Philadelphiatheater

Aus Wien Geschichte Wiki
(Weitergeleitet von Varieté Tivoli)
Wechseln zu:Navigation, Suche
Philadelphiatheater, um 1940
Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation Theater
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1923
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 1949
Benannt nach
Prominente Personen
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  8829
GNDGemeindsame Normdatei
WikidataIDID von Wikidata
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Kino, Theater
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 2.05.2023 durch WIEN1.lanm08jan
BildnameName des Bildes Philadelphiatheater WSTLA MAbt 104 A8 34 3.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Philadelphiatheater, um 1940
  • 12., Wilhelmstraße 64-68
  • Philadelphia-Singspielhalle (1923, bis: 1931)
  • Varieté Tivoli (1930, bis: 1936)
  • Tivoli-Theater (1930, bis: 1936)
  • Philadephiatheater (1937, bis: 1943)
  • Neues Schauspielhaus (1943, bis: 1949)

Die Karte wird geladen …

48° 10' 29.65" N, 16° 19' 52.10" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Das Philadelphiatheater (auch Singspielhalle Philadelphia, Theater-Kino Philadelphia und Varieté Tivoli sowie ab 1939 Neues Wiener Schauspielhaus) bestand von 1923 bis 1949 als einfaches Hoftheater an der Adresse 12., Wilhelmstraße 64-68 (Hof).

Bau des "Theaterkinos"

Das als Großkino konzipierte Gebäude wurde 1923 von den damaligen Eigentümern der Realität Wilhelmstraße 64−68, Franz Bie(l)ler, Josef Kreu(t)zer und Therese Pribil(l), gemeinsam mit dem Wiener Stadtbaumeister Guido Gröger erbaut. Der Antrag dazu wurde am 26. März 1923 vorgelegt, wobei zu diesem Zeitpunkt das Gebäude noch nicht errichtet war. Doch bereits von Beginn an wurde das Projekt massiv von anderen Kinobetreibern im Bezirk bekämpft, da das über 1.000 Plätze fassende Kino eine zu harte Konkurrenz gewesen wäre.

Nach längeren Verhandlungen konnte im August 1923 zumindest eine dahingehende Einigung erzielt werden, als die Betreiber des neuen Kinos den beiden konkurrierenden Betrieben Wilhelmkino (12., Wilhelmstraße 38) und Draschegasse 2 finanzielle Abfindungen bei etwaigen Verlusten anboten. Am 5. September 1923 wurde der Bau als Philadelphiatheater genehmigt, wobei nun nur noch Josef Bie(l)ler und Josef Kreu(t)zer als grundbücherliche Eigentümer genannt wurden. Guido Gröger blieb als Baumeister deren Projektpartner. Das neue Gebäude sollte "ein teilweise mit Dachpappe, teilweise mit Presskies gedecktes Kinogebäude mit Theaterbühne, Nebenräumen und Zentralheizanlage" werden. Nachdem das Gebäude binnen weniger Wochen errichtet worden war, jedoch eine Kinokonzession noch immer nicht erteilt wurde, baten die Inhaber nun um die Konzession für "singspielhallenartige Vorführungen".

Direktion Carl Streitmann

Konzessionär des neuen Wiener Unterhaltungsunternehmens wurde der ehemalige Opernsänger Carl Streitmann, dem die Gemeinde Wien so vor allem eine finanzielle Absicherung gewähren wollte. Streitmann bat von Beginn an um zwei Konzessionen: eine für einen Volltheaterbetrieb und eine Kinokonzession – beides erhielt er nie. Es blieb bei einer Singspielhallenkonzession sowie der zusätzlichen Genehmigung zur Vorführung von Filmen mit bis zu 600, später mit bis zu 1.000 Metern Länge.

Streitmann führte seine "Singspielhalle Philadelphiabrücke" somit teils auch als "Theater-Kino Philadelphia" und setzte 1924 seine wesentlich jüngere Frau Marianne als seine Stellvertreterin ein.

