ASO Hebbelplatz 2
48° 9' 59.51" N, 16° 22' 43.32" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die Sonderschule Hebbelplatz 2 ist eine öffentliche Sonderschule im 10. Wiener Gemeindebezirk, Favoriten.
Im Gebäude am Hebbelplatz existierten gleich mehrere Schulen. An der Adresse Hebbelplatz 2 befanden sich anfangs eine Bürgerschule für Mädchen und eine Volksschule für Mädchen. Im gleichen Gebäude, allerdings unter der Anschrift Hebbelplatz 1, hingegen befanden sich ursprünglich eine Bürgerschule für Knaben sowie eine Volksschule für Knaben.
Schulgründung
Die rasch fortschreitende Verbauung des südlichen Teiles des 10. Bezirks machte die Errichtung des Schulhauses am Hebbelplatz notwendig. Das neue Schulhaus, welches bereits im Jahr 1912 größtenteils fertiggestellt wurde, konnte im September 1913 für den öffentlichen Schulzweck in Benützung genommen werden.
Die Schulen am Hebbelplatz standen unter verschiedenen Leitungen. Im ersten Schuljahr 1913/1914 wurde die Bürgerschule für Mädchen provisorisch von Stephan Semrad geleitet. Sie wurde von 137 Schülerinnen besucht, die auf nur drei Klassen (zwei Klassen der ersten Stufe und eine Klasse der zweiten Stufe) aufgeteilt waren. Unter den Schülerinnen gab es nur vier evangelische Schülerinnen nebst dem großen Rest der römisch-katholischen Schulkindern.
Die Bürgerschule für Knaben stand ebenfalls unter der provisorischen Leitung von Stephan Semrad und beherbergte eine Gesamtzahl von nur 152 Schülern, die auf drei Klassen (zwei Klassen der ersten Stufe und eine Klasse der zweiten Stufe) aufgeteilt waren. Die Konfessionsverteilung unter den Schülern war auch sehr homogen: Neben den römisch-katholischen Kindern besuchten nur zwei evangelische Schüler sowie ein griechisch-orthodoxer Schüler die Knabenbürgerschule.
Die Volksschule für Mädchen wurde von Alois Neudecker als provisorischem Leiter geführt. Die neun Klassen waren auf fünf Stufen verteilt und wurden von 380 Schülerinnen besucht. Hier besuchten eine altkatholische Schülerin sowie elf evangelische Schülerinnen die Volksschule. Auch eine evangelische Lehrerin des Augsburger Bekenntnisses unterrichtete anfangs an der Mädchenvolksschule.
Die Volksschule für Knaben schlussendlich stand hingegen unter der Leitung von Oberlehrer Viktor Keldorfer. Die fünfstufige Volksschule wurde von weitaus mehr Schülern, nämlich 379 im ersten Schuljahr 1913/1914 besucht. Hier gab es insgesamt neun Klassen. Neben den 369 römisch-katholischen Schülern gab es außerdem sieben evangelische und einen jüdischen Schüler.
Schulausstattung
Das damals frisch erbaute Schulgebäude befand sich noch auf freiem Feld stehend, sollte aber nach der Verbauung dieses Gebietes die auf dem Hebbelplatz geplante große öffentliche Gartenanlage gegen Nordosten abschließen. Neben dem Gebäude war ein großer Spielplatz angelegt, welcher von Rasenflächen und Sträuchern umsäumt war und im Winter als Eislaufplatz verwendet werden konnte.
Das Schulhaus, das eine Doppelvolks- und Bürgerschule zugleich beherbergen sollte, bestand aus drei dreistöckigen Schultrakten und einem einstöckigen Turnsaaltrakt, welche einen zweiten Spielplatz einschlossen. Das Gebäude enthielt 34 Lehrzimmer, sechs Lehrmittelzimmer, zwei Kanzleien, zwei Lehrerzimmer, zwei Turnsäle mit Kleiderablagen, zwei Schuldienerwohnungen sowie im Kellergeschoß Ausspeiseräume. Von jedem Lehrraum aus gab es einen Zugang zu einer Kleiderablage. Eine Schüler- und/oder Lehrerbibliothek gab es im ersten Schuljahr noch nicht.
