VS Hetzendorfer Straße 138
48° 10' 10.06" N, 16° 18' 5.60" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die VS Hetzendorfer Straße 138 war eine öffentliche Volksschule im 12. Wiener Gemeindebezirk, Meidling.
Schulanfänge in Hetzendorf
Die erste Trivialschule in Hetzendorf wurde unter Kaiserin Maria Theresia gegründet. Obwohl diese Schulen anfangs nur für die Kinder der Schlossbediensteten bestimmt waren, wurden sie später auch von den Kindern der Ortsbewohner besucht. Dieses erste Schulhaus befand sich in der Hetzendorfer Straße 92 und bestand zwischen 1777 und 1844.[1] Im Jahr 1845 errichtete die Gemeinde Hetzendorf ein eigenes Gebäude zur Unterbringung der Schulkinder in der Schlöglgasse 42.
Allerdings wurde auch dieses Schulhaus für die steigende Anzahl der Schulkinder schnell zu klein, sodass im Jahr 1876 unter Bürgermeister Josef Janisch eine Volksschule für Knaben und Mädchen in der Hetzendorfer Straße 138, nahe des heutigen Friederike-Stoiber-Park, erbaut wurde.[2] Dieses wurde am 24. August 1876 eröffnet. Durch eine Stockwerkaufsetzung und einen Zubau im Jahr 1893 wurden vier Klassenzimmer und ein Lehrmittelzimmer gewonnen. Im ebenerdigen Gartentrakt befand sich der Turnsaal inklusive Garderobe sowie eine Oberlehrerwohnung.
Im Schuljahr 1895/1896 leitete Oberlehrer Andreas Schiffl die Schule, die von fünf Knabenklassen mit 256 Schülern und sechs Mädchenklassen mit 307 Schülerinnen besucht wurde. Die Konfessionsverteilung war ziemlich homogen: Neben den 539 römisch-katholischen Schulkindern besuchten 15 protestantische und neun jüdische Schulkinder die Schule in der Hetzendorfer Straße 138. Im Winter wurde eine Klasse in der Hetzendorfer Straße 102 untergebracht. Die Schule besaß einen Turnsaal, Schulgarten sowie einen Sommerturnplatz. Außerdem fungierte die Schule als Religionssammelstelle für den evangelischen und den jüdischen Religionsunterricht.
Am Vorabend des Ersten Weltkrieges im Schuljahr 1913/1914 fungierte Oberlehrer Franz Tomberger als Schulleiter. Die Schule führte sechs Knabenklassen mit 280 Schülern sowie fünf Mädchenklassen. Davon waren 500 römisch-katholisch, 32 protestantisch, vier jüdisch und ein Kind griechisch-orientalisch. Die Schule fungierte außerdem als Religionssammelstelle für den protestantischen sowie jüdischen Religionsunterricht.
Erster Weltkrieg
Während der Zeit des Ersten Weltkrieges waren vor allem die Einrückung der männlichen Lehrkräfte in den militärischen Dienst zu verzeichnen. Im Schul- und Kriegsjahr 1915/1916 waren beispielsweise vier Lehrkräfte des Lehrkörpers eingerückt. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler sank nur sehr gering:
- 1914/1915: fünf Klassen mit 260 Knaben, fünf Klassen mit 256 Mädchen. Gesamt: 516
- 1915/1916: sechs Klassen mit 288 Knaben, fünf Klassen mit 249 Mädchen. Gesamt: 537
- 1916/1917: sechs Klassen mit 260 Knaben, fünf Klassen mit 246 Mädchen. Gesamt: 506
- 1917/1918: sechs Klassen mit 250 Knaben, fünf Klassen mit 247 Mädchen. Gesamt: 497
Februar 1934
Im Schuljahr 1933/1934 leitete Oberlehrer Karl Fuhrmann die Knaben- und Mädchenvolksschule in der Hetzendorfer Straße 138, die zu diesem Zeitpunkt elf Klassen führte (vier Knabenklassen, drei Mädchenklassen und vier gemischte Klassen. Insgesamt besuchten 210 Knaben und 194 Mädchen die Schule. Davon waren 306 römisch-katholisch, sechs altkatholisch, 33 protestantisch, acht jüdisch und 51 konfessionslos. Vor dem Hintergrund der bürgerkriegsähnlichen Ereignisse im Februar 1934 blieben die Schulen vom 13. bis einschließlich 17. Februar 1934 geschlossen. Unmittelbar danach wurde Franz Skala laut Dekret vom 18. Februar 1934 (Zahl I-1095/34) zum provisorischen Leiter der Schule bestellt und bestimmte als solcher ab 19. Februar die Agenden der Schule.
NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg
Im Schuljahr 1937/1938 war Oberlehrer Franz Berger Leiter der Schule. Unter den 272 Schulkindern (138 Knaben und 134 Mädchen in insgesamt acht Klassen) waren noch nur noch drei jüdische Schulkinder. Als Fremdsprache wurde noch Französisch unterrichtet. Nach dem sogenannten "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 kam es zu einem Wechsel in der Schulleitung, denn Oberlehrer Adolf Klenner wurde laut Dekret vom 25. August 1938 ab 1. September 1938 zum Leiter der Schule Hetzendorfer Straße 138 bestellt. Ab diesem Zeitpunkt besuchten auch keine jüdischen Schulkinder mehr die Schule. Neben der Doppelhauptschule Hetzendorfer Straße 66 nahmen außerdem die Hitlerjugend, das Deutsche Jungvolk, der Bund deutscher Mädel sowie der Jungmädelbund den Turnsaal sowie ein Klassenzimmerin Anspruch genommen.
Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde das Schulgebäude der Hetzendorfer Straßer 138 vom Militär belegt, sodass sie kurzzeitig in der Knabenmädchenhauptschule HS Hetzendorfer Straße untergebracht wurden. Ab dem Schuljahr 1940/1941 befand sich die Kartenstelle Nr. 92 zur Vergabe von Lebensmittelkarten in zwei Zimmern des Schulhauses, wobei unklar ist, ob sich diese Angabe auf die Räumlichkeiten im Stammhaus Hetzendorfer Straße 138 oder auf die Gastschule Hetzendorfer Straße 66 beziehen. Zudem wurde ein Raum für die Kindergruppe der NS-Frauenschaft benützt.
Die Lehrabteilung IV des Ausbildungsverbandes „Kraftfahrtechnischer Lehranstalt der Waffen-SS“ (KTL Wien-Schönbrunn), welche in der Fasangartenkaserne stationiert war, benützte ebenfalls zweimal wöchentlich ein Lehrzimmer. Ein Raum wurde schließlich als Sachbeihilfenlager der Abteilung E5 der Gemeindeverwaltung des Reichsgaus Wien belegt. Im Schuljahr 1944/1945 diente der Turnsaal als Möbellager der Bombengeschädigten. In den Kriegsjahren ging der Schülerinnen- und Schülerstand stark zurück:
- 1939/1940: vier Klassen mit 119 Knaben, vier Klassen mit 125 Mädchen. Gesamt: 243
- 1940/1941: zwei Klassen mit 63 Knaben, zwei Klassen mit 72 Mädchen, zwei gemischte Klassen mit 35 Knaben und 44 Mädchen. Gesamt: 214
- 1941/1942: Keine Angaben
- 1942/1943: eine Klasse mit 32 Mädchen, vier gemischte Klassen mit 78 Knaben und 73 Mädchen. Gesamt: 183
- 1943/1944: eine Klassen mit 34 Mädchen, vier gemischte Klassen mit 74 Knaben und 76 Mädchen. Gesamt: 150
- 1944/1945: eine Klasse mit 28 Knaben, eine Klasse mit 26 Mädchen, drei gemischte Klassen mit 49 Knaben und 44 Mädchen Gesamt: 147
Quellen
- Georeferenzierter Kriegsschädenplan von 1946 in Wien Kulturgut
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, A9/1 – Standesausweise: Öffentliche Schulen 1916-1945
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, B4 – Standesausweise 1876-1915
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien in den Jahren 1889-1893. Bericht des Bürgermeisters Dr. Raimund Grübl. Wien: Wilhelm Braumüller, k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1895, S. 605
Einzelnachweise
- ↑ Karl Hilscher: Wiens 12. Gemeindebezirk Meidling. Für Schule und Haus. Wien/Leipzig: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1923, S. 84.
- ↑ Meidlinger Heimatbuchausschuss [Hg.]: Meidling. Der 12. Wiener Gemeindebezirk in Vergangenheit und Gegenwart. Mit 2 Farbendrucktafeln, 164 Voll- und Textbildern und einem Übersichtsplan des 12. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Österreichische Verlags- und Betriebsgesellschaft 1930, S. 151-153.