Da Streitmann in allen erhaltenen Akten als "mittellos" bezeichnet wurde, musste er in den folgenden Jahren immer wieder nach Finanziers für die selten gut gehende Bühne suchen, aber auch Großveranstaltungen wie Ringkämpfe anbieten. Ab 1925 gelang es ihm, zumindest teilweise Revuen präsentieren zu dürfen, für die er jeweils eigene Ansuchen zu stellen hatte. So wurde beispielsweise im November 1925 Fritz Grünbaums Revue Rund um den Mittelpunkt gezeigt, was wiederum scharfe Kritik der Internationalen Artisten-Organisation hervorrief, da das Theater vor allem für Artistinnen und Artisten eine feste Einnahmequelle darstellte.

Im Februar 1926 wurde hier die Operette Walzertraum und im April die Operette Orlow aufgeführt, im Zuge derer Streitmann erneut betonte, wie wichtig für ihn ein Theater wäre, an dem nicht nur Varietés gezeigt würden: "Nun hat die seit der Eröffnung des Philadelphia Theaters von uns gemachte Erfahrung gelehrt, dass der Betrieb dieses Theaters, an dem eine nicht unbedeutende Zahl von Künstlern und sonstigen Angestellten interessiert ist, nur durch die Aufführung von Operetten gesichert werden kann, eine klaglose Aufführung von Operetten hinwiederum ist aber ohne Szenenwechsel nicht möglich, die Gestaltung des Szenenwechsels ist darum für uns eine Schicksalsfrage, und ich erlaube mir daher, die inständige Bitte zu stellen, meine Concession gnädigst dahin abändern zu wollen, dass mir die Bewilligung eines Szenenwechsels in bescheidenem Maße erteilt wird." Erneut wurde Streitmanns Argumentation aber nicht gehört und vom Wiener Magistrat eine ausschließliche Singspielhallen-Konzession erteilt. "Die Angestellten haben eine Arbeitsgemeinschaft gebildet und noch einige Vorstellungen abgehalten. Da jedoch die Fortsetzung des Betriebes nicht rentabel schien, wurde derselbe eingestellt", hieß es in einem Schreiben Ende Mai 1926.

Von da an blieb Streitmann zwar Konzessionär, vermietete den Betrieb aber immer wieder und wechselte auch häufig die künstlerischen Leiter und Geschäftsführer. Im Herbst 1927 spitzte sich die existenzielle Situation Streitmanns weiter massiv zu: Zum einen wurden seine Frau Marianne und sein Stiefsohn wegen des "Diebstahls von Wäsche im Werte von S. 5000" bei der Staatsanwaltschaft angezeigt und inhaftiert. Zum anderen wurde sein Antrag, die Konzession an einen neuen, besseren Standort in der Wiener Innenstadt zu verlegen, aufgrund mangelnden Bedarfs abgelehnt. Wie aus einem Zeitungsartikel von 3. Oktober 1927 hervorgeht, war zu diesem Zeitpunkt das Ausgleichsverfahren gegen Karl und Marianne Streitmann (S-a 621 und 622/270) zurückgestellt worden, da der Antrag zurückgezogen worden war. So blieb Streitmann auch im folgenden Jahr Konzessionär des Theaters.

Am 27. Dezember 1927 wurde vonseiten der Polizeidirektion Wien dem Wiener Magistrat gegenüber deutlich gemacht, dass Streitmann "bei seinem hohen Alter von 74 Jahren" nicht mehr alleinverantwortlich die Geschäfte des Theaters verwalten könne, ja, von seiner viel jüngeren Frau Marianne und deren Sohn Herbert (an anderer Stelle: Hermann) abhängig wäre. Zwar sei es trotz Anzeige letztlich zu keiner Verurteilung Streitmanns gekommen, doch seien die Vorwürfe gegen dessen Frau und den Stiefsohn umso schwerwiegender und beträfen den "Verdacht des Kautionsschwindels" und einen "Wohnungsdiebstahl (Wäsche im Wert von 5.000 S.)": "Bei aller Würdigung der seinerzeitigen Bedeutung Streitmanns, der ja vor Jahren zu den beliebtesten Wiener Operettentenören gehörte, und seiner gegenwärtigen persönlichen Verhältnisse, ist die Polizeidirektion gleichwohl im Hinblicke auf die durch das Verhalten der Gattin des Genannten denn doch gegebene Minderung seiner moralischen und finanziellen Eignung zur Führung eines Theaterbetriebes nicht in der Lage, auf die Gesuchsgewährung einzuraten." (Schreiben von 27. Dezember 1927)