Erster Weltkrieg
Die Kriegsereignisse des Ersten Weltkriegs hatten wie bei vielen anderen Schulen auch Umsiedlungen zur Folge, da das eigene Gebäude meist von anderen Schulen, Organisationen und sonstigen Einrichtungen belegt wurde. Seit Kriegsbeginn fand der Unterricht für die Knaben und Mädchen der Volksschule nicht mehr am Hebbelplatz 1-2 statt, sondern an der Doppelvolksschule in der Leibnizgasse 33, wo die Schulkinder nur noch halbtags unterrichtet werden konnten. Zumindest der Mädchentrakt (und vermutlich auch der Knabentrakt) am Hebbelplatz diente(n) nämlich als Reservespital. Im Standesausweis 1916/1917 ist angegeben, dass auch die Doppelbürgerschule in einem fremden Gebäude untergebracht war. Leider fehlen nähere Angaben, um welches Gebäude es sich hierbei handelte.
Der Lehrkörper, vor allem jener der Volksschule, reduzierte sich durch die schrittweise eingezogenen männlichen Lehrer, aber auch der Einsatz der Lehrerinnen und Lehrer in den eingerichteten Brotkommissionen wirkte sich auf den dadurch reduzierten Unterricht aus.
Februar 1934 und Ständestaat
Am 15. September 1934 wurde Josef Zwiauer als neuer Direktor der Hauptschule für Knaben und Mädchen (vorherige Bürgerschule vor dem Hauptschulgesetz 1927 in zwei Abteilungen) am Hebbelplatz 1-2 bestellt. Es ist anzunehmen, dass der Wechsel in der Schulleitung in einem Zusammenhang mit dem politischen Wandel und der Einrichtung des Ständestaates stand.
NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg
Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 übernahm der am 29. Juni 1938 bestellte, provisorische Leiter Franz Knoth die Agenden der Volksschule, die seit Anfang der 1930er Jahren eine Schule für Knaben und Mädchen war, an der allerdings beide Geschlechter noch getrennt unterrichtet wurden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt besuchten keine jüdischen Schüler mehr die Volksschule.
Gleiches galt für die Knabenmädchenhauptschule, die seit dem Schuljahr 1923/1924 auch von beiden Geschlechtern besucht wurde, jedoch in getrennten Klassen. Auch verlor die Hauptschule im Jahr 1939/1940 ihre Funktion als Religionssammelstelle für altkatholische Schulkinder, die sie seit Anfang der 1930er Jahren innegehabt hatte. Im Kriegsjahr 1943/1944 war die Hauptschule dann kurz eine Konfessionsunterrichtssammelstelle für römisch-katholische Schulkinder. Aufgrund des Platzmangels wegen der Belegung der Räumlichkeiten durch das Militär und etwaige andere Organisationen wurde der Turnsaal am Hebbelplatz von den beiden Hauptschulen Antonsplatz 11-12, der Knabenvolksschule Laimäckergasse 17 sowie der Mädchenvolksschule Schrankenberggasse 32 mitbenützt. Die beiden zuletzt genannten Schulen aus der Laimäckergasse und Schrankenberggasse waren außerdem im Kriegs- und Schuljahr 1940/1941 ganz im Schulgebäude am Hebbelplatz untergebracht.
Außerdem belegte die Kartenstelle Nummer 69 zur Vergabe von Lebensmittelkarten mehrere Lehrzimmer der Volksschule am Hebbelplatz. Ein Lehrzimmer wurde als Unterrichtsraum für den Luftschutz benützt. Im letzten Kriegsjahr war die Hauptschule dann ganz im Schulgebäude der Herzgasse 27 untergebracht, da das eigene Gebäude am Hebbelplatz 1-2 unter anderem als Notunterkunft für "Ausgebombte und Evakuierte" diente. Die Volksschule konnte noch im eigenen Gebäude am Hebbelplatz verbleiben, musste allerdings insgesamt elf Räume als Notquartier zur Verfügung stellen. Laut dem Kriegsschädenplan von 1946 hatte das Schulgebäude am Hebbelplatz 1-2 auch einige Bombentreffer abbekommen.
