VS Laimäckergasse 17
48° 10' 16.50" N, 16° 23' 11.33" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die Volksschule Laimäckergasse 17 ist eine öffentliche Volksschule im 10. Wiener Gemeindebezirk, Favoriten.
Im selben Gebäude, allerdings mit einem anderen Eingang und deshalb unter der Adresse Schrankenberggasse 32 gelistet, befand sich eine zweite Volksschule für Mädchen. Die Volksschule in der Laimäckergasse 17 wurde hingegen als reine Knabenvolksschule gegründet.
Schulgründung
Für den Bau einer Doppelvolksschule genehmigte der Gemeinderat im Jahr 1901 den Ankauf eines Teiles einer dem Bürgerspitalfonds gehörigen Parzelle (Urselbrunnenacker). Der angekaufte Grund befand sich zwischen der Laimäckergasse, Feuchterslebengasse und Schrankenberggasse und hatte ein Ausmaß von 2077 Quadratmetern.
Wohl aus Zeit- oder Kostengründen bestimmte der Gemeinderat, dass zunächst nur der Trakt der Knabenvolksschule in der Laimäckergasse nebst den beiden Turnsälen auszuführen seien und dieser bis zu einer späteren Erbauung des Mädchentraktes in der Schrankenberggasse als Knaben- und Mädchenvolksschule in Verwendung zu nehmen sei. Nachdem im Februar und März 1901 die Terrainabgrabung und -regulierung ausgeführt worden waren, wurde der Bau am 6. Mai 1901 begonnen und Mitte Oktober des gleichen Jahres vollendet.
Mit Gemeinderatsbeschluss vom 2. September 1902 wurde das Projekt für den Ausbau der Doppelvolksschule genehmigt. Es wurde angeordnet, den Schulbau noch im gleichen Jahre in Angriff zu nehmen, sodass die neue Schule mit Beginn des Schuljahres 1903/1904 eröffnet werden konnte. So wurde zu dem im Jahr 1901 fertiggestellten Trakt in der Laimäckergasse der Trakt in der Schrankenberggasse hinzugebaut und für die Aufnahme der Mädchenvolksschule bestimmt, wogegen der alte Trakt dann ausschließlich für die Unterbringung der Knabenvolksschule dienen sollte. Der Bau des neuen Traktes wurde am 15. Oktober 1902 begonnen, Ende August 1903 vollendet, mit Schulbeginn 1903/1904 in Benützung genommen und am 9. Oktober 1903 feierlich eingeweiht.
Aufgrund der späteren Erbauung des Mädchentraktes waren die Knaben- und Mädchenvolksschule in den ersten beiden Schuljahren nicht nur in demselben Gebäude untergebracht, sondern standen auch unter einer gemeinsamen Leitung. So leitete der Oberlehrer Karl Blüml beide Volksschulen, an denen jeweils fünf Knaben- beziehungsweise Mädchenklassen existierten und die von 288 Knaben beziehungsweise 297 Mädchen besucht wurden. Im Schuljahr 1903/1904 wurden die Volksschulen dann räumlich wie auch organisatorisch getrennt. Die Mädchenvolksschule wurde nun vom provisorischen Leiter Johann Track geleitet. Die Zahl der Schulkinder stieg aus Gründen des nun zur Verfügung stehenden Platzes ab dato beträchtlich: Die 13 Klassen der Knabenvolksschule wurden von 740 Schülern, die zehn Klassen der Mädchenschule von 597 Schülerinnen besucht. Im Knabentrakt fand außerdem der städtische Knabenhort seine tägliche Unterbringung.
Schulausstattung
Der an erster Stelle erbaute Knabentrakt des Schulhauses trat mit der Hauptfront in der Laimäckergasse um 6,5 Meter und in der Feuchterslebengasse um drei Meter gegen die Baulinien zurück. Auf den dadurch entstandenen Vorplätzen wurden Vorgärten angelegt, die durch ein auf gemauertem Sockel umzäunendes Gitter mit Drahtgeflecht samt Toren abgeschlossen wurden.
Der dreistöckige Haupttrakt in der Laimäckergasse enthielt 13 Lehrzimmer, eine Kanzlei, ein Konferenzzimmer, vier Lehrmittelzimmer, eine Turngarderobe, eine Schuldienerwohnung und im Souterrain eine Waschküche. Der anschließende, einstöckige Trakt in der Feuchterslebengasse enthielt die beiden Turnsäle, von denen in der ersten Bauphase nur der ebenerdige eingerichtet wurde, während jener im ersten Stock bei dem Ausbau mit der Mädchenschule verbunden und eingerichtet wurde.
Vor dem neuen Trakt in der Schrankenberggasse, der erst im Jahr 1903 fertiggestellt wurde, befanden sich vor den beiden Gassenfronten Vorgärten, welche mit eisernen Drahtgeflechtgittern auf Mauersockeln eingezäunt waren. Der Mädchentrakt war dreistöckig hoch und enthielt 13 Lehrzimmer, eine Kanzlei, ein Konferenzzimmer, drei Lehrmittelzimmer, eine Schuldienerwohnung und im Souterrain eine Waschküche. Der Turnsaal für die Mädchenschule befand sich im ersten Stock des bereits im Jahre 1901 erbauten Turnsaaltraktes. Der Hof war außerdem als Sommerturnplatz hergerichtet, der auch in späteren Zeiten von beiden Volksschulen benützt werden sollte. Im ersten Schuljahr war eine Schüler- und/oder Lehrerbibliothek noch nicht eingerichtet.
Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit
Die Veränderungen des Lehrkörpers durch die Kriegssituation lassen sich leicht herauslesen: Bereits im ersten Kriegsjahr fehlten vor allem dem Lehrkörper der Knabenvolksschule viele Lehrer, die eingezogen worden waren und durch acht neue Lehrerinnen und Lehrer von außen ersetzt wurden. Da die verbliebenen Lehrkräfte ebenfalls an anderen Schulen unterrichteten, wie beispielsweise im Kriegsjahr 1917/1918 an der Doppelvolksschule Laaer-Berg-Straße 170, der Knabenbürgerschule Quellenstraße 31, der Bürgerschule am Hebbelplatz 1 oder der Knabenvolksschule Thavonatgasse 20, ist stark davon auszugehen, dass kein ganztägiger Unterricht für die Schulkinder in der Laimäckergasse/Schrankberggasse mehr stattfinden konnte.
In welchem Umfang sich die Ereignisse des Ersten Weltkrieges außerdem auf die Doppelvolksschule in der Laimäckergasse/Schrankenberggasse auswirkten (zum Beispiel in Form der Mitbenützung der eigenen Räumlichkeiten durch andere, kriegsbedingte Organisationen), ist aus den Quellen leider nicht herauszulesen. Die Doppelvolksschule scheint jedoch von Umsiedlungen verschont geblieben zu sein.
NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg
Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 tauchen die davor ohnehin schon wenigen, nicht mehr als pro Schuljahr zwei bis drei zählenden jüdischen Schulkinder nicht mehr in den Standesausweisen der Knabenvolksschule Laimäckergasse 17 auf. Die erstaunlich hohe Zahl an konfessionslosen Schülern (beispielsweise 41 Schüler im Jahr 1933/1934) sank ebenfalls plötzlich auf wenige, das heißt ein bis vier Schulkinder.
Während des Nationalsozialismus mussten die Volksschulen ihre Räumlichkeiten für nationalsozialistische Organisationen bereitstellen. So belegten beispielsweise im Schul- und Kriegsjahr 1939/1940 der NSDAP-Kreis IV und die Hitlerjugend einige Zimmer der Knabenvolksschule aus der Laimäckergasse 17. Auch in der Mädchenvolksschule Schrankenberggasse 32 benützte der Bund deutscher Mädel (genauer BDM-Untergau Wien-Südost (504)) Lehrzimmer und Turnsaal mit.
Im Schuljahr 1940/1941 waren die Knaben aus der Laimäckergasse 17 in der Knabenvolks- und -hauptschule am Hebbelplatz 1 untergebracht, da das Militär das Schulgebäude belegte. Die Mädchen aus der Schrankenberggasse 32 kamen bei den Mädchen aus der Volks- und Hauptschule Hebbelplatz 2 unter. Ab dem Schuljahr 1942/1943 bis Kriegsende war dann die Mädchenvolksschule Schrankenberggasse 32 im Knabentrakt der Laimäckergasse 17 untergebracht, wo ebenfalls eine städtische Kinderschule unter Dach kam und wohin Teile des Depots des Bezirksmuseums Favoriten ausgelagert wurden. Im ehemaligen Mädchentrakt befand sich ab diesem Zeitpunkt die Kartenstelle Nummer 75 zur Vergabe von Lebensmittelkarten sowie das Kriegsgefangenen-Arbeitskommando A 1457.
Laut dem Kriegsschädenplan von 1946 bekam das Schulgebäude der Laimäckergasse/Schrankenberggasse auch einige Bombentreffer ab.
Seit spätestens dem Schuljahr 1953 wird im Handbuch der Stadt Wien eine Knabenmädchenvolksschule Laimäckergasse 17 ohne weitere Nennung der Schrankberggasse 32 genannt. Es ist davon auszugehen, dass beide Volksschule kurz nach dem Krieg beziehungsweise in den ersten Nachkriegsjahren vereinigt wurden.
Gegenwart
Heute ist die Volksschule Laimäckergasse 17 eine offene Volksschule mit rund 500 Schulkindern, an der vormittags unterrichtet wird und je nach Bedarf eine Nachmittagsbetreuung angeboten wird. Ein muttersprachlicher Unterricht in wöchentlichen Einheiten wird in Albanisch, Arabisch, Bosnisch, Kroatisch, Serbisch, Tschetschenisch und Türkisch angeboten. Außerdem findet Englischunterricht bereits ab der ersten Schulstufe statt. Es existieren auch Integrationsklassen. Die Volksschule legt einen Schwerpunkt auf die intensive Leseförderung sowie die Musikförderung durch einen eigenen Schulchor. Außerdem werden die Pädagogik des bewegten Lernens sowie die Montessori-Pädagogik (projekt- und kompetenzorientierter Unterricht mit reformpädagogischen Einflüssen), die in zwei Klassen angewendet wird, praktiziert.
Schlussendlich können Studierende der Pädagogischen Hochschule Wien ihre praktische Ausbildung an der Volksschule Laimäckergasse 17 absolvieren.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, A9/1 - Standesausweise: Öffentliche Schulen 1916-1945
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, B4 - Standesausweise 1876-1915
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Kartographische Sammlung, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P10/2.120422
- Georeferenzierter Kriegsschädenplan von 1946 in Wien Kulturgut
- Handbuch der Stadt Wien. 67.-68. amtlich redigierter Jahrgang. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1952/1953
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1901. Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger. Wien: Martin Gerlach & Komp., Buch und Kunstverlag 1904
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1902. Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger. Wien: Gerlach & Wiedling, Buch und Kunstverlag 1904
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1903. Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger. Wien: Gerlach & Wiedling, Buch und Kunstverlag 1905