Auch das neue Konstrukt zwischen dem Gastronomen Kernthaler und Streitmann hielt wiederum nur wenige Wochen. Bereits am 13. Februar hielt Kernthaler handschriftlich fest: "Ich habe den Betrieb des Philadelphia Theaters aufgegeben, meine Bestellung zum Geschäftsführer ist daher gegenstandslos."

Im Juni 1928 suchte Streitmann wieder um Verlängerung seiner Konzession an. Zu diesem Zeitpunkt war, wie aus einem Schreiben der Polizeidirektion zum vorliegenden Konzessionsantrag von 16. August des Jahres hervorgeht, das Verfahren gegen Streitmanns Frau nur teilweise eingestellt (Kautionsschwindel und Exekutionsvereitelung), die Anzeige wegen Diebstahls war jedoch noch am Laufen, und auch eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen die Verurteilung ihres Sohnes zu "3 Monaten schweren Kerker" war abgelehnt worden. Auch wenn Streitmann einen "Geldmann in Anspruch" nehmen könne, so sei zudem sicherzustellen, dass auch der nunmehrige "Eigentümer des Lokales, […] Baumeister Gröger" einverstanden sei beziehungsweise dass Streitmann fähig sei, diesem "einen namhaften Pachtzins" zu zahlen. Überdies gab die Polizeidirektion zu bedenken, sei davon auszugehen, dass Streitmann auch weiterhin die Betriebskosten, die Spesen und die Löhne "durch die sehr fraglichen Einnahmen des Betriebes" nicht zu zahlen imstande sein werde. Es sei "mit Recht" zu befürchten, dass es durch den zunehmend schlechten Geschäftsgang zu einem "neuerlichen Zusammenbruch des Unternehmens" kommen würde. Streitmann legte erneut Garantien zur Einlage der Kaution vor, und erneut erhielt er die Konzession für den Betrieb, wobei ihm die "fallweise Aufführung von Bühnenwerken mit und ohne Musik" genehmigt wurde, "doch dürfen nur die vom Magistrate als Lokalpolizeibehörde zugelassenen Dekorationen und Requisiten verwendet werden".

Streitmann konnte das Theater noch bis 1931 halten, doch bereits ab 1930 fand sich ein neuer Interessent für den Betrieb, der zwar nicht als Konzessionär, jedoch als neuer Geschäftsführer in Frage kam: Robert Pick. Nach mehrmonatigen, konfliktreichen Verhandlungen wurde Pick zwar eingesetzt, trat jedoch nur wenige Tage später "freiwillig mit sofortiger Wirksamkeit" von der Geschäftsführung zurück und brachte Streitmann seinerseits Regierungsrat Viktor Gerzig als neuen Geschäftsführer ins Spiel.

Laut Konzessionsbescheid von 28. Dezember 1931, der Streitmanns Konzession erneut bis 31. August 1932 verlängerte, wurde Josef Swoboda als nunmehr "verantwortlicher Pächter" mit der Aufgabe betraut, die immer wieder zum Streitpunkt werdende Kaution zur Absicherung der Gagen zu hinterlegen, was dieser auch handschriftlich zusicherte. Swoboda scheint zudem das Theater auch als Konzessionär geführt zu haben, wobei er die Konzession von Streitmann pachtete, während sein Antrag auf Erteilung einer Kinokonzession neuerlich auf Basis der abschlägigen Gutachten der Interessenverbände abgelehnt wurde.

Nach einem Gastspiel der Löwinger Bühne wurde wieder auf ausschließlichen Varieté-Betrieb umgestellt. Im Oktober 1931 bat Swoboda darum, die Kaution von 2.000 auf 1.000 reduzieren zu dürfen und argumentierte damit, dass er den Betrieb "seit 12 [!] Jahren" als "Direktor und Pächter" führe.

