlag 2015 (Geschichte der Stadt Wien 8), S. 585-780
  • Leo Kövesi/ Friedrich Jellouschek: Die Schulgesetze des Bundes. Wien 1963
  • Anton Mayer: Geschichte der geistigen Cultur in Niederösterreich von der ältesten Zeit bis in die Gegenwart. Ein Beitrag zu einer Geschichte der geistigen Cultur im Südosten Deutschlands. Band 1. Wien: W. Seidel & Sohn 1878
  • Felix Olegnik: Historisch-statistische Übersichten von Wien. Teil 3. Wien 1958 (Mitteilungen aus Statistik und Verwaltung der Stadt Wien 1958, Sonderheft 1)

Weblinks

  1. Felix Olegnik: Historisch-statistische Übersichten von Wien. Teil 3. Wien 1958 (Mitteilungen aus Statistik und Verwaltung der Stadt Wien 1958, Sonderheft 1), S. 23.
  2. Anton Mayer: Geschichte der geistigen Cultur in Niederösterreich von der ältesten Zeit bis in die Gegenwart. Ein Beitrag zu einer Geschichte der geistigen Cultur im Südosten Deutschlands. Band 1. Wien: W. Seidel & Sohn 1878, S. 119.