Zweite Hälfte 20. Jahrhundert
In der Nachkriegszeit erscheint die Volksschule am Hebbelplatz wieder mit getrennten Geschlechterabteilungen und mit zwei unterschiedlichen Leitungen. So ist die Knabenvolksschule Hebbelplatz 1-2 noch im Handbuch der Stadt Wien aus dem Jahr 1953 mit dem Leiter Karl Stephanek angegeben, während die Mädchenvolksschule unter der Leitung von Auguste Raffel stand. Im darauffolgenden Jahr wurden beide Abteilungen zusammengezogen, sodass Auguste Raffel als alleinige Leiterin der nunmehr Knabenmädchenvolksschule angegeben ist.
Auch zwei Hauptschulen werden in Jahr 1953 am Hebbelplatz 1-2 genannt, allerdings jeweils mit gemischten Klassen, aber getrennten Leitungen (Gustav Singer für die Knabenmädchenhauptschule I, Franz Müllauer für die Knabenmädchenhauptschule II). Mitte der 1960er wurde dann eine der beiden Hauptschulen eine reine Knabenschule, bevor dann 1970 nur noch eine Volksschule und eine Hauptschule existieren, die jeweils von Knaben und Mädchen besucht wurden.
Seit dem Jahr 1954 taucht die Adresse Hebbelplatz außerdem in der Rubrik der Sonderschulen auf, da ab diesem Zeitpunkt beispielsweise bereits Sprachheilkurse angeboten wurden. Ab 1977 kann außerdem eine Hauptschule als Übungsschule der Pädagogischen Akademie des Bundes am Hebbelplatz verortet werden.
Gegenwart
Heute versteht sich die Sonderschule am Hebbelplatz 2 als Inklusive Schule und als Einrichtung für Kinder mit unterschiedlichsten Bedürfnissen. Neben der Einstiegsklasse gibt es sogenannte Familienklassen für Kinder im Grundstufenalter sowie Aufbaulehrgangsklassen. Außerdem existieren Integrationsklassen. Ein Schwerpunkt wird auf Sport und Ernährungslehre gelegt. Die Schulkinder werden von rund 25 Lehrkräften betreut.
Die ZIS Hebbelplatz (Zentrum für Inklusiv- und Sonderpädagogik) ist Kooperationspartner des Kompetenzzentrums für Schülerinnen und Schüler im Autismus- Spektrum des FIDS (Fachbereich Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik). Die Schule gehört außerdem dem Wiener Netzwerk gesundheitsfördernder Schulen an.
Entsprechend dem Leitbild und Angebot der Schule gibt es bezüglich der schulischen Ausstattung neben den Klassenräumen noch Gruppenräume, einen technischen Werkraum, einen Medienraum mit Internetarbeitsplätzen, eine Bibliothek, eine Lehrküche, einen Turnsaal sowie zwei große Spielplätze, Parks und Grünflächen in unmittelbarer Umgebung.
Quellen
- Handbuch der Stadt Wien. 91. amtlich redigierter Jahrgang. 1977. Wien: Verlag für Jugend und Volk [1977]
- Handbuch der Stadt Wien. 84. amtlich redigierter Jahrgang. 1970. Wien: Verlag für Jugend und Volk [1970]
- Handbuch der Stadt Wien. 80. amtlich redigierter Jahrgang. 1966. Wien: Verlag für Jugend und Volk [1966]
- Handbuch der Stadt Wien. 69. Jahrgang. Nachtrag Dezember 1954. Wien: Verlag für Jugend und Volk [1954]
- Handbuch der Stadt Wien. 67.-68. amtlich redigierter Jahrgang. Wien: Verlag für Jugend und Volk [1952/1953]
- Georeferenzierter Kriegsschädenplan von 1946 in Wien Kulturgut
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bestand 2.2.2.2.A9/1 - Standesausweise: Öffentliche Schulen 1916-1945
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bestand 2.2.2.2.B4 - Standesausweise 1876-1915
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1913. Bericht des Bürgermeisters Dr. Richard Weiskirchner. Wien: [In Kommission bei] Gerlach & Wiedling, Buch und Kunstverlag 1914.