Varieté Tivoli

Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A8: 34

Am 5. Jänner 1932 gab der damalige Bezirksvorsteher des 12. Bezirks gegenüber dem Wiener Magistrat in Hinblick auf eine zu diesem Zeitpunkt laufende Verwaltungsstrafe gegen Josef Swoboda bekannt, dass dieser als Pächter des "Tivoli" täglich eine Pachtsumme von 50 Schilling bezahle und aufgrund des schlechten Geschäftsganges zusätzlich 15.000 Schilling "zugesetzt" hätte, nun aber zur Auflösung des Pachtvertrages genötigt worden zu sein, da er sich das Unternehmen nicht mehr leisten könne. "Gegenwärtig verdient er kaum die Spesen des Haushaltes und reichen die Eingänge auch nicht zur Deckung der Betriebskosten." Noch im Jänner dieses Jahres reichte Swoboda einen Antrag ein, aus dem Theater einen reinen Kinobetrieb zu mache und dieses von nun 1.382 auf 1.000 Plätze zu reduzieren. Der Antrag wurde unter Verweis auf den mangelnden Lokalbedarf für Kinos in diesem Bezirk abgelehnt.

Auf einen Antrag Streitmanns, ab dem 1. November des Jahres 1932 erneut die Löwinger Bauernbühne im Varieté Tivoli gastieren zu lassen sowie den am 5. Dezember 1873 geborenen Oberstleutnant i. R. Viktor Gersik zum neuen verantwortlichen Geschäftsführer zu bestellen, erhob in diesem Jahr die Bundes-Polizeidirektion keine Einsprüche. Wesentlich schärfer hingegen reagierte der Verband der österreichischen Theaterdirektoren: "Bezüglich dieser beiden Ansuchen wollen wir uns den Standpunkt des Herrn Stadtrat Breitner zu eigen machen. Herr Stadtrat Breitner hat wiederholt in Unterredungen mit uns erklärt, dass er der Ansicht sei, eine Vermehrung der bestehenden Theater bezw. Vergnügungsstätten sei untunlich, nachdem der Bedarf keinesfalls gegebenen sei. Wir bitten daher, diese Ansuchen abzuweisen."

Nachdem Streitmann tatsächlich einen negativen Bescheid des Wiener Magistrats erhalten hatte, reagierte der langjährige Konzessionär in einem Anwaltsschreiben von 2. November scharf auf die Vorwürfe des Verbandes und argumentierte unter anderem damit, dass nicht alle Theater in Wien schlecht gehen würden, sondern nur solche, die nicht die Möglichkeit hätten, attraktive Stücke mit populären Schauspielerinnen und Schauspielern zu programmieren. Insofern sei ein Gastspiel des Löwinger Bauerntheaters gerade in der "Peripherie unserer Stadt" umso wichtiger, ja, liebe gerade die dortige Bevölkerung dieses Ensemble, das in seinem Etablissement "stets starken Anklang gefunden" habe. Streitmann wies auf seine langjährige Direktionszeit hin und betonte, dass das Etablissement "ursprünglich als Saaltheater [!] gedacht gewesen" wäre und die teuren Varieténummern der letzten Zeit, die der nicht genehmigten Theaterkonzession geschuldet waren, mit ein Grund für den schlechten Geschäftsgang seien, nicht jedoch die gut besuchten Vorstellungen der Löwinger Bühne. Streitmann schloss seine Berufung mit einer weiteren scharfen Kritik an den Direktoren der Stadt: "Es ist also unangängig, mangels triftiger Gründe die Frage des Lokalbedarfs bei der Entscheidung über die Konzessionserteilung ausschließlich in den Vordergrund zu rücken, als einseitig zu beleuchten und indem man sie negiert, fast 100 Personen die Möglichkeit eines ehrlichen Erwerbes zu benehmen und einen Betrieb, der 10 Jahre funktioniert hat, für alle Zeiten geschlossen zu halten, nur weil ein paar Theaterdirektoren, die selbst nicht aus noch ein wissen, jede Konkurrenz, die in Wirklichkeit gar keine ist, beseitigt wissen wollen. Ich bitte um Stattgebung der Berufung."

Schließlich gastierte das Löwinger Bauerntheater ab 11. November 1932 mit der Revue Im braunen Rößl im Blunzendorf von Max Leo Deutsch. Der damit einhergehende neuerliche Streit mit der Internationalen Artisten-Organisation konnte noch vor Beginn des Gastspiels beglichen werden, da Paul Löwinger eine Konventionalstrafe von 3.000 Schilling zahlte und die Übernahme etwaiger rückständiger Gagen an hier beschäftigten Artisten garantierte.

Im November 1932 wurde der Bescheid im Zuge einer Kollaudierung an den nunmehrigen Pächter des Varietés, Franz Gersik ausgestellt, wobei Gersik auf Antrag Streitmanns auch Subpächter der Konzession wurde – eine Tatsache, die bei der Internationalen Artisten-Organisation wieder auf scharfe Kritik stieß: "Ebenso soll der in den Ansuchen erwähnte Konzessionspächter Herr Franz Gersik – was es ja gar nicht gibt, nachdem eine Varieté-Konzession nicht verpachtet werden kann – laut eingeholten Erkundigungen über gar kein Geld verfügen."

Schließlich mischte sich in Streitigkeiten auch die Hausinhabung selbst ein und bat darum, die Konzession in Hinkunft nur noch an den Pächter des Etablissements, im konkreten Falle also an Gersik direkt zu vergeben, um so einer Situation wie der gegenwärtigen zu entgehen. Gersik selbst hielt wiederum fest, dass für ihn beide Möglichkeiten optimal wären, jedoch nur, wenn Streitmann, sollte er seine Konzession nicht zurücklegen wollen, auch tatsächlich alle Kosten übernehme oder „sein ohnehin nur versuchsweise vorgelegtes Konzessionsansuchen sofort zurückzuziehen“.

Im Februar 1934 gab der Wiener Anwalt Tennenbaum bekannt, dass die Realität Wilhelmstraße 64 von nun an vom Wiener Stadtbaumeister Gustav Gröger verwaltet werde. Die zu diesem Zeitpunkt laufende Konzession für den nicht mehr als Varieté geführten erneut 1.319 Plätze fassenden Saal sah nur noch "fallweise" Vorstellungen vor, die aus "musikalisch-deklamatorischen Vorträgen, Dilettantenaufführungen und dergl." bestehen sollten.

Im Oktober 1934 und im Mai 1935 legte Guido Gröger selbst den Antrag vor, aus dem Gebäude, wie bereits 1922 geplant, ein Großkino zu machen. Gegen den ablehnenden Bescheid des Magistrats legte Gröger Berufung ein, in der er argumentierte, von Beginn an mit dem von ihm errichteten Gebäude vor allem finanziell schwer belastet gewesen zu sein und es als "ungeheures Unrecht empfinde", sein hier investiertes Vermögen nun "hoffnungslos verloren" zu sehen, doch wurde auch dieser nicht stattgegeben.

Ab Mitte Oktober 1935 bemühten sich auch Cilli und Paul Löwinger um eine Wiedereröffnung des nunmehrigen "Saaltheaters" "Philadelphia Theater" für ein mehrwöchiges Gastspiel, das dem Ensemble mit Bescheid vom 19. Dezember 1935 auch genehmigt wurde.

Im November 1937 hieß der neue Konzessionswerber Maximilian "Max" Tauber. Und erneut wurde darauf hingewiesen, dass der Bau nicht für einen Theater- oder Varietébetrieb, sondern als Kino konzipiert worden war – jedoch auch für einen Kinobetrieb nicht allen Vorgaben entsprach. Dennoch erhielt Tauber die Konzession, wobei er plante, "Theatervorstellungen auf die Dauer von 2 Monaten" hier abzuhalten. Im Zuge einer Revision des Betriebs im Dezember 1937 wurde der Saal neuerlich mit 1.319 Sitzen ausgewiesen. Zeitgleich wurde eine bauliche Revision des Gebäudes unternommen, im Zuge derer das Bauunternehmen Guido und Walter Gröger am 18. Dezember 1937 festhielt: "Es wird hiemit bestätigt, dass der Bauzustand im Theaterkino Philadelphia Wien XII. Wilhelmstraße Nr. 68 [!] als ein guter zu bezeichnen ist."

NS-Jahre

Neues Schauspielhaus (Philadelphiatheater), um 1942

Mitte Februar 1938 wurde das Theater erneut geschlossen und das zu diesem Zeitpunkt laufende Varieté-Programm abgebrochen. Tauber argumentierte den Schritt, wie bereits vor ihm Streitmann, mit der Tatsache, dass ein Betrieb in der Größe wie das Philadelphiatheater nicht überleben könne, wenn man hier nur kleine Stücke und Varieté-Programme zeigen könne.

Im November 1940 legte Felix Gerhard von der Wiener Gastspiel-Direktion einen Antrag zur Wiedereröffnung vor. Doch da eine "Freigabe des Theaters während des Krieges nicht erfolgen kann", wurden die Eigentümer Guido und Walter Gröger darüber informiert, dass man keinen Augenscheinverhandlung durchführen könne. Das Konzessionsansuchen wurde somit wohl ohne weitere Schritte nicht weiter bearbeitet.

Im März 1942 erhielt Ferdinand Dörfler die Konzession zur Führung des nunmehrigen "Neuen Schauspielhaus in Wien", die bis zum 31. August 1944 ausgestellt wurde. Dörfler, der von 1. September 1934 bis 1. September 1938 das Münchner Volkstheater besessen und geführt hatte, ließ das Wiener Theater, das in den Monaten zuvor wohl als "Einlagerungsraum für Luftschutzgeräte" gedient hatte, wie aus einem Schreiben der NS-Gauleitung Wien an den damaligen Bürgermeister, PG. W. Jung, von 29. April 1942 hervorgeht, in den kommenden Monaten umfangreich umbauen, wobei es mehrere Umbauphasen gab, wie aus den erhaltenen zahlreichen Baupläne dieser Monate deutlich hervorgeht. Er gestaltete unter anderen den Balkon neu, ließ die "Abortanlage" vergrößern und verlegen, eine neue Kleiderablage sowie ein Arztzimmer errichten und sollte zudem eine weitere Abgangsstiege für den Balkon einbauen lassen, was er jedoch bis 1944 nicht tat, sodass der neue Balkonbereich noch bei der allgemeinen Theaterschließung nicht fertiggestellt war.

Im September 1944 legte die Gemeindeverwaltung des Reichsgaues Wien in einer Niederschrift die Idee der "Ostmärkischen Filmtheaterbetriebsges.m.b.H." vor, "auf die Dauer der eingeschränkten Maßnahmen auf Grund des Gauleiterrundrufes des Herr Reichsministers Dr. Goebbels betreffend Umwandlung der Sprechbühnen in Filmtheater" auch aus dem Neuen Schauspielhaus ein "Filmtheater" zu machen.

Die letzten Jahre

Im September 1945 reichte Josef Kuhe-Krastel um die Konzession für den Betrieb ein. Das Wiener Stadtmagistrat, Magistratsabteilung IV/27, wies in seinem mehrseitigen Bescheid von 28. September des Jahres darauf hin, dass das Theater "durch die Kriegseinwirkung" beschädigt worden war, wobei vor allem die Decke des gesamten Saaltheaters massiven Schaden genommen hatte und nun wieder instandgesetzt worden war. Kuhe-Krastel wies zudem auf die kurz zuvor umgebauten Sanitäranlagen hin wie auch auf die noch nicht erbaute "zweite Balkonabgangsstiege", die bis November 1945 nun errichtet werden sollte. Krastel erhielt schließlich die Konzession und führte den Betrieb in den folgenden Jahren und ließ den "nach Bombenschäden umgestalteten" Betrieb 1946 erneut umbauen. Ab diesem Zeitpunkt scheint Rudolf Marik als Geschäftsführer des Theaters auf und wurde bald darauf auch Konzessionär. Erneut wurde Mariks Konzession von 1. September 1948 bis 31. August 1949 verlängert. Der Fassungsraum des Theaters war zu diesem Zeitpunkt um knapp 300 auf 1.021 Sitze reduziert worden.

Im Zuge einer Sitzung der Theaterkommission im Neuen Schauspielhaus am 29. November 1948 ergaben die damaligen baulichen Untersuchungen eine mehrseitige Begutachtung, die erneut auf die vorhandenen Mängel des Baues hinwiesen. Dabei wurde festgehalten, dass das Theater als "1926 [!] als Großkino" erbaut worden war. Und weiter: "Die Konzession wurde aber nicht erteilt. Auch die Galerie hat nicht entsprochen. Während der Kriegszeit wurde das Haus als Theater verwendet, obwohl es nicht den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht. Der Umbau des Hauses in eine Saaltheater ist im Jahre 1942 ohne gutächtliche Äußerung der Theaterkommission erfolgt. Die Anlage entspricht nicht den Bestimmungen des §§ 66, Abs. (5)−(8), 63, Abs. (1) des Wiener Theatergesetzes. (Die Ausgänge für die Besucher und jene der Bühne und Nebenräume sind nicht voneinander getrennt, weil die Abstände von den Nachbargrenzen und von den umliegenden Bauten nicht eingehalten sind und weil die Dachkonstruktionen nur als Holz bestehen.) […]"

Ein weiteres Gutachten von Dipl.-Ing. Otto Gerhard von 6. Dezember dieses Jahres ging auf die starken "Deformationen und Bauschäden" der Dachkonstruktion ein. Im Befund hieß es gleich zu Beginn: "Das jetzige Neue Schauspielhaus war früher ein Kinotheater und wurde, wie aus den bei der M.Abt. 37 erliegenden Unterlagen ersichtlich ist, der Dachstuhl im Jahre 1923 aufgesetzt. Hauptelemente der Dachkonstruktion sind 10 Vollwandbinder, welche von der Österreichischen Stephansdach Ges.m.b.H., die derzeit nicht mehr besteht, entworfen wurden. Diese Vollwandbinder haben eine gekrümmte Form und sind wie normale Einfeldbalken mit einem festen und einem beweglichen Lager ausgestattet. Die Querschnittshöhe beträgt in Feldmitte 2,50 m und verringert sich gegen die Lager stetig. Die Stützweite wurde mit 20,00 m festgestellt. Der Binderabstand beträgt 4,22 m […]."

Die Konstruktion war in den Jahren des Bestehens stark angegriffen wurden und zeigte Einsenkungen, eine Verwerfung sowie andere Mängel, die unter anderen durch Bombenschäden mit Splitterwirkung entstanden waren, die, so der Gutachter, ein Weiterführen eines Theater- oder Kinobetriebs nicht mehr erlaubten.

Noch konnte Marik den Betrieb als Theater aufrechterhalten, da eine Reihe von provisorischen Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt wurden, um das Gebäude noch für einige Zeit zu erhalten. Eine weitere Konzessionsverlängerung mit Gültigkeit 31. August 1951 wurde jedoch schließlich per Bescheid von 30. September 1949 zurückgenommen. Als Begründung wurde genannt, dass das Theater laut einer Mitteilung von Marik am 18. April 1949 eingestellt worden war und von ihm nicht mehr eröffnet wurde.

Im Frühling 1949 wurde das Philadelphia Theater nach rund 25 Jahren für immer geschlossen.

Schauspielerinnen und Schauspieler

Im Wien Geschichte Wiki gibt es 3 Einträge von Personen, die im Philadelphiatheater engagiert waren.

BildName des BildesNameBerufBerufGeburtsdatumDatum der GeburtSterbedatumSterbedatum
Fritz GrünbaumKabarettist
Schriftsteller
Humorist
7 April 188014 Januar 1941
Cilli LöwingerSchauspielerin
Theaterdirektorin
30 Dezember 187726 Februar 1949
Paul Löwinger (senior)Schauspieler
Regisseur
Theaterleiter
10 November 190417 Dezember 1988

Quellen

Literatur